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Nida-Rümelin im Interview über die Bundeskulturstiftung

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Interview von Staatsminister Nida-Rümelin mit dem Internet-Dienst "kunstrecht.de" über die Bundeskulturstiftung, die Förderung junger Kunst, die nicht nur national orientiert sein sollte, und das künftige Procedere der Kunstförderung.

"kunstrecht.de": Herr Staatsminister, seit Ihrem Amtsantritt im Frühjahr 2001 propagieren Sie die Schaffung einer Bundeskulturstiftung mit dem Ziel, junge experimentelle und internationale Kunst zu fordern. Was ist der gegenwärtige Stand des Verfahrens?

Nida-Rümelin: Am 29. Januar 2002 wurde mir vom Ministerpräsidenten des Landes Sachsen-Anhalt Reinhard Höppner die Genehmigungsurkunde für die Kulturstiftung des Bundes überreicht. Damit konnte die Arbeit der Stiftung beginnen. Ein Aufbaustab arbeitete mit Hochdruck daran, die Arbeitsfähigkeit der Stiftung in kurzer Zeit herzustellen. Am 21. März 2002 hat die erste Sitzung des Stiftungsrats in Halle an der Saale stattgefunden. Wir haben im Stiftungsrat erste inhaltliche Schwerpunktsetzungen erörtert: zum Beispiel die kulturellen Herausforderungen, die sich aus der Migration, der Entwicklung der Städte oder dem 11. September 2001 ergeben.

"kunstrecht.de": Die Bundesländer wachen ja mit Argusaugen auf die Beachtung ihrer kulturpolitischen Kompetenzen durch den Bund. Sie sind dem entgegengekommen, indem sie das Tätigkeitsfeld der Stiftung auf Kompetenzen des Bundes beschränken. Welchen Zweck soll die Stiftung verfolgen?

Nida-Rümelin: Eine Kulturstiftung des Bundes kann selbstverständlich nur auf den Feldern aktiv werden, für die der Bund eine Förderkompetenz hat. Welche kulturpolitischen Zuständigkeiten der Bund besitzt, ist allerdings seit Jahren mit den Ländern in der Diskussion. Ich habe zugesagt, als Vorsitzender des Stiftungsrats darauf hinzuwirken, dass solange die derzeitig laufenden Bund-Länder-Gespräche über eine Entflechtung bzw. Systematisierung der Förderkompetenzen andauern, die Kulturstiftung nur in solchen Bereichen tätig wird, die auch von den Ländern als zu den kulturpolitischen Aufgaben des Bundes gehörend anerkannt sind. In der Stiftungssatzung wurde festgelegt, dass ein Schwerpunkt der Stiftungsarbeit die Förderung innovativer Programme und Projekte im internationalen Kontext sein wird. Im Einzelnen wird aber die Festlegung der konkreten Betätigungsfelder durch die Stiftungsgremien nach der gerade erfolgten Konstituierung geschehen. Der Stiftungszweck - Förderung von Kunst und Kultur im Bereich der Zuständigkeit des Bundes - wurde bewusst offen formuliert, um seitens der Stiftung flexibel auf die künstlerischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts reagieren zu können.

"kunstrecht.de": Als Ausgangsidee nannten Sie einmal die Förderung innovativer, junger, schwieriger Kunst von höchster Qualität. Was ist "innovative Kunst" und wo bereitet sie Schwierigkeiten ?

Nida-Rümelin: Was ich mit dem Begriff "Innovation" in der Kunst verbinde, lässt sich anschaulich machen durch einen Rekurs auf die Wissenschaft. Thomas Kuhn hat einen Gegensatz aufgestellt von "normaler Wissenschaft", die die herrschenden wissenschaftlichen Paradigmen weiterentwickelt, deren Anwendungsbereich ausweitet und sie als Interpretationsmuster nutzt. Daneben steht die "außerordentliche Wissenschaft", die vor allem für die Innovation in der Forschung wichtig ist, da in ihr neue Paradigmen entwickelt werden, die dann für die wissenschaftliche Entwicklung Beträchtliches leisten. Sprünge dieser Art sind zum Beispiel in der Physik zu beachten, aber eben auch in der Kunst: Die Bildende Kunst verändert sich gegen Ende des 19. Jahrhunderts, gibt etablierte Paradigmen auf und entwickelt neue. Im Unterschied zur Entwicklung der Physik häufen sich jedoch in der Kunst seit der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert die Paradigmenwechsel, sie werden geradezu zur Essenz künstlerischer Kreativität, künstlerischer Innovation. Der Wechsel von einem Paradigma in das nächste wird eigentlicher Ausweis der Verhältnis von Kunst und Lebenswelt.

"kunstrecht.de": Zielt bei der jungen Kunst das Adjektiv "jung" vorwiegend auf das Alter der Künstler ?

Nida-Rümelin: Der Begriff "junge Kunst" wird ja üblicherweise in doppelter Bedeutung verwandt: Einmal werden damit Arbeiten junger Künstlerinnen und Künstler belegt, gelegentlich wird als "junge Kunst" auch besonders experimentelle und innovative Kunst bezeichnet, die noch nicht in der Öffentlichkeit bekannt bzw. als "Kunst" akzeptiert ist und auch von Sammlern und dem Markt erst zögerlich aufgenommen wird. Wenn man sich nochmals den eben ausgeführten Innovationsbegriff vergegenwärtigt, können Sie sich denken, dass ich weniger am Alter der Künstler interessiert bin als an der Frage, ob sich eine Kunstform oder eine künstlerische Praxis neu entwickelt und hierbei der Unterstützung bedarf.

"kunstrecht.de": Wann ist Kunst "international" ?

Nida-Rümelin: Kunst ist "international", wenn Künstler über Staats- oder kulturelle Grenzen hinweg zusammenarbeiten. Ergebnis eines solch übergreifenden künstlerischen Austausches ist meist besonders fruchtbar - es lässt neue Perspektiven für das Thema, dem sich das Kunstprojekt widmet, und bzw. oder die künstlerischen Ausdrucksformen und -mittel entstehen und öffnet neue Zugangsmöglichkeiten zu den beteiligten kulturellen Hintergründen.

"kunstrecht.de": Auf die Liste der zu fördernden Kunst haben Sie auch den Bereich "Islam und Christentum" gesetzt. Haben Sie sich hierzu infolge des 11. September 2001 entschlossen?

Nida-Rümelin: Die Probleme und Verständigungsschwierigkeiten der großen Kulturkreise "Islam" und "Christentum" waren ja schon vor dem 11. September erkennbar und wurden im übrigen auch schon breit diskutiert. Die Attentate vom 11. September sind nicht Ausdruck eines Kulturkonflikts, sondern die Terroristen missbrauchen den Islam, um die Menschen im Nahen Osten für ihre Motive zu instrumentalisieren. Gerade um dem mit geistigen Mitteln entgegenzuwirken, ist es besonders wichtig, den kulturellen Austausch zwischen Islam und Christentum zu unterstützen. Gegenseitige Kenntnis und Kommunikation fördern Verständnis und unterbinden simple Feindbilder.

"kunstrecht.de": Wollen Sie die Förderung unbekannter Künstler anstoßen, oder wird man sich auf bereits etablierte Künstler konzentrieren ?

Nida-Rümelin: Die Kulturstiftung des Bundes wird weder auf die eine noch auf die andere Gruppe fixiert sein. Die Förderung durch die Stiftung ist grundsätzlich als Projektförderung geplant, nicht als institutionelle Förderung. Im Rahmen der Projektförderung ist es wahrscheinlich, dass auch unbekanntere Künstler mit interessanten Projekten erfolgreich sind. Dies hängt ausschließlich von der Qualität der Projekte ab.

"kunstrecht.de": Wie muss man sich die Fördertätigkeit der Stiftung vorstellen ? Werden Künstler durch die Stiftung ausgewählt und von ihr direkt unterstützt ?

Nida-Rümelin: Es wird zwei unterschiedliche Verfahrensweisen geben. Zum einen wird die Stiftung Programme erarbeiten, deren Umsetzung dann ausgeschrieben wird, zum anderen werden externe Vorschläge für einzelne Projekte aufgegriffen werden, was in Richtung der üblichen Förderung auf Antrag geht. Die Stiftung arbeitet also sowohl initiativ (operativ) als auch reaktiv.

"kunstrecht.de": Die Stiftung ist nun durch den Bund alleine errichtet worden. Damit ist ein Zusammenfassen von neuer Bundeskulturstiftung und der bestehenden Kulturstiftung der Länder vom Tisch. Was halten Sie langfristig für die institutionell beste Lösung ?

Nida-Rümelin: Nein, das ist keineswegs vom Tisch, wie die letzte Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder belegt. Die historische Wahrheit ist, dass ich ursprünglich - wie auch mein Vorgänger - eine separate Kulturstiftung des Bundes beabsichtigt habe. Die Kultusminister der Länder haben mich jedoch rasch überzeugt, dass eine gemeinsam von Bund und Ländern getragene Stiftung Vorteile hätte. Ich füge allerdings hinzu: das gilt nur dann, wenn die künstlerische Qualität und die kulturelle Bedeutung allein ausschlaggebend bleibt und wir nicht auf Länderquoten und langwierige Abstimmungsprozesse verfallen. Die Kulturstiftung des Bundes wurde jetzt von mir so konzipiert, dass sie jederzeit mit der Kulturstiftung der Länder fusionieren kann.

"kunstrecht.de": Als Sitz der Stiftung wurde die Stadt Halle ausgewählt. Was waren für diese Wahl die ausschlaggebenden Gründe ?

Nida-Rümelin: Durch den Sitz der Bundesstiftung nicht in der Bundeshauptstadt, sondern in Halle an der Saale wird ein Zeichen im Sinne eines kooperativen Kulturföderalismus gesetzt und die besondere gesamtstaatliche Verantwortung gegenüber den neuen Bundesländern bekräftigt. Außerdem gibt es mit den Franckeschen Stiftungen einen ausgezeichneten Kooperationspartner.

"kunstrecht.de": Welche Persönlichkeiten sollen der Stiftung vorstehen, und wer konkret entscheidet über die Vergabe von Fördermitteln ?

Nida-Rümelin: Wie bei einer Stiftung üblich, ist die laufende Arbeit Sache des Vorstands, der aus einer künstlerischen Direktorin und einem Verwaltungsdirektor besteht. Dieser erhält die generellen Leitlinien durch einen vierzehnköpfigen Stiftungsrat, dem ich vorstehe. Außerdem besteht der Stiftungsrat aus einem Vertreter des Auswärtigen Amtes und des Bundesministeriums der Finanzen, drei vom Deutschen Bundestag entsandten Vertretern, zwei Vertretern der Länder, zwei Vertretern der Kommunen, dem Vorsitzenden des Stiftungsrates der "Kulturstiftung der Länder" und drei Persönlichkeiten aus dem Bereich vonKunst und Kultur. Bei allen Projekten wird der Vorstand durch den Stiftungsbeirat und Fachbeiräte unterstützt. Die künstlerische Direktorin verantwortet insbesondere den initiativen Bereich. Projektanträge werden von Juries beraten.

"kunstrecht.de": Lässt sich der Öffentlichkeit vermitteln, wenn junge Künstler mit Steuermitteln gefördert werden, die sich dann aber am Markt nicht durchsetzen können ?

Nida-Rümelin: Ja, selbstverständlich. Der Markt ist nicht das Kriterium von Qualität, sonst gäbe es in Deutschland zum Beispiel nur noch Boulevard-Theater. Kunstförderung verlangt einen langen Atem. Oft dauert es Jahrzehnte, bis die Bedeutung einer Künstlerin oder eines Künstlers erkannt wird.

"kunstrecht.de": Innovative Kunst wird nicht selten provokativ sein - und soll es ihrer Zielsetzung nach ja auch sein. Für jeden Politiker ist es aber ein Schreckensszenario, mit solchen aufwiegelnden und (negativ) polarisierenden Umständen in Verbindung gebracht zu werden. Muss sich die innovative Idee der Stiftung nicht spätestens an den Grenzen der Mediendemokratie und deren Politiker-Typus abnutzen und im Gefälligen enden ?

Nida-Rümelin: Dass Kultur - vielleicht auch gerade im Zeitalter der Massenmedien - kritisch und oft wenig gefällig ist und sein muss, ist ja gerade Ausgangspunkt einer zukunftweisenden Kulturförderung. Für die künstlerische Unabhängigkeit sehe ich schon aufgrund der vielen unabhängigen Experten, die die Stiftung unterstützen, keine Gefahr.

"kunstrecht.de": Das Wesen einer Stiftung liegt in deren Kapitalausstattung. Mit Erlösen aus diesem Kapital werden die Ziele der Stiftung finanziert. Nach dem derzeitigen Stand aber würde die Stiftung jährliche Zuwendungen erhalten, 2002 in Höhe von 12,8 Millionen Euro, 25,6 Mio. Euro 2003 und 38,3 Mio. Euro 2004. Damit könnte aber kaum ein Kapitalstock aufgebaut werden. Ist damit der Name "Stiftung" nicht ein nobles Gewand für ein eher dürres Gestell ?

Nida-Rümelin: Idealiter hat eine Stiftung in der Tat einen Kapitalstock, aus deren Erträgen sich der Stiftungszweck finanzieren lässt. Dies ist aber nicht zwingend. Auch die Kulturstiftung der Länder lebt von jährlichen Zuwendungen. Erforderlich ist, dass die nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint. Dies kann auch durch einen festen Rechtsanspruch oder eine verbindliche jährliche Dotationszusage geschehen. Eine solche verbindliche Zusage haben wir für die Kulturstiftung vom Deutschen Bundestag erhalten, soweit es die mittelfristige Finanzplanung zulässt. Die Stiftung erhält ab 2004 jedes Jahr eine Zuwendung, die dem Ertrag eines Stiftungskapitals von 750 Millionen Euro entspricht. In den Zeiten knapper öffentlicher Kassen, denken Sie bitte allein an die Einhaltung der Maastricht-Kriterien, wäre die Beschaffung eines Kapitalstocks von 750 Mio. Euro nicht darstellbar. Die Finanzausstattung von jährlich fast 40 Mio. Euro ab dem Jahr 2004 ist ein fantastisches Ergebnis, an das vor Jahresfrist kaum einer geglaubt hat. Damit ist die Kulturstiftung des Bundes die größte Kulturstiftung in Deutschland.

"kunstrecht.de": Jährliche Zuwendungen bedeuten auch eine Abhängigkeit von den Haushaltsbeschlüssen im Kabinett und durch den Bundestag. Das klingt nicht gerade nach der Autonomie der Stiftung von seinem Gründer, die das Stiftungsrecht eigentlich vorsieht.

Nida-Rümelin: Das Kabinett hat am 23. Januar 2002 nicht nur die Errichtung der Kulturstiftung beschlossen, sondern auch, dass die Bundesregierung die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks durch jährliche Zuschüsse nach Maßgabe des jeweiligen Haushaltsgesetzes zusichert. Damit ist die Zukunft der Kulturstiftung beständig durch den Bund gesichert. Darauf werde ich mich aber nicht ausruhen. Mein Ziel ist es, Bürger und Wirtschaft zu motivieren, die Stiftung durch Zustiftungen und Spenden zu unterstützen. Vielleicht ist es auch möglich, nach einer weiteren Privatisierung von Bundesbesitz den erzielten Erlös in die Bundesstiftung einzubringen und so langfristig eine noch größere Unabhängigkeit von Haushaltsbeschlüssen zu erreichen.

"kunstrecht.de": Juristen und Kulturpolitiker von Bund und Ländern streiten immer wieder über die Frage der kulturpolitischen Kompetenz des Bundes. Hat der Bund qua Verfassungsrecht eine Kompetenz zur Förderung junger Kunst, oder hat er sie nicht ?

Nida-Rümelin: "Jung" und "innovativ" sind nicht die Kriterien, die bei der Abgrenzung der Kompetenzen von Bund und Ländern in der Kultur eine Rolle spielen. Der Bund fördert, auch auf Wunsch der Länder, zahlreich innovative Kulturprojekte und zeitgenössische Kunst, zum Beispiel die documenta. Unbestritten ist die Kompetenz des Bundes zum Beispiel bei Förderungen im Rahmen des internationalen Kulturaustausches, aber auch in der Hauptstadt Berlin und den neuen Ländern. Die Kompetenzabgrenzung ist aber Thema der erwähnten Entflechtungsgespräche von Bund und Ländern, und ich bin zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, die strittigen Fragen zu klären.

"kunstrecht.de": Die Länder sehen dies möglicherweise etwas strenger. Was ist Ihre Marschroute für die kommenden Verhandlungen mit den Ländern über eine - finanzielle ? - Beteiligung an der neuen Stiftung ?

Nida-Rümelin: Ich sehe allen weiteren Gesprächen hierzu gelassen entgegen. Ich glaube, es wäre für alle Seiten ein großer Gewinn, wenn es eine Fusion der Kulturstiftung der Länder mit der des Bundes geben würde, bei der es keinen Streit über Kompetenzen gibt. Gerade dies ist ja ein Punkt, der überall, insbesondere natürlich in der Kulturszene selbst, auf großes Unverständnis stößt. "KSL" und "KSB" unter einem Dach - dies wäre auch Ausdruck der von Bund und Ländern gemeinsam empfundenen und praktizierten Verantwortung für die Kultur in unserem Lande. Wenn sich einzelne Länder auch finanziell zusätzlich engagierten, würde das Fundament dieser Stiftung weiter ausgebaut.

"kunstrecht.de": Zunächst hängt die Errichtung und Ausgestaltung der Stiftung nicht auch noch von dem Willen 16 selbstbewusster Landesregenten ab. Wünschen Sie sich eigentlich eine Beteiligung der Länder an der Stiftung ?

Nida-Rümelin: Wichtig ist, dass die Kulturstiftung die konkrete Arbeit an Programmen und an Projektförderung aufnimmt. Im Stiftungsrat, der sich am 21. März 2002 konstituiert hat, sind erfreulicherweise die Länder und auch die Kommunen vertreten. Schon jetzt werden Bund und Länder also in der Stiftung selbst zusammenarbeiten. Und die Fusion der beiden Stiftungen bleibt, wie eben gesagt, eine wichtige Perspektive.

"kunstrecht.de": An Ihrem Vorschlag einer Bundeskulturstiftung wie auch an den Äußerungen Ihres Vorgängers Naumann hat sich eine Diskussion über den Kulturföderalismus in der Bundesrepublik insgesamt entbrannt. Was ist Ihre Position in diesem Disput ?

Nida-Rümelin: Aus welchen Gründen auch immer die Diskussion geführt wird - ich halte die Sache als solche für sinnvoll, nämlich gemeinsam zu klären, wo die Zuständigkeiten des Bundes und die der Länder liegen. Natürlich liegt die Kompetenz für die Kultur vorrangig bei den Ländern und Kommunen - das wird schon daraus ersichtlich, wer das Gros der Kulturförderung finanziert: Länder und Gemeinden. Allerdings ist es auch offenkundig, dass es viele national bedeutsame Einrichtungen und Projekte gibt, für die eine übergreifende Zuständigkeit, also eine Bundeszuständigkeit, besteht. Geht es hingegen um die konkreten Förderungen im eigenen Land, dann wird der Rückzug des Bundes kritisiert oder es werden sogar neue Förderungen angestrebt. Interessanterweise stellen die Länder in finanzgewichtigen Bereichen wie in Wissenschaft oder Sport kaum die Bundesförderung in Frage, obwohl dort die Situation kompetenzrechtlich vergleichbar ist. Denken Sie beispielsweise an die Bundesfinanzierung der Bundesleistungszentren, obwohl Sport grundsätzlich Ländersache ist.

"kunstrecht.de": Private Stifter, Spender und Sammler wenden jährlich Milliardenbeträge für Kunst auf, mit individuellem Gespür und individuellen Neigungen. Geballte Kompetenz ist ebenso bei den öffentlichen Museen und Galerien versammelt, deren Etats jedoch kaum noch einmal steigen. Sollte man die Entdeckung neuer Talente nicht diesen Privaten und den öffentlichen Einrichtungen überlassen ?

Nida-Rümelin: Ich verstehe Ihre Frage nicht. Darum geht es ja: wie kann das private und das öffentliche Engagement für die kulturelle Entwicklung verstärkt werden? Nationale Kulturstiftungen spielen dabei international eine wichtige Rolle. Warum sollte gerade Deutschland darauf verzichten?

"kunstrecht.de": Wann wird der erste Künstler von der Bundeskulturstiftung profitieren ?

Nida-Rümelin: Im Sommer dieses Jahres.

Quelle: http://www.bundesregierung.de