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10.6.: theater und literatur aktuell +++ theater und literatur

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Interesse an deutscher Literatur sinkt +++ Friedrich-Hölderlin-Literaturpreis für Monika Maron +++ Figurentheater «Forum der Phantasie» im Sony-Center +++ NRW-Theatertreffen ab 21. Juni in Aachen DNT bereitet im e-Werk Inszenierung nach Goethes «Faust II» vor +++ Reformen beim 27. Bachmann-Wettbewerb


Interesse an deutscher Literatur sinkt
orf - In Westeuropa nimmt das Interesse an deutscher Sprache und Literatur nach Einschätzung der Goethe-Gesellschaft immer mehr ab. "Vor allem in Ländern wie Frankreich oder den Niederlanden ist die Germanistik in Besorgnis erregendem Ausmaß auf dem Rückzug", sagte Präsident Jochen Golz in einem dpa-Gespräch.
Die 1885 gegründete literarische Gesellschaft kommt an diesem Mittwoch zu ihrer 78. Hauptversammlung in Weimar zusammen. Dazu werden 800 Teilnehmer aus 20 Ländern erwartet.
"In den osteuropäischen Ländern ist der Bezug zur klassischen deutschen Literatur dagegen sehr eng", schätzte Golz ein. Das gelte zum Beispiel für Russland, Rumänien oder Tschechien. In Russland existiere eine Goethe-Kommission, in Rumänien werde mit fachlicher Unterstützung der Goethe-Gesellschaft die Edition einer 18 Bände umfassenden Goethe-Ausgabe vorbereitet.
"Die Gesellschaft fördert die Goethe-Forschung und -Rezeption im Ausland seit 1993 mit Stipendien für junge Literatur- und Kulturwissenschaftler", sagte der Präsident. Vor allem Doktoranden werde davon ein zweimonatiger Forschungsaufenthalt in Weimar finanziert.
Das 150. Stipendium ging im vergangenen Jahr an den iranischen Wissenschaftler Mahmud Haddadi, der Goethes "West- östlichen Diwan" ins Persische übersetzt hatte. "In jüngster Zeit haben wir zunehmend Stipendiaten aus dem arabischen Raum und Israel im Blickpunkt", berichtete Golz. Dies begreife die Goethe- Gesellschaft als einen Beitrag zur Verständigung im Nahen Osten.
Was die Goethe-Wahrnehmung in Deutschland selbst angehe, neige er "weder zu Katastrophenpessimismus noch zur Euphorie", sagte Golz, der Direktor des Goethe-Schiller-Archivs in Weimar ist.
Es sei vor allem Aufgabe der Elternhäuser und der Schule, bei Kindern Freude an der klassischen Literatur zu wecken. "Goethes Werke sind aktuell, Lehrer müssen aber eben auch verstehen, dies den Schülern nahe zu bringen."

Friedrich-Hölderlin-Literaturpreis für Monika Maron
Die Berliner Schriftstellerin Monika Maron ist mit dem Friedrich-Hölderlin-Literaturpreis der Stadt Bad Homburg geehrt worden. Der mit 12 500 Euro dotierte Preis wurde der 61-Jährigen für ihre Romane verliehen. Maron habe vor und nach der Wiedervereinigung "die deutschen Verhältnisse sprachlich durchdrungen und erzählerisch aufgeschlossen", lobte die Jury. In ihrem ersten Roman "Flugasche" (1981) hatte die regimekritische Autorin die Umweltsünden in der DDR zum Thema gemacht.
Die Jury begründete ihre Entscheidung für Maron damit, dass sie «vor und nach der Wiedervereinigung die deutschen Verhältnisse sprachlich durchdrungen und erzählerisch aufgeschlossen» habe. In ihren Werken habe Maron stets «Verantwortung und Sensibilität, moralisches Empfinden und ästhetische Genauigkeit so zu verbinden gewusst, dass die Leser in den fiktionalen Welten Anlässe fanden, ihre eigene Welt zu bedenken».
Maron lebte bis 1988 in der DDR. Kompromisslos beschrieb und kritisierte sie in ihren Büchern und Essays, die nur im Westen erscheinen konnten, das politische und geistige Klima im «real existierenden Sozialismus». Zu bekannten Werken aus dieser Zeit zählen «Flugasche» und «Die Überläuferin».
Die Wende erlebte Maron in Hamburg, wo sie sich mit einem Dreijahresvisum aufhielt. Auch nach der Wiedervereinigung befasste sie sich mit den deutschen Verhältnissen - unter anderem in «Stille Zeile sechs», «Animal triste» sowie in dem Roman «Endmoränen». Heute lebt Maron wieder in ihrer Heimatstadt Berlin.
Der Friedrich-Hölderlin-Preis wird seit 1983 für «hervorragende Leistungen» in der Literatur vergeben. Die Verleihung findet traditionell am Todestag Hölderlins statt. Der 1843 gestorbene Dichter lebte und arbeitete zeitweise in Bad Homburg. Zu den Preisträgern der vergangenen Jahre gehören unter anderen Marcel Reich-Ranicki, Martin Walser, Ernst Jandl, Sarah Kirsch und Wolf Biermann.

Figurentheater «Forum der Phantasie» im Sony-Center
Berlin (ddp-bln). Im Sony-Center am Potsdamer Platz in Berlins Mitte präsentieren sich vom 25. bis 28. Juni teils preisgekrönte Figurentheater unter dem Motto: «Forum der Phantasie». Die 14 Theater werden Einfallsreichtum und Spielfreude beweisen, kündigte eine Sprecherin des Sony-Centers an. Zum Repertoire der Puppenspieler gehören alte und neue Märchen, Stücke von Shakespeare bis Brecht und Opern. Längst habe sich das traditionelle Puppentheater zur innovativen Bühnenkunst für Zuschauer aller Altersgruppen entwickelt.
Zu den Attraktionen des viertägigen Programms gehört die Premiere einer «Seifenoperette» des Puppenspielers Peter Waschinsky, sagte die Sprecherin. Zudem gibt es eine «Schweinehochzeit» für Kinder, Verdis «Rigoletto» und die Kriminalstory «Der weiße Hammer» sowie eine Westernparodie. Wer selbst gern Puppenspieler sein möchte, kann in einem Workshop unter professioneller Anleitung seine eigene Figur gestalten.

NRW-Theatertreffen ab 21. Juni in Aachen
Aachen (ddp-nrw). In Aachen geht ab dem 21. Juni das 22. NRW-Theatertreffen über die Bühne. Erstmals in seiner Geschichte wird das bis 29. Juni dauernde Treffen von zwei Häusern gleichzeitig organisiert. Als Gastgeber fungieren Manfred Langner, Intendant des Grenzlandtheaters, das vom Kreis Aachen getragen wird, sowie Paul Esterhazy, Intendant des Stadttheaters Aachen, und sein Schauspieldirektor Michael Helle.
Aus den aktuellen Bühnenproduktionen Nordrhein-Westfalens haben die Verantwortlichen der beiden Theater die zehn besten ausgewählt. Die sind dann auf den fünf ganz unterschiedlichen Bühnen in der alten Kaiserstadt zu sehen.
Hinzu kommt ein außerordentliches Ereignis am Schlusstag - Sonntag, 29. Juni: Unter dem Titel «Enervé-Monologe» findet ein Marathon aus 14 Monologen statt, die allesamt Uraufführungen sind. Übrigens: Das französische «Enervé» ist die lautmalerische Übertragung des Kürzels NRW und meint im Zusammenhang mit Theater passend das (Über-)Beanspruchen von Nerven.

DNT bereitet im e-Werk Inszenierung nach Goethes «Faust II» vor
Weimar (ddp-lth). Goethes «Faust II» und die «Kunst-Welt» Andy Warhols will das Deutsche Nationaltheater Weimar (DNT) in einem Stück vereinen. «Faust - A Factory» ist das Werk überschrieben, das in der Inszenierung von Hartmut Wickert am 13. Juni erstmals auf die Bühne kommt. Die Entscheidung, Goethes «Faust II» im Weimarer e-werk zu zeigen, hänge nicht nur mit der kurzzeitigen Schließung des Großen Hauses zusammen, teilte das DNT mit. Vielmehr wolle man Antworten auf die Frage finden, wie und wo man sich diesem Text heute im Theater überhaupt nähern könne, wenn nicht Millionen zur Verfügung stünden. Die Bühne richtet Marina Hellmann ein, für die Kostüme zeichnet Nina Reichmann verantwortlich.
Aus kunsthistorischer Sicht stehe das e-werk in der Tradition stillgelegter «Werkräume», die dank der Besetzung durch Künstler zu neuem Leben erwachen, erklärte das DNT. Die Wahl des Ortes und die Entscheidung, die Weimarer Inszenierung in Warhols «Kunst-Welt» anzusiedeln, hätte auch Auswirkungen auf die Besetzung. Goethes «rhapsodisches Gedicht» werde deshalb von einer Gruppe von zehn Künstlern gespielt, die in die verschiedenen Rollen schlüpfen. Zugleich werde das Szenische um filmtechnische Mittel, etwa Kamera und Projektor, erweitert. Damit könne die Struktur des «Faust II», die ohne «roten Faden» auskomme, für das Publikum erlebbar gemacht werden.
http://www.nationaltheater-weimar.de

Reformen beim 27. Bachmann-Wettbewerb
orf - Mit der Literaturkritikerin Iris Radisch leitet erstmals eine Frau den Wettbewerb um den Ingeborg-Bachmann- Preis. Insgesamt 18 Autoren, davon zwei aus der Schweiz, nehmen am "Wettlesen" vom 25. bis 29. Juni in Klagenfurt teil.
Auf Anregung des bisherigen Jury-Vorsitzenden Robert Schindel wurde die Zahl der Teilnehmer erhöht. Von einer größeren Vielfalt erhoffen sich die Veranstalter eine lebendigere Diskussion in der Jury. Unter den neu neun Juroren sind zudem mehr Autoren als bisher- die Schweizerinnen Friederike Kretzen und Ilma Rakusa etwa schreiben beide.
Deutschland ist mit 14 Wettbewerbsteilnehmern am stärksten vertreten, je zwei Beteiligte kommen aus Österreich und der Schweiz. Für die Schweiz lesen die Zürcherin Christine Rinderknecht und der Frauenfelder Michael Stauffer. Neben dem mit 22.500 Euro dotierten Hauptpreis werden bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur in der Kärntener Hauptstadt vier weitere Preise vergeben.
Die Jury war zunehmend selbst in die Kritik geraten. Die Diskussionen seien zu akademisch, die Bewertungskriterien seien nicht nachvollziehbar, hieß es.
Der österreichische Schriftsteller Josef Haslinger, die Schweizerinnen Friederike Kretzen und die in der Slowakei geborene Ilma Rakusa sind erstmals in Klagenfurt dabei. Die Seite der Literaturkritik und -wissenschaft vertreten Daniela Strigl, Thomas Steinfeld, Norbert Miller und Ursula März.
Der Bachmann-Wettbewerb gilt als eine der wichtigsten literarischen Veranstaltungen im deutschsprachigen Raum und erreicht über die Live-Übertragung in 3sat ein breites Fernsehpublikum.