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Literatur-Nobelpreis und Hans-Sahl-Preis an Ungarn Imre Kertész +++ Halle: Thalia-Geburtstagsparty im sanierten Haus +++ Elke Heidenreich will «literarischen Herbst» in Leipzig eröffnen +++ ARD plant neues Literaturmagazin im Ersten mit Denis Scheck +++ Künstler beim Else-Lasker-Schüler-Forum +++ Bungee Jumping mit Jugendheaterclub Jena
Literatur-Nobelpreis und Hans-Sahl-Preis an Ungarn Imre KertészStockholm (ddp). Den Nobelpreis für Literatur erhält in diesem Jahr der ungarische Schriftsteller Imre Kertész. Kertész erhalte die Auszeichnung «für ein schriftstellerisches Werk, das die zerbrechliche Erfahrung des Einzelnen gegenüber der barbarischen Willkür der Geschichte behauptet», begründete die Nobel-Versammlung am Karolinska-Institut im schwedischen Stockholm am Donnerstag ihre Entscheidung.
Imre Kertész sieht in der Ehrung einen Schub für die Autoren seines Landes. Bislang habe die ungarische Literatur international keine große Beachtung gefunden, sagte Kertész am Donnerstag in Berlin. Das könnte sich jetzt ändern.
Kertész schilderte, er habe um 10.00 Uhr telefonisch von der Auszeichnung erfahren. Er sei sehr glücklich über die Nachricht gewesen, habe aber nicht damit gerechnet. «Wenn ein anderer den Preis bekommen hätte, hätte ich damit auch leben können», sagte Kertész. Am Abend wolle er den Nobelpreis bei einem Abendessen mit seinen Fellows des Wissenschaftskollegs zu Berlin, wo er sich zurzeit aufhält, feiern.
Der Autor, der 1944 von den Nazis nach Auschwitz verschleppt wurde, sagte über die Ursprünge seines Schriftstellertums, «mein Grunderlebnis war der Holocaust». Jeder Schriftsteller habe ein solches Grunderlebnis. «Wenn es kein Geschichtliches ist, ist es ein Persönliches».
Auch jetzt schreibe er an einem Roman über den Holocaust, diesmal jedoch aus der Perspektive der gegenwärtigen Generation. Es werde sein letztes Werk über die Shoah sein, sagte Kertész.
Des weiteren wurde Imre Kertesz für sein Lebenswerk mit dem Hans-Sahl-Preis 2002 ausgezeichnet. Kertesz hat die Auszeichnung des «Autorenkreises der Bundesrepublik» am Mittwochabend in Berlin entgegen genommen. Der Autor habe sich mit seiner Trilogie «Roman eines Schicksallosen» (1975), «Kaddisch für ein nicht geborenes Kind» (1989) und «Fiasko» (1999) über die Erfahrung der nationalsozialistishen Lager in die Weltliteratur geschrieben, hieß es zur Begründung.
Kertesz, 1929 in Budapest geboren, wurde 1944 nach Auschwitz deportiert, im Mai 1945 in Buchenwald von den Amerikanern befreit. Nach der Rückkehr nach Ungarn finanzierte er die Arbeit an seinem ersten Roman durch Musicals und Boulevardstücke. 1983 kam er zu einer ersten Lesereise in die Bundesrepublik. Kertesz hat auch mit dem Essayband «Eine Gedankenlänge Stille, während das Erschießungskommando neu lädt» auf sich aufmerksam gemacht.
Der seit 1995 alljährlich verliehene Preis ist dem Andenken an den Autor Hans Sahl (1902-1993) gewidmet, der von den Nazis ins Exil gezwungen wurde. Er würdigt Autoren, die «gesellschaftliche Wirklichkeit und literarische Qualität zu einer überzeugenden künstlerischen Einheit verbinden». Zu den bisherigen Preisträgern zählen Hans-Joachim Schädlich, Günter Kunert, Jürgen Fuchs und Reiner Kunze.
Halle: Thalia-Geburtstagsparty im sanierten Haus
Halle (ddp-lsa). Mit einem bunten Veranstaltungsreigen eröffnet das Thalia-Theater Halle am Freitag nach mehr als einjähriger Sanierung wieder seine große Spielstätte in der Kardinal-Albrecht-Straße. Zugleich feiert das weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannte Kinder- und Jugendtheater sein 50-jähriges Bestehen. Diesem Jubiläum ist eine ganze Woche mit sieben Premieren gewidmet, die sich nicht nur an Kinder sondern auch an Erwachsene wenden.
Der Geburtstag beginnt bereits um 10.00 Uhr mit der festlichen Eröffnung des Hauses und einer Überraschungspremiere, wie Thalia-Intendantin Annegret Hahn mitteilte. Um 11.30 erfolgt die erste Vorlesung der Kinderuniversität, die ab Sommer 2003 regelmäßig geplant ist. Eröffnet werden ferner zwei Ausstellungen. Die eine, «Halle an Salle», erinnert an das das Thalia-Projekt «Kinderstadt», das in diesem Sommer auf der Peißnitz-Insel für viel Aufsehen sorgte. Die andere trägt den Titel «Sprecht über das Unaussprechliche» und begleitet die deutsche Erstaufführung des Stückes «Bintou» von Koffi Kwahule.
Elke Heidenreich will «literarischen Herbst» in Leipzig eröffnen
Leipzig (ddp-lsc). Die Schriftstellerin Elke Heidenreich wird voraussichtlich den Leipziger literarischen Herbst am 21. November eröffnen. Trotz ihrer Krebs-Erkrankung habe sie zugesagt, den Termin einzuhalten, teilten die Veranstalter am Donnerstag in Leipzig mit. Neben Heidenreich werden unter anderem die Kritikerin Sigrid Löffler und die Autorin Judith Hermann erwartet. Das mittlerweile zwölfte Literatur-Fest der Stadt geht über sechs Tage und bietet knapp 40 Veranstaltungen. Es steht in diesem Jahr unter dem Titel «Beziehungsweise: verwandt». Im vergangenen Jahr kamen rund 3700 Gäste.
Neben «Leipzig liest», der Literatur-Reihe parallel zur Buchmesse im Frühjahr, ist der literarische Herbst der zweite Buch-Höhepunkt der Stadt. Die Finanzierung steht im kommenden Jahr wegen des knappen Haushalts jedoch auf wackligen Beinen.
(www.leipziger-literarischer-herbst.de)
ARD plant neues Literaturmagazin im Ersten mit Denis Scheck
München (ddp). Die ARD startet wieder eine regelmäßige Büchersendung. Ab Anfang kommenden Jahres wird der Literaturkritiker Denis Scheck (39) im Ersten Romane und Sachbücher vorstellen, wie die ARD-Programmdirektion am Mittwoch in München mitteilte. Scheck ist bekannt als Literaturkritiker für den Deutschlandfunk und die «Kulturzeit» bei 3sat. Der Literaturkritiker werde Schriftsteller zu Hause besuchen, wie John Updike in Boston oder Jana Hensel in Berlin.
Die Sendung mit dem Arbeitstitel «Drucksache» soll einmal im Montag, jeweils sonntags nach den «Tagesthemen» um 23.30 Uhr ausgestrahlt werden. Sie soll 30 Minuten dauern und vom BR, NDR und WDR gemeinschaftlich produziert werden. Die ARD-Fernsehdirektoren gaben Anfang der Woche ihre Zustimmung für die Sendung. Seit zwei Jahren gibt es im Ersten keine regelmäßige Büchersendung mehr, sondern nur Berichte von den Messen in Leipzig und Frankfurt.
Künstler beim Else-Lasker-Schüler-Forum
Wuppertal (ddp-nrw). Populäre Schauspieler und renommierte Komponisten widmen sich anlässlich des 10. Else-Lasker-Schüler-Forums den Werken bekannter Nazi-Gegner und -opfer. Hanna Schygulla, Erika Pluhar, Mechthild Großmann und Udo Samel rezitieren vom 14. bis zum 17. November Texte von Wolfgang Borchert, Alfred Kerr, Walter Mehring, Theodor Kramer oder Selma Meerbaum-Eisinger, wie die Veranstalter am Mittwoch in Wuppertal ankündigten. Ferner präsentieren zwölf Komponisten in Wuppertal und Solingen Vertonungen von Gedichten der Literatin Lasker-Schüler, die zum Teil uraufgeführt werden. Darunter sind die Deutschen Markus Stockhausen oder Tilo Medek sowie Tsippi Fleischer und Gilead Mishori aus Israel.
Um auch Jugendliche anzusprechen, werden Popgruppen Texte der Dichterin rappen oder durch Jazz und Hip-Hop untermalen. Die Lyrik der deutschen Jüdin soll zudem in Französisch, Englisch und Mongolisch gesungen werden. Die dargebotenen Texte zeugen nach Auskunft der veranstaltenden Lasker-Schüler-Gesellschaft «von der Lebenslust jener Dichter, die Opfer einer lebensfeindlichen Diktatur wurden».
(Internet: www.else-lasker-schueler-gesellschaft.de)
Bungee Jumping mit Jugendheaterclub Jena
Jena (ddp-lth). Der Jugendtheaterclub (JTC) am Theaterhaus Jena wartet am Samstag mit seiner ersten Premiere in dieser Spielzeit auf. Leiterin Sarah Jasinszczak setzte mit den jungen Leuten das Stück «Bungee Jumping oder Die Geschichte vom goldenen Fisch» in Szene. Darin erzähle der junge estnische Autor und Schauspieler Jaan Tätte augenzwinkernd eine beziehungsvolle Geschichte mit verblüffenden Wendungen, erklärte die Regisseurin. Es gehe um ein junges Paar in einer abgelegenen Gegend und einen einsamen Angler, der den Beiden Reichtum verspricht, wenn ihm die schöne Frau überlassen wird.
Diese Inszenierung des Jugendtheaterclubs sei neben dem offiziellen Spielplan entstanden, betonte Jasinszczak. Mit Beginn des neuen Schuljahres habe sich das Laienensemble sehr verjüngt, so dass sich die wenigen «alten» Jugendclubmitglieder nicht ausgelastet fühlten und dieses zusätzliche Projekt initiierten. Die Inszenierung ist im Jenaer Kulturbahnhof zu erleben, der im dortigen Saalbahnhof sein Domizil hat. Während der «Theatertage für Regelschüler» im November wird das Stück auch auf die Bühne des Theaterhauses kommen.
(www.theaterhaus-jena.de)