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26.7.: oper und konzert aktuell +++ oper und konzert

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Bayreuth: Schlingensiefs "Parsifal" - Skandal blieb aus +++ Rheinsberg: Premiere der Händel-Oper «Otto und Theophanu» im Schlosstheater +++ Berlin: Prominente Paten unterstützen Festival young.euro.classic +++ Bonn: Deutsche Streicherphilharmonie des VdM in Norwegen +++ Salzburg: Festspiele eröffnet - Szabó beschwört europäischen Geist

Bayreuth: Schlingensiefs "Parsifal" - Skandal blieb aus
Bayreuth (ddp). Der Skandal blieb aus, und Schlingensief bekam seine Hasen. Am Sonntagabend wurden die 93. Bayreuther Festspiele mit dem «Parsifal» von Richard Wagner eröffnet. Regisseur und Opernneuling Christoph Schingensief musste zwar heftige Buhs einstecken, hatte im Publikum aber auch zahlreiche Befürworter, die mit lautstarkem Applaus dagegen hielten. Doch all das war weit entfernt von den Tumulten, die Patrice Chéreaus «Ring des Nibelungen» 1976 ausgelöst hatte.
Einig war sich das Premierenpublikum jedoch bei den meisten Sängern, die demonstrativ umjubelt wurden. Stehende Ovationen erhielt Dirigent Pierre Boulez, der ausgesprochen schnelle Tempi gewählt hatte, jedoch an keiner Stelle den Eindruck von Eile vermittelte. Das Ergebnis war ein wunderbar leichter, sehr transparenter «Parsifal», dem weihevolle Schwere gänzlich abging. Doch bei Schlingensiefs nicht enden wollender Bilderflut geriet die Musik oft in den Hindergrund. Hasen in allen Variationen hatte er nun doch bei Wolfgang Wagner durchgesetzt - am Ende sogar Bilder eines verwesenden Exemplars. Dazu kamen eine überladene, mit endlosen Details ausgestattete Bühne sowie Filmein- und überblendungen, die sich durch die ganze Aufführung zogen.
Die Gralsritterschaft setzte sich aus Glaubensvertretern aller Religionen zusammen, vom buddhistischen Mönch über den evangelischen Pastoren bis zum islamischen Mullah. Blut war im Spiel, Pseudosymbolik an jeder Ecke, eine nackte Urmutter mit den Formen einer Venus von Willendorf, Behinderte - und gen Ende wurde ein Meer von Robben eingeblendet. Requisiten, Figuren und Topoi aus Schlingensiefs bekannter Regiekiste, die allem übergestülpt wurde.
In diesem «Gerümpel» hatten die Sänger ihre liebe Not, und nicht nur der Parsifal geriet ins Stolpern. Doch erstaunlich, was zu hören war: Robert Holl überzeugte in der Rolle des Gurnemanz wie lange nicht mehr, Michelle de Young gab eine stimmschöne doch (Premieren-)nervöse Kundry, Kwangchul Youn klang als Titurel wie immer souverän, Alexander Marco-Buhrmester lieh seinem Amfortas fast jugendliche Züge und Eberhard Friedrichs Chöre verwöhnten mit gewohnter Hügel-Qualität. Nur John Wegner war ein wenig dämonischer Klingsor, und Endrik Wottrich kämpfte sich mit engem Kehlkopf durch die Partie des Parsifal.

Theaterprovokateur Christoph Schlingensief hat unterdessen Geschmack an diesem Genre gefunden. Er sei guter Hoffnung, wieder eine Oper zu inszenieren, sagte er am Montag in Bayreuth. Er könne sich auch die Zusammenarbeit mit einem Opernhaus und einem Museum vorstellen. Als Komponisten schätze er György Ligeti, Krzysztof Penderecki und Karlheinz Stockhausen, verriet Schlingensief.
Zugleich lobte er das Team und die Arbeit in Bayreuth. Schlingensief kündigte an, seine «Parsifal»-Inszenierung in den nächsten Jahren überarbeiten zu wollen.
Festspielchef Wolfgang Wagner sagte, Schlingensiefs «Parsifal» setze Grenzen, an die man deutlich gestoßen sei. Das Experiment sei aber doch noch gelungen.

Rheinsberg: Premiere der Händel-Oper «Otto und Theophanu» im Schlosstheater
Rheinsberg (ddp-lbg). Im Rheinsberger Schlosstheater ist Freitagabend die Premiere der Händel-Oper «Otto und Theophanu» gefeiert worden. Regie führte Harry Kupfer. Schon nach einzelnen Arien gab es Szenenapplaus. In den Titelpartien waren der Ex-Thomaner und heutige Altus Andreas Taubert und die gebürtige St. Petersburgerin Olga Peretyatko zu erleben. Die zweite Partie eines männlichen Altus, des Otto-Konkurrenten Alberto, sang der aus Wien kommende Armin Gramer.
Das 1732 in London unter dem Titel «Ottone» uraufgeführte Werk war 1921 in Göttingen erstmals in deutscher Sprache erklungen. 1958 gab es in der Regie von Heinz Rückert eine Inszenierung bei den Halleschen Händelfestspielen, woran Harry Kupfer als Regieassistent mitarbeitete. 1961 brachte er diese Oper in einer eigenständigen Inszenierung in Stralsund heraus und griff nun auf Bitten der Kammeroper Schloss Rheinsberg erneut nach diesem Stoff in der deutschen Textfassung von Eberhard Schmidt. Er arbeitete erneut mit seinem Stamm-Bühnenbildner Hans Schavernoch zusammen. Die musikalische Leitung hatte Roger Boggasch.
Am Freitag gab es zuvor noch eine weitere gelungene Premiere der Kammeroper Schloss Rheinsberg in der St. Laurentiuskirche. Dort war in einer Koproduktion mit der Hochschule für Musik Rheinland-Pfalz das «Concert delle donne» um das tragische Leben des italienischen Renaissance-Komponisten Carlo Gesualdu di Venosa zu erleben, szenisch dargeboten auf einem Riesen-Schachbrett (Regie und Bühnenbild Claudio Eder). Unter Christian Rieger (Cembalo) zeigten sieben junge Sänger hervorragende Leistungen.

Berlin: Prominente Paten unterstützen Festival young.euro.classic
Berlin (ots) - Auch im fünften Jahr erhält das Orchesterfestival young.euro.classic in Berlin Unterstützung durch prominente Paten. Bekannte Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und TV werden die Jugendorchester aus ganz Europa begrüßen, die beim Europäischen Musik Sommer Berlin zusammenkommen. Zu ihnen gehören Sabine Christiansen, "Superminister" Wolfgang Clement, BDI-Präsident Michael Rogowski und der Berliner "Tatort"-Kommissar Boris Aljinovic, aber auch RBB-Intendantin Dagmar Reim, "Mr. Europe" Elmar Brok (CDU) und "Quatsch Comedy"-Moderator Thomas Hermanns. "Wir freuen uns", so Festivalleiterin Gabriele Minz, "dass wir auch in diesem Jahr jedem Konzert eine besondere Note geben können, indem die Paten mit persönlichen Worten das Orchester willkommen heißen."
Insgesamt 17 Konzerte mit 1500 jungen Musikern bieten vom 6. bis 22. August 2004 im Konzerthaus am historischen Gendarmenmarkt ein klingendes Abbild der kulturellen Vielfalt des Kontinents - mit unkonventionellen Programmen, großartigen Leistungen und viel Begeisterung. Mit Slowenien und der Slowakei sind zwei der neuen EU-Länder erstmals auch durch Jugendorchester bei young.euro.classic vertreten. Außerdem verschwindet mit dem National Youth Orchestra of Wales ein weiterer weißer Fleck in Westeuropa von der musikalischen Festival-Landkarte.
Doch was wäre ein Festival ohne die internationalen Jugendorchester, die schon in sich den Gedanken der Begegnung zu schönster musikalischer Blüte entwickelt haben! In diesem Sommer empfängt young.euro.classic erstmals die Summer Academy des Nederland Jeugd Orkest (NJO) mit Thomas Adès sowie die international besetzte Junge Münchner Philharmonie. In neuer Besetzung spielen das Schleswig-Holstein Musik Festival Orchester unter Lothar Zagrosek und das Young Janácek Philharmonic unter Jan Latham-Koenig. Nach längerer Pause kehrt auch das European Union Youth Orchestra endlich wieder nach Berlin zurück - als krönender Abschluss am letzten Festival-Abend, an dem diesmal auch der Europäische Komponistenpreis für die beste Uraufführung verliehen wird.
Zahlreiche Uraufführungen und sinfonische Meisterwerke des 20. Jahrhunderts runden das Festival ab, das erstmals von der Kulturstiftung des Bundes gefördert wird. In einem Campus-Projekt werden außerdem zwei Jugendorchester aus Lettland und Spanien gemeinsam in Berlin proben, um dann in gemischter Besetzung zwei Konzerte zur Halbzeit des Europäischen Musik Sommers Berlin zu bestreiten.

Bonn: Deutsche Streicherphilharmonie des VdM in Norwegen
Die Deutsche Streicherphilharmonie, das junge Spitzenensemble des Verbands deutscher Musikschulen, wird mit seinen 60 jungen Hochbegabten im Alter von 12 bis 19 Jahren nach einer Arbeitsphase im baden-württembergischen Trossingen und Konzerten in Lindenberg (Allgäu), Potsdam und Rostock von 3. bis 11. August mit vier Konzerten in Norwegen gastieren. Die Teilnahme des jüngsten Bundesauswahl-Streichorchesters an den "Olavsfestdagene", einem der größten Musikfestspiele Norwegens, wird durch das Auswärtige Amt und das Goethe-Institut gefördert. Unter der Leitung von Chefdirigent Michael Sanderling stehen Werke von Johann Christian Bach, Antonin Dvorak und Manuel Munzlinger auf dem Programm.
Quelle: VdM

Salzburg: Festspiele eröffnet - Szabó beschwört europäischen Geist
Salzburg (ddp). Im Beisein von Prominenz aus dem In- und Ausland sind die Salzburger Festspiele am Freitag mit einem Festakt in der Felsenreitschule eröffnet worden. In seinem Festvortrag beschwor der ungarische Filmregisseur István Szabó die europäischen Werte von «Toleranz, Zusammenleben und gegenseitiger Achtung». «Diesen Geist müssen wir wiederfinden, damit Europa geistige Kraft hat», sagte Szabo. Er warnte vor einem Europa der geistigen Erschlaffung, das bloß ein «modern klimatisiertes Museum, ein Ruinengarten» sei, «ein Festival, das unseren Weg von der Akropolis bis Auschwitz schildert (...).»
Szabó verwies auch auf Festspielgründer Max Reinhardt, der immer die Zukunft im Blick gehabt habe, die «Übergabe von Energie, Erlebnissen und Erfahrungen» sowie die «ständige Anwesenheit von Jugend». Deshalb benötigten die Festspiele ein «junges, großes Publikum».
Der neue österreichische Bundespräsident Heinz Fischer erinnerte daran, dass die während des Ersten Weltkrieges gegründeten Salzburger Festspiele für die «Idee Europa als Gegenkonzept zur Bankrotterklärung des Krieges» stünden. Das vereinte Europa sei eine «Errungenschaft, die uns hilft, den Musen ihren Stellenwert zu geben und so dem Friedenswerk zu dienen».
István Szabó, geboren 1938 in Budapest, wurde vor allem durch seine Verfilmung von Klaus Manns Roman «Mephisto» sowie den Film «Oberst Redl» bekannt, jeweils mit Klaus Maria Brandauer in der Hauptrolle.
Am Abend sollte auf den Straßen und Plätzen der Salzburger Altstadt ein großes Spektakel zur Festspieleröffnung stattfinden, bei dem Künstler des Festivals auftreten.
Das künstlerische Programm begann am Samstag im Großen Festspielhaus mit einem Eröffnungskonzert der Wiener Philharmoniker unter Seiji Ozawa sowie dem traditionellen Mysterienspiel «Jedermann» auf dem Domplatz. Abends hob sich dann der Vorhang zu der Opern-Eröffnungspremiere. Henry Purcells selten gespielte Oper «King »Arthur« wurde von Nikolaus Harnoncourt dirigiert. Regie führte Jürgen Flimm.
Die Festspiele vermelden ein »hervorragendes Resultat« beim Kartenverkauf. Einen Tag vor der Eröffnung seien bereits 185 000 von 217 000 angebotenen Tickets abgesetzt worden. Vor allem die Aufführungen des »Jedermann« und der Neuinszenierung des »Rosenkavaliers" von Richard Strauss seien mehrfach überbucht. Die Salzburger Festspiele dauern bis zum 31. August. Insgesamt stehen 181 Aufführungen aus den Bereichen Oper, Theater und Musik auf dem Programm des wichtigsten Musik- und Theaterfestivals der Welt.