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Frankfurt/M.: Wickert gibt Literatursendung auf +++ Potsdam: Gewinner des Filmfestivals «Sehsüchte» ausgezeichnet +++ München: Experten sehen wachsenden Einfluss islamistischer Fernsehsender +++ Hamburg: SWR-Intendant will Muslime in Rundfunkrats-Arbeit einbinden +++ Berlin: «Ponderabilien» gewinnt Hörspielpreis der Akademie der Künste +++ Düsseldorf: Filmstiftung fördert Dokumentarspielfilm über Weltreise von 1927 +++ Oberhausen: Kinder- und Jugendkino der Kurzfilmtage wird 30
Frankfurt/M.: Wickert gibt Literatursendung aufFrankfurt/Main (ddp). Ex-«Tagesthemen»-Moderator Ulrich Wickert gibt seine Büchersendung im ARD-Fernsehen auf. Er habe herausgefunden, dass die Vorbereitung einer solchen Sendung zu viel Zeit koste, sagte Wickert der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Montagausgabe). Diese Zeit fehle ihm, um selber zu schreiben. Er habe noch eine ganze Reihe von Projekten, an denen ihm liege. Die letzte Sendung von «Wickerts Bücher» wird nach seinen Angaben am 20. Mai gezeigt.
Von den Quoten sei er nicht enttäuscht gewesen, betonte Wickert. Diese seien für eine Sendung dieser Art normal gewesen. ARD-Programmdirektor Günter Struve und NDR-Intendant Jobst Plog hätten gewollt, dass er weitermache, fügte er hinzu. «Aber das hat mich doch nicht umstimmen können», sagte Wickert.
Die Sendung des langjährigen «Tagesthemen»-Moderators war Mitte August mit einem Interview mit Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass gestartet. In dem Format spricht Wickert mit Autoren über ihre aktuellen Werke. Wickert veröffentlichte selbst mehrere Sachbücher und bislang zwei Kriminalromane über einen Pariser Untersuchungsrichter.
Potsdam: Gewinner des Filmfestivals «Sehsüchte» ausgezeichnet
Potsdam (ddp-lbg). Das 36. Studentenfilmfestival «Sehsüchte» in Potsdam ist am Sonntag mit der Auszeichnung der besten Filme zu Ende gegangen. Den Spielfilm-Preis gewann nach Angaben der Veranstalter die US-amerikanische Produktion «Diorama». Der Film porträtiere eindrucksvoll ein Mädchen, das sich aus seinem unglücklichen Leben in Tagträume rette, hieß es zur Begründung. Als besten Dokumentarfilm kürte die Jury «Zirkus is nich». Der Film beschreibe auf sensible Weise das Leben des achtjährigen Dominik aus Berlin-Hellersdorf, der sich um seine kleine Schwester kümmere, weil die Mutter überfordert sei.
An die ungarische Spielfilmproduktion «A Vizsga/The Test» ging den Angaben zufolge der Preis für die Belange behinderter Menschen. Die auf wahren Ereignissen beruhende Geschichte erzähle vom unheimlichen Umgang mit alten Menschen, die sich im Alter von 65 Jahren medizinisch ihre Funktionstauglichkeit testen lassen müssten, um weiter am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Den Publikumspreis erhielt der Spielfilm «Milan». Die deutsch-serbische Koproduktion erzähle die Geschichte zweier Brüder zur Zeit des NATO-Bombardements im Kosovo.
Insgesamt wurden zehn Preise im Gesamtwert von 38 300 Euro an Talente des internationalen Kinos vergeben. Bei dem fünf Tage dauernden Festival waren 135 Filme aus 37 Ländern zu sehen. Erstmals wurden Filme aus Georgien, der Türkei sowie der Andenregion gezeigt. Der Themenschwerpunkt lag bei zehn Filmen aus Ekuador, Peru, Bolivien, Chile und Argentinien.
Das Festival gilt als das größte seiner Art in Europa. Veranstalter sind alljährlich Studenten der Hochschule für Film und Fernsehen «Konrad Wolf» in Potsdam-Babelsberg.
München: Experten sehen wachsenden Einfluss islamistischer Fernsehsender
München (ddp). Medienwächter beklagen einen zunehmenden Einfluss islamistischer Fernsehprogramme in Deutschland. Nach einem Vorabbericht des Nachrichtenmagazins «Focus», kritisieren die Kontrolleure vor allem den Sender Al-Manar aus dem Libanon, dessen Programm in Deutschland problemlos mit einer größeren Satellitenschüssel zu empfangen sei. Al-Manar habe über den saudi-arabischen Satelliten Arabsat Beiträge gezeigt, die zum Heiligen Krieg und zu Gewalt gegen Israel und die USA aufriefen.
Islamistischer und rassistischer Propaganda durch ausländische Satellitenkanäle stünden die deutschen Aufsichtsgremien allerdings machtlos gegenüber, schrieb das Blatt. Der Direktor der nordrhein-westfälischen Landesanstalt für Medien, Norbert Schneider, sagte dem Magazin: «Meist fallen Sender aus dem Nahen Osten auf, gegen die wir nichts unternehmen können.»
Hamburg: SWR-Intendant will Muslime in Rundfunkrats-Arbeit einbinden
Hamburg (ddp). Der scheidende Intendant der Südwestrundfunks (SWR), Peter Voß, plädiert nach der Gründung des bundesweiten Koordinierungsrats der Muslime für die schrittweise Beteiligung von Muslimen an der Arbeit der Rundfunkräte. Auf Dauer gehörten die deutschen, demokratisch orientierten Muslime auch in die Rundfunkräte, sagt Voß in einer am Samstag verbreiteten Meldung des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel». Noch sei es dafür zu früh, dazu brauche es eine klare öffentlich-rechtliche Anerkennung. Aber man könne über Zwischenlösungen, etwa über assoziierte Gesprächsrunden, nachdenken, wie sie sein Sender mit Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften unterhalte. Es spreche nichts gegen «den Rat von aufgeklärten, demokratischen Muslimen für unsere Programmarbeit», sagte Voss.
Der SWR hatte erst kürzlich im Internet die Seite «Islamisches Wort» gestartet, auf dem muslimische Autoren Reflexionen über den Glauben veröffentlichen. Die redaktionelle Verantwortung des Forums liegt beim SWR.
Berlin: «Ponderabilien» gewinnt Hörspielpreis der Akademie der Künste
Berlin (ddp-bln). Die SWR-Produktion «Ponderabilien – ein Hör/Spiel mit Worten und Werten» hat den diesjährigen Hörspielpreis der Berliner Akademie der Künste gewonnen. Wie der Veranstalter am Sonntag mitteilte, lobte die Publikumsjury an dem Audiowerk aus Texten von Raymond Queneau, Hölderlin und Matthias Claudius vor allem seine neue Sicht auf Bekanntes. Der Autor Stephan Krass breche «aus den tradierten Strukturen aus, macht Vertrautes anders und lässt es doch ähnlich klingen», hieß es. Der Hörspielpreis ist mit 8000 Euro dotiert.
«Ponderabilien» bedeutet Wägbarkeiten. Der Preis ging zusammen an Krass, den Komponisten Thomas Gerwin und Regisseur Ulrich Lampen für ihre gemeinsame Arbeit.
Gewinner des ebenfalls von der Akademie vergebenen und mit 1500 Euro dotierten Plopp!-Award für unabhängige Kurzhörspielproduktionen wurde «Pendel, Baby - ein Intercityintermezzo» von Claudia Kattanek. Die Autorin hat darin 17 Szenen verwoben, die in einem Intercity der Deutschen Bahn zwischen Köln und Frankfurt am Main von Abteil zu Abteil spielen. Dabei lässt sie eine Kofferbombe ticken, Passagiere werden zu Tieren.
Eine besondere Anerkennung der Jury erhielt Tetsuo Furudates «Motome - Zuka/Der Grabhügel», eine Produktion von Deutschlandradio Kultur. Die Noise-Art-Komposition des japanischen Musikers habe Publikum und Jury polarisiert, letztendlich aber in ihrer Konsequenz überzeugt, befanden die Preisrichter.
Die Woche des Hörspiels wurde am 20. April eröffnet und fand am Sonntag mit dem Kinderhörspielstag ihren Abschluss.
Düsseldorf: Filmstiftung fördert Dokumentarspielfilm über Weltreise von 1927
Düsseldorf (ddp-nrw). Mit 500 000 Euro unterstützt die Filmstiftung Nordrhein-Westfalen den Dokumentarspielfilm «Fräulein Stinnes fährt um die Welt». Die Produktion sei Teil der gemeinsamen Dokumentarfilmreihe «World Wide» mit dem WDR, teilte die Filmstiftung in Düsseldorf mit.
Thema des Films seien die Erlebnisse der jungen Clärenore Stinnes, die 1927 per Auto zu einer Weltreise aufbrach. Der 90-Minüter werde zum Teil aus Originalausschnitten eines damals entstandenen Dokumentarfilms bestehen und zum anderen Teil aus fiktionalen Spielfilmszenen. Eine Kölner Produktionsfirma werde den Film gemeinsam mit dem WDR realisieren.
Mit ihrer Reihe «World Wide» fördern der WDR und die Filmstiftung NRW seit 2004 aufwändige Dokumentarfilme, die für den internationalen Markt produziert werden. Das erste Projekt dieser Reihe war die Dokumentarserie «Windstärke 8» über Amerika-Auswanderer im 19. Jahrhundert. Der zweite Film der Reihe, die dreiteilige Reisedokumentation «Abenteuer Glück», gewann im vergangenen Jahr zwei Grimme-Preise.
Oberhausen: Kinder- und Jugendkino der Kurzfilmtage wird 30
Oberhausen (ddp-nrw). Die Internationalen Kurzfilmtage Oberhausen sind nicht nur das älteste Kurzfilmfestival der Welt und eines der größten noch dazu, sie haben auch in den 53 Jahren ihres Bestehens immer wieder Gespür für neue Entwicklungen bewiesen. Früher als die meisten anderen Festivals hierzulande hat sich das Festival zum Beispiel für Video-Arbeiten geöffnet, hat interaktive Medien, CD-ROMs und Internetprojekte vorgestellt und brisante Themen wie zum Beispiel «Konfrontation der Kulturen» aufgegriffen. Zu den großen Verdiensten der Kurzfilmtagen gehört das «Kinder- und Jugendkino», das in diesem Mai seinen 30. Geburtstag feiert.
Mit diesem Filmprogramm, das zusammenzustellen nicht immer leicht war, hat das Festival eine Filmform maßgeblich unterstützt, die sich im Mediengeschäft schwer tut, aber ein wichtiges Experimentierfeld für junge Filmemacher ist. Außerdem finden die Redakteure des Kinderfernsehens und nichtkommerzielle Filmanbieter in Oberhausen nicht selten Nachschub. Als eine wichtige Aufgabe des «Kinder- und Jugendkinos» nennt Festivaldirektor Lars Henrik Gass, dass «wir junge Menschen als unser Publikum gewinnen wollen». Auch im Hinblick darauf, dass diese als Erwachsene wieder kommen sollen.
Eine weitere Aufgabe sieht Gass darin, «kulturelle Bildung breiter zu verstehen und zu behandeln». Es sei nötig, «eine möglichst breite Vielfalt von Genres, Filmsprachen und Kulturen abzudecken und an Filme heranzuführen, die nicht den gängigen Sehgewohnheiten entsprechen.»
Im Jubiläumsjahr zeigen die Kurzfilmtage vom 3. bis 8. Mai nicht nur zehn Pakete mit Kurzfilmen, die um die Preise für den besten Kinder- und Jugendfilm wetteifern, sondern auch unter dem Titel «Dreh dich nicht um! Kinder, Kindheit, Kino» ein Sonderprogramm. Dabei handelt es sich aber nicht um eine konventionelle Jubiläumsrückschau, wie Gass erläutert. «Für uns ist das Kinder- und Jugendkino nicht etwas, das einen Kanon abliefert, den man jetzt nach 30 Jahren mit einer Retrospektive abhandeln könnte.»
Vielmehr beauftragte das Festival den Berliner Kurator Marcel Schwierin, sechs Programme aus Kurzfilmen zusammenzustellen, «die erwachsene Besucher zurück in eine nicht immer unbeschwerte Zeit führen.» Schwierin wählte aus den 22 000 Filmtitels in seiner Datenbank 31 Beiträge aus, «in denen Filmemacher abseits der üblichen Romantisierung einen Blick auf ihre Kindheit werfen.»
Neben preisgekrönten aktuellen Filmen wie dem britischen Oscarpreisträger «Wasp» (Premiere 2003; Oscar 2005) von Andrea Arnold bringt das Sonderprogramm auch ein Wiedersehen mit sehenswerten Klassikern wie dem wunderbaren sowjetischen Dokumentarfilm «10 Minuten älter». Darin beobachtete die Kamera 1978 heimlich Kinder, die erstmals ein Theaterstück sehen. Wie es dem Filmemacher Herz Frank gelang festzuhalten, wie sich auf den Gesichtern unverstellt Freude und Angst, Verzweiflung und Faszination spiegeln, das gehört zu den Höhepunkten der Kinderkinogeschichte.
In seiner Auswahl macht Schwierins deutlich, dass für ihn Kindheit zwar einerseits vom «Ideal einer unbeschwerten, verantwortungsfreien Zeit» geprägt ist, aber auch für eine «Zeit der Machtlosigkeit und des Ausgeliefertseins» steht. Ein gutes Beispiel für die zweite Variante ist die Video-Dokumentation «Außenseiter» des Wuppertaler Medienprojekts, in der drei Mädchen ihre Erfahrungen als Mobbingopfer auf Video selbst festhalten. Wenn die vier «Täterinnen» zugleich ihre Ignoranz bekunden und die Lehrerin die versteckten Hilferufe nicht wahrzunehmen scheint, dann avanciert «Außenseiter» zu einer nachdenklich stimmenden Chronik der Ratlosigkeit. Der Kurator fände es denn auch wünschenswert, «wenn dieses wunderbare Projekt zur Förderung der Medienkompetenz in anderen Städten Nachahmer findet und Schüler ermuntern könnte, selbst über ihre Anliegen zu berichten.
Reinhard Kleber