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7.9.: theater und literatur aktuell +++ theater und literatur

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Höhe des Brandschadens in Weimarer Anna Amalia Bibliothek weiter unklar +++ Startschuss für bundesweiten Leseförderwettbewerb +++ Premierenfieber an Thüringer Bühnen - Zwischen Klassikern und brandaktuellen Themen


Höhe des Brandschadens in Weimarer Anna Amalia Bibliothek weiter unklar
Erfurt/Weimar (ddp-lth). Die Höhe des Schadens nach dem Brand in der Anna Amalia Bibliothek in Weimar ist weiter unklar. Der Schaden lasse sich bisher nicht annähernd einschätzen, sagte Kunstminister Jens Goebel (CDU) am Dienstag in Erfurt. Es müsse von einem zweistelligen Millionenbetrag ausgegangen werden. Ursprünglich waren für die Sanierung des Gebäudes neun Millionen Euro veranschlagt worden. Dieser Betrag werde nach dem Brand deutlich überschritten.
Nach Angaben Goebels wurden durch das Feuer vom vergangenen Donnerstag 25 000 Bände vernichtet. Das sei etwa ein Zehntel des vor 1850 zusammengetragenen historischen Bestandes der Bibliothek. Nicht zu ersetzen sei die Musikaliensammlung Anna Amalias mit cirka 2000 Büchern und Notenhandschriften wie die eigenhändige Vertonung der Herzogin zu Goethes Singspiel «Das Jahrmarktsfest zu Plundersweilen» von 1778. Zu den Kunstwerken, die aus dem Rokokosaal nicht mehr gerettet werden konnten, zählten neben dem Deckengemälde von Johann Heinrich Meyer 33 Gemälde aus dem 16. bis 19. Jahrhundert. Verbrannt seien auch ein Porträt von Anna Amalia des Hofmalers Johann Friedrich Löber sowie ein Selbstporträt von Ferdinand Jagemann. Von den 50 000 aus dem Rokokosaal geborgenen Büchern seien 25 000 durch Wasser geschädigt und nach Leipzig gebracht worden. 15 000 feucht gewordene Bücher habe man im neuen Tiefenmagazin in Weimar zum Trocknen eingelagert. 15 000 Bände seien ohne Schäden.
Unterdessen hat Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) einen Spendenaufruf veröffentlicht. Wie Regierungssprecher Uwe Spindeldreier mitteilte, ist der Aufruf unter anderem auch von Altministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) und von Ex-Jenoptik-Chef Lothar Späth unterzeichnet worden. Laut Althaus hat Bundespräsident Horst Köhler zugesagt, die Schirmherrschaft über die Spendenaktion zu übernehmen. Schon jetzt lägen Spendenzusagen in sechsstelliger Höhe vor. Weitere Spenden für die Gesellschaft Anna Amalia-Bibliothek e.V., können eingezahlt werden unter der Kontonummer 301040400 bei der Sparkasse Mittelthüringen, BLZ 82051000. Auch die Übernahme einer Patenschaft für eine ganz bestimmte Maßnahme sei möglich.
Goebel sprach von «einer Welle der Hilfsbereitschaft». Er sei überzeugt, dass mit der gemeinsamen Hilfe des Bundes, des Landes und privater Geldgeber die beschädigten Bücher und Kunstwerke restauriert und die Bibliothek saniert werden könnten. Die vom Bund zugesagte Soforthilfe von vier Millionen Euro reicht nach den Worten Goebels vorerst aus, um die beschädigten Bücher zu sichern.
Goebel wies darauf hin, dass in Thüringen noch viele Museen und Einrichtungen nicht über die erforderlichen brandschutztechnischen Anlagen verfügen. Das gelte beispielsweise für das Schloss Tiefurt bei Weimar oder das Schloss Friedenstein in Gotha. Diese Situation sei «ein Abbild der Baulandschaft in Thüringen». Auch 15 Jahre nach der Wende sei die Sanierung noch lange nicht abgeschlossen.

Startschuss für bundesweiten Leseförderwettbewerb
Es war ein herber Schock für das «Land der Dichter und Denker»: Vor drei Jahren stellte die PISA-Studie deutschen Schülern ein miserables Zeugnis aus. Vor allem bei den Lesefähigkeiten haperte es gewaltig, wie sich zeigte. «Spätestens seit PISA wissen wir, dass die Leseförderung von Kindern eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen ist», sagt Sabine Christiansen. Die Journalistin und Unicef-Botschafterin hat die Schirmherrschaft für einen neuen Wettbewerb übernommen, mit dem die Lese- und Hörkompetenz von Schülern gefördert werden soll. Am Dienstag erfolgte in Frankfurt am Main der Auftakt für das Projekt.
Bei «Ohr liest mit» sind Kinder und Jugendliche bis zum Alter von 20 Jahren dazu aufgerufen, gemeinsam Bücher zu lesen und die Lektüre akustisch in ein Hörspiel oder ein Feature umzusetzen. Eine Jury soll aus den bis Mitte März 2005 eingereichten Beiträgen die besten auswählen. Ins Leben gerufen wurde der Wettbewerb vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels und der Frankfurter Albert-von-Metzler-Stiftung. Medienpartner ist der Hessische Rundfunk.
Das Projekt knüpft an den seit 1959 ausgetragenen Vorlesewettbewerb des Börsenvereins an, am dem jährlich rund 700 000 Schüler teilnehmen. Im Gegensatz zu diesem Einzelwettbewerb soll «Ohr liest mit» jedoch ein Gemeinschaftserlebnis werden. Die Kinder sollen, getrennt nach drei Altersgruppen, Teams bilden und zusammen ihre Fantasie spielen lassen. «Teamarbeit ist eine Erfahrung, die jedes Kind machen sollte, um eigene Talente zu entdecken, die Stärken des anderen zu erkennen und gemeinsam über sich hinauszuwachsen», sagt Sylvia von Metzler, Vorsitzende der von ihrem Ehemann Friedrich gegründeten gemeinnützigen Stiftung.
Die auf MC, CD oder im MP3-Format eingereichten Beiträge können sowohl von einer ganzen Schulklasse als auch kleinen Zweier-Teams produziert werden. Weitere Vorgaben: Die Stücke dürfen nicht länger als sieben Minuten lang sein, und die Beiträge müssen sich thematisch mit der Frage befassen: «Blick in die Zukunft - Was passiert morgen?»
Bis Mitte Oktober wollen die an dem Wettbewerb beteiligten Partner bundesweit 32 000 Schulen anschreiben und zum Mitmachen auffordern. Als Hilfestellung für die teilnehmenden Schüler gibt es eine themenbezogene Literaturliste und eine Anleitung zur Arbeit mit Hörmedien. Anfang Mai nächsten Jahres sollen die Sieger des Wettbewerbs feststehen.
http://www.ohrliestmit.de

Premierenfieber an Thüringer Bühnen - Zwischen Klassikern und brandaktuellen Themen
Gera (ddp-lth). An Thüringer Theatern grassiert das Premierenfieber. Diese spezifische «Krankheit» ist zu Beginn der Spielzeit mit unterschiedlicher Intensität an allen Bühnen zwischen Altenburg und Eisenach, Meiningen und Nordhausen ausgebrochen. Eine geballte Ladung neuer Stücke steht bereits bis Ende September auf dem Programm. Dabei geben diese ersten Neuinszenierungen einen Vorgeschmack auf die gesamte Saison. Die bewegt sich zwischen Klassikern und brandaktuellen Stücken, würdigt Friedrich Schiller anlässlich seines 200. Todestages 2005 und wird stärker denn je von Kooperationen bestimmt.
Klassisch in Schauspiel wie Musiktheater startet das Theater Altenburg-Gera unter seinem Interims-Intendanten Eberhard Kneipel kommendes Wochenende, nämlich mit Schillers «Kabale und Liebe» in Altenburg und Verdis «La Traviata» in Gera. 17 neue Produktionen im Spannungsfeld zwischen Repertoire und Neuentdeckungen mit hohem künstlerischen Anspruch hält Thüringens größte Bühne bereit. Das Motto «Vierfalt» symbolisiert dabei das breite Spektrum der Sparten.
Gleich auf «Level 13» hat sich das Deutsche Nationaltheater (DNT) Weimar mit der Uraufführung des gleichnamigen Stückes von Alexander Schmidt vergangenen Samstag an der Erfurter Bühne begeben. Am DNT selbst folgen 13 große Neuinszenierungen. Dabei darf ein Schiller in Weimar nicht fehlen. Doch die Würfel für ein spezielles Stück sind noch nicht gefallen, nachdem das geplante «Laboratorium» aus finanziellen Gründen abgesagt wurde.
Am Theater Rudolstadt indes «schillert» es gleich zu Beginn der Spielzeit kräftig mit der «Jungfrau von Orleans». Tags darauf nimmt das Ensemble dann ganz und gar nicht klassisch mit «Nach dem Regen» von Sergi Belbel absolut komisch die Geschicke eines Unternehmens Hier und Heute aufs Korn. Insgesamt wartet das Haus mit der einzigartigen Kombination der Sparten Schauspiel und Orchester dennoch mit 17 neuen Inszenierungen in allen Sparten auf.
Auf 13 neue Produktionen bringt es das Theater Meiningen, das seine Spielzeit mit Büchners Klassiker «Dantons Tod» eröffnet. Eine Woche länger müssen sich das Erfurter und das Eisenacher Publikum bis zur Premiere von Mozarts «Don Giovanni» beziehungsweise von Lehars «Land des Lächelns» gedulden. Bis das erste neue Stück in Nordhausen - dort hat nun eine neue Crew unter Intendant Lars Tietje das Sagen - auf die Bühne kommt, wird es Anfang Oktober. Noch längere Abstinenz indes ist den Jenaern verordnet. Die komplett neue künstlerische Mannschaft startet Ende Oktober unter dem Motto «Willkommen im Wilden Westen».
Kooperation wird in dieser Spielzeit an den Thüringer Bühnen größer geschrieben als noch in der zurückliegenden. Damit versuchen die Theater das Schließen von Sparten infolge fehlender Finanzen beziehungsweise zukunftsträchtiger Konzepte zu kompensieren. Bestes Beispiel sind die Häuser Rudolstadt und Nordhausen. Ersterem fehlt das Musiktheater, das sie sich aus dem Norden und durch die Zusammenarbeit mit der Weimarer Musikhochschule auf die Bühne holen. Im Gegenzug gehen von der Saale vier Produktionen in das Schauspiel-lose Nordhausen, darunter das Weihnachtsmärchen mit allein 22 Vorstellungen.
Noch sehr einseitig ist die «Kooperation» zwischen Weimar und Erfurt, präsentiert sich doch in dieser Spielzeit nur das DNT mit fünf Inszenierungen, darunter «Faust» sowie «Romeo und Julia» in der Landeshauptstadt. Gleiches gilt für Meiningen und Eisenach, wo zwar die Südthüringer auf der westlichen Bühne des Landes mit drei Stücken auftreten, der Tross jedoch nicht in die umgekehrte Richtung geht. Und dann ist da noch Thüringens größte und leistungsstärkste Ballett Company. Am Altenburg-Geraer Haus beheimatet, wird die 24-köpfige Truppe den Erfurter Spielplan um zwei Vorstellungen des neuen Strawinsky-Abends, den des Meininger Theaters um neun Aufführungen des «Sommernachtstraums» bereichern.
http://www.thueringen-macht-theater.de