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+++ Ludwig-Transfer: Gärtnerplatztheater eingestürzt +++ Dialekt-Quote beim BR +++ Grundgesetz wird vertont +++ Gerd Gebhardts Fehlschuß +++ Franz Hummel komponiert „Hartz V“ +++ ARD: Sendernamen werden eingedeutscht +++ Monika Griefahns Provinz-Kultur-Attacke +++ Luigi Nono contra „De Randfichtn“ +++ Musiktherapie wird gebührenpflichtig +++ Hartung, Frantz und die Ostimporte +++ PISA-Konsequenz: Bildung privatisiert +++ Musikhochschule Weimar exportiert +++ Rietschel gründet Waldorf-Musikhochschule +++
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München: Beim Versuch, das bekannteste Werk des berühmtesten bayerischen Musical-Komponisten Franz Hummel, „Ludwig II.“, aus dem vorübergehend insolventen Füssener Theater in die Landeshauptstadt zu transferieren, ist das Deutsche Theater eingestürzt. Bühnenhaus und Zuschauerraum verwandelten sich in eine Schlammlawine, als der den Starnberger See markierende Plastik-Pool mit Wasser gefüllt wurde. Dazu der scheidende Intendant des Deutschen Theaters Heiko Plapperer-Lüthgart: „Ein ganz fieser Trick des Münchner Stadtbauamtes, das sich auf diesem Weg die Sanierung unseres Hauses erspart hat“. Wie aus dem Presseamt der Landeshauptstadt verlautete, will sich München aufgrund der an der Unglücksstelle gefundenen Mineralien und Spurenelemente jetzt in „Schlammbad München“ umbenennen lassen.
Dialekt-Quote beim BR
München: Der bayerische Landtag verordnet seinen Rundfunkanstalten ab sofort eine Sprachquote. Danach müssen mindestens 40 Prozent der Wortanteile auf oberbayerisch, weitere 40 in schwäbischem Dialekt gesprochen werden, die Steinpfalz erhält 20 Prozent, Franken geht aus ästhetischen Gründen leer aus. Als Sprecher sind ausschließlich gebürtige Bayern zugelassen. Als solche gelten nur Mitglieder der bayerischen Staatsregierung, des Aufsichtsrates der Bayerischen Landesbank und nachweislich in Glaszylindern bayerischer Manufakturen gezeugte Embryonen.
Grundgesetz wird vertont
München: Der bayerische Kunstminister Thomas Goppel hat einen Kompositionswettbewerb ausgeschrieben. Vorgabe war, das Grundgesetz auf möglichst populäre Weise zu vertonen. Alle renommierten Komponisten lieferten angesichts einer Preissumme von 12 Millionen Euro Vorschläge ab, fanden aber nicht die Zustimmung der Jury, bestehend aus Thomas Goppel und GEMA-Chef Reinhold Kreile. Den Preis erhielt schließlich der Norddeutsche Mike Krüger mit einer kaum abgewandelten Version seines Liedes: „Sie müssen erst den Nippel durch die Lasche ziehen.“
Gerd Gebhardts Fehlschuß
Berlin: Die diesjährige Popkomm endete artgerecht mit einem Fußballspiel. Im Finale traf der Verband der phonographischen Wirtschaft auf die Spielvereinigung deutscher CD-Schwarzbrenner. Bei der trotz härtester Fouls überaus langweiligen Partie stand es auch nach 72 Minuten noch 0:0. Erst als die herbeigerufenen Staatsanwälte die Schwarzbrenner im Rahmen einer unauffälligen Verhaftungswelle vom Spielfeld entfernen ließen, wendete sich das Blatt. Dennoch gelang dem Verband der phonographischen Wirtschaft kein Treffer. Zwar ergriff Verbandschef Gerd Gebhardt in letzter Minute die Initiative und schoß über das leere Tor, allerdings war selbst dies das falsche.
Franz Hummel komponiert „Hartz V“
Oberviechtach: Bayerns prominentester Operettenkomponist, Franz Hummel, sitzt an einem neuen Werk mit dem unscheinbaren Titel „Hartz 5“. Dabei handelt es sich um eine Geschichte voll alltagstauglichem Klamauk und wildesten Liebesverwirrungen. Der Hannoveraner König Gerhard liebt Prinzessin Angela von Petersilien. Doch der stotternde Großinquisitor Wilderwesten aus Blau-Gelbland tritt zwischen das Paar und verhindert zunächst das Glück. Das Finale findet dann auf dem Brocken zur Walpurgisnacht statt. Engelsgleich schwebt General Franz-Josef aus dem Himmel und verehelicht König Gerhard und Prinzessin Angela, den Trauzeugen gibt Konrad Adenauer. Ein zufällig anwesendes Volk schmettert, während es in den Schluchten des Hartzes versinkt, das Schalke04-Lied „Steht nicht auf, wenn ihr absteigen wollt“.
Quote: Sendernamen werden eingedeutscht
Berlin. Der Streit um die Deutschquote im Rundfunk geht in die nächste Runde. Nachdem weiterhin unklar ist, zu welchen Prozentsätzen deutschsprachige Musik von Radio und Fernsehen ausgestrahlt werden muss, hat die kulturpolitische Sprecherin der Grünen, Antje Vollmer, als Sofortmaßnahme die Eindeutschung aller Sendernamen angekündigt. So soll beispielsweise die Welle „Eins Live“ des Westdeutschen Rundfunks in „Das Erste lebt noch“ umgetauft werden, „MDR Jump“ soll künftig „MDR Hüpf“ heißen, „NDR Kultur“ wird in „NDR Ackerbau und Viehzucht“ umbenannt. Damit werde ein “Optimum an programmaffiner Identifikation erreicht“, so Vollmer in BR-Alpha.
Griefahns Provinz-Kultur-Attacke
Wennerstorf. Mit der CD «Welt-Klasse-Klänge» will die Vorsitzende des Kulturausschusses des Bundestags, Monika Griefahn (SPD), beweisen, dass auch in der Provinz Kunst auf hohem Niveau entstehen kann. Heute Nachmittag präsentierte Griefahn auf einem Ökologiehof in Wennerstorf im niedersächsischen Kreis Harburg das Album, an dem unter anderem Truck Stop, Dieter Bohlen, Udo Lindenberg und die Berliner Krabbenpuhler mitgewirkt haben - in Abwesenheit aller Medien. Wegen der zu erwartenden akustischen Umweltverschmutzung hatte Wennersdorfs schwarzgrüner Bürgermeister Thomas Anders den Kreis Harburg komplett evakuieren lassen. Für taktlos berichtete die Henne Berta.
Luigi Nono contra „De Randfichtn“
Donaueschingen. Aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen wurde bekannt, dass Helmut Lachenmann und Heinz Holliger gemeinsam an einem Variationswerk über das Lied „Lebt denn der alte Holzmichel noch“ arbeiten. Die Komposition dieses Schlagers fand sich nun im Nachlaß des italienischen Komponisten Luigi Nono unter dem Titel „Lebt denn der alte Stockhausen noch“. Ein Rechtsstreit um die Urheberschaft mit dem Volkselektronik-Ensemble „De Randfichten“ scheint zugunsten Nonos entschieden.
Musiktherapie wird gebührenpflichtig
Berlin. Im Zuge der Gesundheitsreform will Ministerin Ulla Schmidt jede Form von Musiktherapie apotheken-, verschreibungs- und tantiemen-pflichtig machen. Es gehe nicht an, dass innerhalb der medizinischen Wertschöpfungs-Kette unkontrollierte Versorgungsmaßnahmen Platz griffen, deren fiskalisch genaue Abrechnung durch die begrenzte Kapazität der Kassen-Chipkarte nicht gewährleistet sei. Daraufhin kündigten die Entwicklungsabteilungen von Sony-BMG und Infineon-Medical-Care einen card-kompatiblen Terabyte-Chip an.
Hartung, Frantz und die Ostimporte
Luxemburg – Palma de Mallorca: Die Dirigenten Volker Hartung und Justus Frantz haben soeben die Gründung der gemeinnützigen „Red-Light-Music-GmbH“ bekannt gegeben. Sie wollen in Kommunen mit bislang teuren eigenen Orchestern feste Häuser für arbeitslose Musiker vorwiegend aus Osteuropa installieren. Im Rahmen sogenannter Ein-Euro-Jobs sollen diese dann die Konzerthäuser und Opernbühnen bespielen und so einen wichtigen Beitrag zur Sanierung der kommunalen Finanzen leisten. „Das Ganze hat noch einen sehr positiven Nebeneffekt“, meinte Justus Frantz im Rahmen der Fundraising-Pressekonferenz: Die wachsende Schar arbeitsloser deutscher Musiker hätte so in den Fußgängerzonen unserer Städte bei ihrem Broterwerb kaum noch Konkurrenz.
PISA-Konsequenz: Bildung privatisiert
Stuttgart: Anlässlich der niederschmetternden Ergebnisse der PISA II-Studie für das deutsche Bildungssystem verkündete die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz Doris Ahnen einschneidende Massnahmen. Die Schulpflicht wird von bislang neun auf zwei Jahre herabgesetzt, um Kindern und Jugendlichen genügend Freiraum für den Erwerb lebenspraktischer Fähigkeiten und Fertigkeiten via Fernsehen und Internet zu lassen. Religions- und Sozialkunde-Unterricht übernimmt künftig der Media-Markt, die Musikerziehung wird in die bewährten Hände der Phono-Industrie gelegt. Dazu Bundeskanzler Gerhard Schröder: „Prima, ganz prima. Selbstverantwortung und Chancengleichheit waren schon immer nachhaltige Kernziele gerade auch sozialdemokratischer Bildungspolitik“.
Musikhochschule Weimar exportiert
Weimar. Den Innovationspreis der deutschen Exporthandelskammer erhält in diesem Jahr die Weimarer Musikhochschule. Sie hat außerordentlich kostensparend ihren gesamten Lehrkörper nach Seoul exportiert. Dazu Rektor Ahrens „Wir haben uns von dem altbewährten pädagogischen Prinzip leiten lassen, die Studenten dort abzuholen, wo sie wirklich sind.“
Rietschel gründet Waldorf-Musikhochschule
Frankfurt: Reformpräsident Thomas Rietschel will die Frankfurter Musikhochschule zur ersten Waldorf-Kunsthochschule der Bundesrepublik umformen. Dazu Rietschel wörtlich bei einer Naturholz-Bastelstunde auf der Startbahn West: „Bisher haben wir ängstliche, unfreie, bornierte, engstirnige und eindimensional ausgebildete Fachidioten produziert, die ihr Mozartkonzert perfekt spielen können und sonst nix. Was wir aber brauchen sind selbstständige Persönlichkeiten, erleuchtet von der Begeisterung zur Musik, fähig, diese Begeisterung weiterzugeben und in der Lage, ihre Patchwork-Existenz eigenständig zu meistern. Das dazu nötige Nähzeug liefert dankenswerter Weise unser Hauptsponsor „Goldzack“ inZusammenarbeit mit der Künstlersozialversicherung.“