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Querelen auf dem «Grünen Hügel» sind vorerst verstummt +++ Premiere der Abba-Show von Protesten begleitet +++ Schweriner Schlossfestspiele enden mit «Turandot» +++ Konzert für Chemnitzer Petrikirche +++ Festival «Mitte Europa»
Querelen auf dem «Grünen Hügel» sind vorerst verstummtBayreuth (ddp-bay). Ungewöhnlich ruhig ist es auf dem «Grünen Hügel»: Ein Festspielauftakt ganz ohne Querelen. Streiten werden in Bayreuth nur die Sänger, und das schreibt der Spielplan vor. Denn am Donnerstag werden die Richard-Wagner-Festspiele mit dem «Tannhäuser» eröffnet. Und der berühmte Sängerwettstreit auf der Wartburg dominiert dessen zweiten Akt.
Wolfgang Wagner hat im Dezember 2001 für Ruhe gesorgt. Quasi als Weihnachtsüberraschung bestellte der 82-jährige Festspielchef einen «Geschäftsführenden Festspielleiter». Klaus Schultz wird Wagner in freier Mitarbeit als Berater unterstützen und - irgendwann ? nach dessen Ausscheiden die Geschäfte des Hauses weiterführen bis ein geeigneter Nachfolger gefunden ist. Der Stiftungsrat gab sich erleichtert, und die nicht gerade kleine Gemeinde derer, die in Bayreuth einen Wechsel herbeisehnen, wurde fürs Erste ruhig gestellt.
Ein geschickter Schachzug eines kampferprobten Strategen, zumal von Schultz weder Einwände noch Leitungsansprüche zu erwarten sind. Schultz gilt als loyal und hat sich in der Hauptsache um sein eigenes Haus, das Münchner Theater am Gärtnerplatz, zu kümmern. Auch dort erlebt man den langjährigen Dramaturgen als zurückhaltenden Intendanten, der sich am liebsten in die Bibliothek unterm Dach seines Musentempels zurückzieht. Dabei taucht er mit schöner Regelmäßigkeit in den Kandidatenlisten für neu zu besetzende Intendantenposten auf. So war er auch für die Berliner Staatsoper im Gespräch.
Eva Wagner-Pasquier, die nach langem Hin und Her im März letzten Jahres zur Nachfolgerin Wolfgang Wagners in der Festspielleitung gekürt wurde, warf schon nach wenigen Wochen endgültig hin. Was niemanden verwunderte, denn nach wie vor ist völlig unklar, wann ihr Vater wirklich abtreten wird. Selbst im Falle eines Rücktritts hätte Wagner-Pasquier über Jahre keine eigenen Projekte verwirklichen können. Programm und Besetzungen stehen bereits für die nächste Dekade fest. Sicher: Gute Sänger, Regisseure und vor allem Dirigenten sind bis auf Jahre hin ausgebucht, wie Wolfgang Wagner argumentiert. Doch wer mag schon einen Laden übernehmen, in dem man für die nächsten zehn Jahre allenfalls den Nachlassverwalter spielen darf?
Dann wäre da immer noch Wieland-Tochter Nike, die sich seit Monaten zurückhält. Was soll sie auch anderes als abwarten, nachdem ihr Onkel mit der Berufung von Klaus Schultz sämtliche Nachfolgedebatten zum Erlahmen brachte? Lust auf Wagner hat Nike allemal. In München schmiedete sie als Dramaturgin zusammen mit dem überraschend verstorbenen Regisseur Herbert Wernicke am «Ring»-Projekt des Bayerischen Nationaltheaters. Und das nimmt in pikanter Weise Bezug auf Bayreuth. «Rheingold» spielt im Festspielhaus, und auch in der «Walküre», die Regisseur Hans-Peter Lehmann nach dem Tod Wernickes kurzfristig übernahm, wälzt sich das Wälsungenpaar vor den Sitzreihen des Bayreuther Zuschauerraums.
Derweil nehmen die Dinge im echten Bayreuth ihren gewohnten Lauf. Wolfgang Wagner hat durch die Installation von Klaus Schultz erst einmal Zeit gewonnen. Töchterchen und Wunsch-Nachfolgerin Katharina darf weiter Erfahrung in der Welt des Theaters sammeln. Und Wolfgang wird mit Gattin Gudrun bis weit in die Zukunft hinein planen. Ja, selbst die Kritiker eines verstaubten Bayreuth mussten letztlich klein beigeben, als der Festspielchef für die kommenden Jahre eine Reihe interessanter Künstler verpflichtete. Darunter der dänische Filmregisseur Lars von Trier, der 2006 die Neuinszenierung des «Rings» übernehmen wird. Auch das war ein geschickter Coup des alten Prinzipals, der nun - ganz in Ruhe - weiterregieren kann.
Christa Sigg
Premiere der Abba-Show von Protesten begleitet
Bernau (ddp-bay). Als die «echten» Abbas in den 70er Jahren im deutschen Fernsehen auftraten, gingen den ZDF-Sittenwächtern die gewagten Miniröckchen von Agnetha und Anni-Frid eindeutig zu weit.
Der Auftritt bei Ilja Richters legendärer «Disco»-Show wurde nur mit züchtiger Kleidung genehmigt. Mit solchen Problemen haben die vier Abba-Doubles der australischen Cover-Band «Björn Again» heute nicht mehr zu kämpfen. Bis zum 18. August dürfen sie bei der nach Angaben des Veranstalters «weltweit ersten musikalischen Abba-Biographie» auf der Seebühne am Westufer des Chiemsees hemmungslos ihre drallen Oberschenkel zur Schau stellen. Am Donnerstagabend feierte «Thank you for the music» auf der Wasser-Bühne im Chiemsee Premiere.
Die Show ist im Grunde nichts anderes als ein rund zweistündiges Konzert der Gruppe «Björn Again». Angereichert mit einem durchs Programm führenden Moderator, ein paar Interviews mit den Bandmitgliedern sowie Auftritten von Doubles der Grand-Prix-Favoritin von 1974, Olivia Newton John, und des großen Abba-Vorbilds Jerry Lee Lewis machte Musical-Produzent Bernhard Kurz daraus eine «musikalische Biographie». Bei der Premiere führte Moderator Peter Illmann locker-flockig durch die Show. Er wird sich in den kommenden Wochen mit seinem Kollegen Uwe Hübner in der Abba-Moderation abwechseln.
Auch wenn sich die Interviews und Gastauftritte zwischen den einzelnen Abba-Ohrwürmern manchmal etwas in die Länge ziehen, werden damit sowohl für den Abba-Laien als auch für Schlager-Enthusiasten interessante und womöglich längst vergessene Details in Erinnerung gerufen. Beispielsweise, dass beim Abba-Triumph-Grand-Prix 1974 niemand anderes als die deutschen Bewerber Cindy und Bert mit dem seither nur noch selten gehörten Stück «Die Sommermelodie» den wenig ruhmreichen letzten Platz belegten. Auch Agnethas vergeblicher Versuch, im deutschen Schlager-Geschäft Fuß zu fassen und Bennys Keyboarder-Karriere bei den «Hep-Stars», der schwedischen Antwort auf die Beatles, kommen aufs Tablett.
Obwohl die Premiere des Abba-Musicals beim Publikum keine Begeisterungsstürme hervorrief, schafften es die Abba-Doubles gegen Ende der Show mit dem Hit «Dancing Queen», die mehr als 1800 Gäste von den Plätzen der ausverkauften Tribüne zu bewegen. Zum Abschlusssong «Thank you for the music» schwenkten die Zuschauer schließlich die obligatorischen Feuerzeuge im Rhythmus des Pop-Klassikers. Zahlreiche «Zugabe»-Rufe aus dem Publikum musste die Band schließlich abblocken. Die Auftritte auf der Seebühne müssen nach strenger Anweisung des Landratsamtes pünktlich beendet sein.
Vorausgegangen waren der Musical-Premiere nämlich auch in diesem Jahr wieder Proteste von Anwohnern. Diese fühlen sich seit der Fertigstellung der Seebühne im Sommer 2000 regelmäßig von den musikalischen Einlagen belästigt. Diesen Protesten begegnete das Landratsamt mit knapp 50 Auflagen: So darf eine gewisse Lautstärke nicht überschritten werden, die Vorstellungen müssen bis spätestens 22.00 Uhr beendet sein, und die Anzahl der Aufführungen wurde auf 18 reduziert. Bei Einhaltung aller Auflagen werden weitere sieben Aufführungen genehmigt.
Um auch die Premierengäste über ihren Ärger in Kenntnis zu setzen, hatten erzürnte Anwohner in stillem Protest mit Plakaten zu Vorstellungsbeginn vom See aus demonstriert: In fünf Ruder- und Tretbooten fuhren sie neben der Bühne auf und ab und hielten den Gästen ihre Protest-Transparente mit Aufschriften wie «Keine Seebühne am Chiemsee» oder «Lärm macht krank» entgegen. Nach ein paar Liedern machten die Protestler resigniert kehrt, verschwanden in der wolkenverhangenen Chiemseekulisse und ließen die vier Schweden ihre Blitzkarriere beim Schlager-Grand-Prix in Brighton ungestört beginnen.
«Thank you for the music» wird bis zum 18. August von donnerstags bis sonntags jeweils um 19.30 Uhr aufgeführt. Die Karten kosten zwischen 25 und 45 Euro.
(Weitere Infos unter www.seebuehne.de)
Schweriner Schlossfestspiele enden mit «Turandot»
Schwerin (ddp-nrd). Zum letzten Mal wird an diesem Wochenende in Schwerin gerätselt, geköpft und geliebt. Mit den Vorstellungen von Giacomo Puccinis Meisterwerk «Turandot» am Samstag und Sonntag gehen die Schlossfestspiele in der Landeshauptstadt zu Ende. Seit der Premiere am 13. Juni wurde bisher 23 Mal die märchenhafte Geschichte von der chinesischen Königstochter erzählt. Insgesamt waren in diesem Sommer 27 Open-Air-Vorstellungen auf dem Alten Garten geplant, von denen aber zwei den Wetterunbilden zum Opfer fielen. Nach Angaben des Mecklenburgischen Staatstheaters werden am Ende der Schlossfestspiele 2002 rund 65 000 Besucher das hochdramatische Geschehen um die Macht der Liebe verfolgt haben. Vorstellungsbeginn ist jeweils um 21.00 Uhr.
Inszeniert hatte das diesjährige Schweriner Opern-Spektakel mit mehr als 300 Mitwirkenden der gebürtige Hawaiianer Henry Akina. Er hatte am Mecklenburgischen Staatstheater bereits in der Spielzeit 1999/2000 mit Verdis «Otello» einen großen Regie-Erfolg. Für die opulente Ausstattung zeichnet Gabriele Sailer verantwortlich. Die musikalische Leitung der Open-Air-Aufführungen, bei denen die Mecklenburgische Staatskapelle erstmals per Tontechnik aus dem Orchesterprobenraum auf die Bühne übertragen wird, liegt in den Händen von Jörg Pitschmann sowie des Gastdirigenten Franz Paul Klassen. Die Titelrolle der Turandot teilen sich die Russin Galina Kalinina, die Bulgarin Tatiana Chivarova und die US-Amerikanerin Sarah Johannsen. Auch die Partie des Prinzen Calaf ist mit drei internationalen Solisten besetzt.
Für die Schweriner Schlossfestspiele 2003 ist auf dem Alten Garten die Verdi-Oper «Don Carlos» geplant. Die Regie wird der Schweriner Ex-Operndirektor Werner Saladin übernehmen. Er hatte bereits 1999 eine sehr erfolgreiche «Aida» auf dem Alten Garten inszeniert. Die Premiere des «Don Carlos» ist auf den 12. Juni 2003 festgesetzt.
(Internet: www.theater-schwerin.de)
Hochkarätiges Konzert für Chemnitzer Petrikirche
Chemnitz (ddp-lsc). Die Tschechische Kammerphilharmonie Prag spielt am Sonntagabend zu Gunsten der Chemnitzer St. Petrikirche. Der Auftritt in dem neogotischen Gotteshaus sei das erste Konzert im Rahmen der Veranstaltungsreihe «Grundton D» in Chemnitz, teilte der Förderverein der Petrikirche mit. Die unter Schirmherrschaft des Bundespräsidenten stehende Konzertreihe werde von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz zusammen mit dem Deutschlandfunk für besonders gefährdete Kulturdenkmale organisiert.
Auf dem Programm stehen Werke von Mozart, Haydn, Hummel und Holst. Solist ist der Trompeter Reinhold Friedrich. Die Ausstrahlung der Aufzeichnung erfolgt am 6. August (21.00 Uhr) im Deutschlandfunk.
Der Erlös des Konzertes kommt voll der Restaurierung der großen Chemnitzer Stadtkirche im historischen Ensemble des Theaterplatzes zugute. Das 1888 geweihte Gotteshaus war nach baulichem Verfall seit 1987 mehr als zehn Jahre geschlossen und wird jetzt schrittweise saniert. Die noch benötigte Bauzeit wird auf mindestens zehn Jahre geschätzt. Eine laut Förderverein besonders anspruchsvolle Aufgabe ist dabei die Wiederherstellung der Orgel. Sie gehöre zu den größten Werken des Weißenfelser Orgelbaumeisters Friedrich Ladegast. Allein dafür würden 1,5 Millionen Euro benötigt.
(www.sakralbau-petri.de)
Festival «Mitte Europa» vereint Natur und Kunst
Plauen/Waldsassen (ddp-bay). Mit einem Konzert der Virtuosi di Praga in Cheb beginnt am Sonntag das 11. deutsch-tschechische Kulturfestival «Mitte Europa». In 42 Orten des Dreiländerecks Bayern, Böhmen und Sachsen stehen bis zum 8. September mehr als 60 Veranstaltungen wie Konzerte verschiedener musikalischer Genres, Ausstellungen, Workshops und Kurse sowie Lesungen, Vorträge und Diskussionen auf dem Programm. Das diesjährige Festivalmotto «Natur und Kunst» werde Klang- und andere Bilder entstehen lassen, deren Zauber sich kaum ein Kunstfreund auf beiden Seiten der deutsch-tschechischen Grenze entziehen könne, erklärte der Intendant des Festivals, Thomas Thomaschke. Das Publikum könne auch in diesem Jahr in einer sehenswerten Landschaft gute Musik sowie alte und moderne bildende Kunst genießen, sich aber auch zu einer Orgelwanderung oder einem Pleinair für das Malen in freier Natur anschließen.
Zum Abschluss können die Musikfreunde Antonin Dvoraks «Stabat mater» mit der Prager Philharmonie und dem Pavel-Kühn-Chor im oberpfälzischen Waldsassen erleben. Dazwischen gibt es unter anderem Begegnungen mit dem Bedfordshire County Youth Orchestra, den Yorkshire Baroque Soloists aus dem Yorkshire Bach Choir aus Großbritannien, dem Ensemble Gradiva aus Paris, der Pressburger Klezmerband sowie dem international besetzten Ensemble Tourbillon und dem gleichfalls multinationalen «Neu-Eröffneten Orchestre».
Das Gros der Veranstaltungen wird jedoch von deutschen und tschechischen Künstlern bestritten. Dazu gehören das Westböhmische Symphonieorchester, das Dresdener Streichtrio und das Münchner Jugendorchester. Mit Rezitationen und Lesungen beteiligen sich Jonas Fürstenau, Helmar Stöss und Antje Vollmer und mit Jazz-Klängen zum Beispiel das «Hot & Sweet Orchestra» des legendären Prager Semafor-Theaters und die Blue Wonder Jazzband aus Dresden. Ein Jazzexperiment verbindet Musiker in Deutschland und den USA via Internet. Ein Workshop widmet sich dem Instrumentenbau, während dem Nachwuchs Kurse in Gesang und Klavier offen stehen.
Das vom Verein «Mißlareuth 1990. Mitte Europa» getragene Festival «Mitte Europa» fand erstmals 1991 als Pilotprojekt statt. Schon im Folgejahr ging es als deutsch-tschechischer Kultursommer mit Konzerten, Ausstellungen und Lesungen an den Start und gilt inzwischen als feste kulturelle Größe im ehemaligen Grenzsperrgebiet.
(www.festival-mitte-europa.com)