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Musikalienhandel «Bartels Noten» in Bremen

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Faksimile in Packpapier - Musikalienhandel «Bartels Noten» gilt als Spezialist für schwierige Fälle

Bremen (ddp). Nichts als Regale voller Packpapier. Auf den ersten Blick bietet das kleine Ladengeschäft in der Bremer Innenstadt nichts Besonderes. Schaut man aber genauer hin, dann gehen Musikern bei «Bartels Noten» Herzen und Ohren auf. Hinter dem dicken braunen Packpapier verbergen sich oftmals Notenschätze wie selten zu findende Faksimile. Löst man die unscheinbare Hülle, kommen echte Raritäten ans Tageslicht: Wagners «Parsifal» oder Mahlers "7. Sinfonie» als hübsch gebundene Partitur, teilweise versehen mit Anmerkungen.

Faksimile in kleiner Stückzahl, verschüttet geglaubte Partituren oder als vergriffen reklamierte Notensätze stapeln sich bis unter die Decke. Ob kostbar und teuer oder nur ein durchschnittlicher Klaviersatz, alle Noten werden bei Bartels in Packpapier verbannt. «Letztlich funktionieren wir wie eine Bibliothek und wenn jeder die Blätter anfassen will, dann haben wir schnell überall die Fingerspuren», erklärt Ulrich Jesse das System mit dem Schutzpapier. Seit acht Jahren führt er in dritter Generation das Notengeschäft und versucht, Lust auf Musik zu machen.

«Wir sind nicht einfach nur ein Ladengeschäft, wir haben einen kulturellen Auftrag», sagt Jesse. Studenten, Hobbymusiker, Musiklehrer und die Großen der Szene kommen gleichermaßen zu ihm. Kammermusiker Gidon Kremer und seine Kremata schwören ebenso auf Jesses Notenvorrat wie Dirigent Thomas Hengelbrock, Sänger Thomas Quasthoff oder Geiger Thomas Zehetmair.

Für den 46-Jährigen und seine acht Mitarbeiter steht die richtige Note im Vordergrund, nicht der Musiker. Doch wann immer die Großen in der Hansestadt spielen, schauen sie bei Bartels rein. Jesse freut es natürlich, umso glücklicher aber ist er, wenn er wieder einmal helfen konnte, einen Notensatz aufzuspüren. «Für uns ist das die alltägliche Herausforderung. Wir leben davon, dass die Kunden anderswo nicht weiterkommen.»

Die Chancen, fündig zu werden, sind groß. Der Fundus umfasst 200 000 Notensätze. Allein 64 Regalquadrate nehmen die Klavierauszüge ein, «vierhändig steht aber noch einmal extra». Dazwischen Orchestersätze für einzelne Stimmen und nach Komponisten sortiert, meist in mehreren Ausgaben. Für diese hat Jesse extra einen großen Tisch am Fenster angeschafft, so dass die Musiker hier die Noten nebeneinander ausbreiten können. Spezialgebiete sind traditionell die Alte Musik, Kammermusik und Kirchenmusik, doch auch «Schnappi, das Krokodil» oder die Beatles und Diana Krall sind als Notensätze vorrätig.

Das wahre Pfund, mit dem Jesse wuchern kann, ist aber keinesfalls der große Bestand. Seine Spezialität ist das Wissen. «Google kann jeder. Für uns wird es erst da richtig spannend, wo der Computer keine Auskunft mehr gibt», sagt er. Mit Hilfe alter Verlagskataloge haben Jesse und sein Team bereits mehrfach «Noten recherchiert, von denen die Verlage behauptet haben, die hat es bei uns nie gegeben». Manches Mal ist gar ein vergriffener Notendruck wieder aufgelegt worden.

Der akribische Suchergeist hält sich seit 75 Jahren bei «Bartels Noten». Nicht nur, dass Georg Bartels Gewinne in den Warenbestand hat fließen lassen, er sammelte auch Kataloge. Davon kann Jesse heute noch zehren. Die ältesten Exemplare reichen bis ins Jahr 1890 zurück. «Die haben für uns einen unermesslichen Informationswert», erklärt der Notenexperte. Mittlerweile gibt es im Haus interne Notenorganigramme, das gesamte Suchen und Finden sei etwas wie ständiges Vokabellernen.

Corinna Laubach

http://www.bartelsnoten.de