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Kinderarbeit? Plattenfirmen bauen verstärkt Teenagerauf

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Mannheim (ddp). Plattenfirmen suchen nach Ansicht von Experten auch mit sehr jungen Newcomern einen Ausweg aus der Branchenkrise. Popstars im Teenageralter unter Vertrag zu nehmen sei «eine Möglichkeit, dem Segment wieder auf die Beine zu helfen», sagte der Künstlerische Direktor und Geschäftsführer der Pop-Akademie Mannheim, Udo Dahmen, der Nachrichtenagentur ddp.

Berlin (ddp). Teenager-Popstars wie Tokio Hotel, Valentine, Marlon und Amy Diamond stürmen die Charts. Dabei sind sie gerade mal zwischen 13 und 18 Jahren alt. Die gebeutelte Musikbranche will mit den jungen Newcomern nach Einschätzung von Experten auch einen Weg aus der anhaltenden Krise finden.

Die Gruppe Tokio Hotel um die 15-jährigen Zwillinge Bill und Tom gilt als Deutschlands jüngste Rockband. Ihre Single «Durch den Monsun» stürmte aus dem Nichts an die Chartspitze, ihr Debütalbum «Schrei» hielt sich dort wochenlang. Die 17-jährige Valentine bastelte bereits mit elf Jahren an eigenen Kompositionen, mit 14 hatte sie ihren ersten Plattenvertrag, drei Jahre später folgte das Debüt «Ocean Full of Tears».

Auch der 18-jährige Marlon hat bereits ein Album und eine Top-Ten-Single abgeliefert sowie mit Nena, Udo Lindenberg und Peter Maffay zusammengearbeitet. Gerade mal 13 und in ihrer Heimat schon ein Star ist die Schwedin Amy Diamond. Mit der Single «What\'s In It For Me» sang sie sich an die Spitze der Charts und heimste bereits Platin ein. Im Ausland ist der Start der Popkarriere im Teenageralter ohnehin längst Alltag - wie zum Beispiel Joss Stone, Avril Lavigne, Britney Spears, Christina Aguilera und Shakira zeigen.

Johannes Cordes, Senior Director Pop bei der Plattenfirma Universal Music, betont: «Teenagerbands bringen alles mit, wovon normale Teenager träumen.» Deshalb funktioniere dieser Trend immer wieder. Junge Musiker erzeugten «ein hohes Maß an Fankultur», vor allem bei jungen Mädchen, die ihre Stars anhimmelten und zu treuen Fans würden. «Wenn eine Teenie-Band erfolgreich wird, kann sie sehr viele Platten verkaufen», weiß Cordes. Wenn es gelinge, mit jungen Bands eine langfristige Karriere aufzubauen, könnten die Newcomer auch dazu beitragen, der Musikbranche aus der Krise zu verhelfen.

Auch der Geschäftsführer und Künstlerische Direktor der Pop-Akademie Mannheim, Udo Dahmen, sieht in dem Aufbau der Teenager-Popstars «eine Möglichkeit, dem Segment wieder auf die Beine zu helfen». Mit den derzeit angesagten sehr jungen Bands wolle die Musikindustrie gezielt junge Menschen erreichen. Publikum und Stars könnten dann «miteinander groß werden».

Der Aufbau junger Acts sei aber immer auch mit Risiken verbunden, betont Dahmen: «Man weiß nie, wie lange die Band zusammen bleibt.» Zudem ändere sich der Geschmack von 12- bis 16-jährigen Fans schnell. Der Experte fordert daher, neben der Vermarktung der Newcomer gleichzeitig deren Ausbildung im musikalischen Bereich voranzutreiben. Die jungen Leute müssten gute Kenntnisse im Komponieren und Produzieren bekommen. So könnten sie im Fall eines Karriereknicks auch «aus der zweiten Reihe» weiter arbeiten.

Tokio Hotel nehmen übrigens inzwischen zum Teil privaten Schulunterricht. Auch Valentine «pausiert» derzeit in der Schule. Und Marlon hat bereits eine erste «kreative Pause» hinter sich.

Nadine Emmerich