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10.7.: theater und literatur aktuell +++ theater und literatur

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«Innerhalb des Gefrierpunktes» - Deutsche Erstaufführung in Düsseldorf +++ Brigitte Reimann-Ausstellung im Stadtmuseum Hoyerswerda


«Innerhalb des Gefrierpunktes» - Deutsche Erstaufführung in Düsseldorf
Düsseldorf (ddp). Das Düsseldorfer Schauspielhaus zeigt als deutsche Erstaufführung das Theaterexperiment «Innerhalb des Gefrierpunktes» von Anselm Glück. Premiere ist am Freitag. Philip Tiedemann führt Regie bei dieser Koproduktion mit dem Schauspielhaus Graz, wo das Stück am 6. Juni mit großem Erfolg uraufgeführt worden ist. Die sarkastische Montage aus Sprache, Musik und Choreographie verbinde deprimierende Welt- und Gesellschaftsbefunde mit skurrilem Witz, sagte eine Sprecherin des Schauspielhauses am Mittwoch in Düsseldorf.
«Innerhalb des Gefrierpunktes» kennt keine konventionelle Handlung, sondern ist eine Art Partitur für fünf Spieler, ein Sprachspiel, inspiriert von der Musik Frank Zappas. Die Stücke von Anselm Glück beziehen ihre Kraft aus dem konzentrierten Einsatz karger theatralischer Mittel. Die Figuren betreten in archetypischen Konstellationen Bildräume von monumentaler Lakonik.
Anselm Glück ist Schriftsteller, Maler und Zeichner. Er ist Preisträger des renommierten Ingeborg Bachmann-Preis und war 1991/92 Stadtschreiber in Graz.
http://www.duesseldorfer-schauspielhaus.de

Brigitte Reimann-Ausstellung im Stadtmuseum Hoyerswerda
Hoyerswerda (ddp-lsc). Brigitte Reimann (1933-1973) hat die Öffentlichkeit offenbar sehr verblüfft, als sie 1963 vor dem Nationalrat der Nationalen Front eine Rede hielt. Eigentlich sollte die Schriftstellerin über ihre Erfahrungen in der Produktion sprechen. Seit 1960 arbeitete sie in einer Rohrlegerbrigade im Kombinat Schwarze Pumpe. Doch die junge Frau erzählte von der kahlen, tristen Stadt Hoyerswerda, in der es nur Wohnbauten, keine Grünanlagen, keine Begegnungsstätten, geschweige denn einen Konzertsaal gab. Es fehle schlichtweg an Intimität. Die «Lausitzer Rundschau» titelte daraufhin «Kann man in Hoyerswerda küssen?». Eine wochenlange Diskussion begann.
Die Ausstellung «Brigitte Reimann in Hoyerswerda und Schwarze Pumpe» geht auf diese Episode ein. Am 21. Juli, dem 70. Geburtstag der Autorin, wird die Schau im Hoyerswerdaer Schloss eröffnet. Sie ist vor allem der Zeit zwischen 1960 und 1968 gewidmet, als Brigitte Reimann in der Stadt lebte. Durch ihren zweiten Mann, den Schriftsteller Siegfried Pitschmann, kam sie nach Hoyerswerda, eine Stadt, die gerade begann, enorm zu wachsen. Der Ort solle Wohnstadt für die Arbeiter des Kombinates Schwarze Pumpe sein, hatte die Regierung der DDR 1955 beschlossen. Zwei Jahre später wurde der Grundstein für die Neustadt gelegt und Reimanns Wohnung in der Liselotte-Hermann-Straße lag im dort zuerst entstandenen Wohnkomplex I.
Erste Eindrücke der Zeit in Hoyerswerda und Schwarze Pumpe hatte Brigitte Reimann in der Erzählung «Ankunft im Alltag» festgehalten, die 1961 erschien. 1963 begann sie die Arbeit an ihrem Roman «Franziska Linkerhand», der allerdings unvollendet blieb. 1968 zog die Autorin nach Neubrandenburg. 1973 starb sie an Krebs. Ihre aktiven Jahre habe Brigitte Reimann jedenfalls in der Lausitz verbracht, macht Martin Schmidt, der Vorsitzende des Hoyerswerdaer Kunstvereins, deutlich. Er hat die Frau selbst kennen gelernt. Sie war einst an der Gründung des Freundeskreises der Künste und Literatur beteiligt, aus dem später der Kunstverein hervorging.
Der Kunstverein hat die Ausstellung im Stadtmuseum maßgeblich vorbereitet. In Schwarze Pumpe wurde nach Zeugnissen und Material über die Schriftstellerin geforscht, neue Fotos, Dokumente, Briefe und Diskussionsprotokolle entdeckt, berichtet Schmidt. Zudem sollen einige der rund 40 Arbeiten präsentiert werden, die inzwischen zu Brigitte Reimann herausgekommen sind.
Der Kunstverein hat in diesem Jahr auch eine Broschüre herausgegeben, mit der sich Besucher in Hoyerswerda auf die Spuren von Brigitte Reimann begeben können. Sie führt zu 15 Orten, die sie in Briefen und Büchern beschrieben hat. Beispielsweise in die Liselotte-Hermann-Straße 20. Unmittelbar neben dem Haus, in dem die Schriftstellerin acht Jahre lang wohnte, beginnt die Brigitte-Reimann-Straße. Sie wurde 1990 nach der Autorin benannt, weil sie von ihrem Arbeitsplatz aus direkt in diese Straße hinein schauen konnte. Am 21. Juli erhält nun die Stadtbibliothek in Hoyerswerda den Namen Brigitte Reimanns, genau zu deren 70. Geburtstag. Die Schriftstellerin würde es sicher freuen, denn in Bücher war sie regelrecht vernarrt.

Anett Böttger