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14.8.: theater und literatur aktuell +++ theater und literatur

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Hangar als Bühne - Stiftung Neuhardenberg erinnert auch an Schleef +++ Nibelungenfestspiele: Controller sollen Finanzloch prüfen +++ Rinke freut sich auf die «Entstaubung» der Nibelungen +++ Shakespeare in Gebärdensprache - Theateraufführung live übersetzt


Hangar als Bühne - Stiftung Neuhardenberg erinnert auch an Schleef
Berlin (ddp-lbg). Der Hangar des Flugplatzes Neuhardenberg wird ab dem 24. August sechsmal zum ungewöhnlichen Aufführungsort einer Bühnenfassung von Dostojewskis «Aufzeichnungen aus dem Kellerloch». Martin Wuttke dramatisiert, inszeniert und spielt - an der Seite von Volker Spengler und Margarita Breitkreuz. Der Titel der Kooperation mit der Berliner Volksbühne lautet «Odpolje», sagte Bernd Kauffmann (Kauffmann), der Generalbevollmächtigte der veranstaltenden Stiftung Schloss Neuhardenberg, am Mittwoch in der Berlin. Auch künftig soll es in Neuhardenberg jährlich ein bis zwei eigene Theaterproduktionen geben.
Am 24. August wird in der Schinkel-Kirche, die zum klassizistischen Ensemble der ostmärkischen Gemeinde gehört, der Auftakt für eine kleine Kammermusikreihe «Am Beginn...Junge Meister - frühe Jahre» mit Werken unter anderem von Beethoven, Mahler, Strauss und Schostakowitsch gegeben. Sie korrespondiert mit der Ost-West-Musikakademie (26. August bis 8. September), zu der rund 40 Teilnehmer im Alter zwischen 15 und 18 aus Moskau, St. Petersburg, Vilnius und Weimar erwartet werden. Diese beinhaltet eine Orchesterakademie unter Leitung von Saulius Sondeckis, dem Leiter des Litauischen Kammerorchesters, und Instrumentalkurse unter Leitung namhafter Musiker, darunter Krzysztof Penderecki (Polen). Zum Ende soll es ein Kammer- und ein Orchesterkonzert auf der Parkbühne geben.
Im Zusammenhang damit steht ein Gastspiel der Jungen Philharmonie Russland aus St. Petersburg am 31. August und 1. September zur Eröffnung der musikalischen Open-Air-Saison in Neuhardenberg.
Am 8. September sollen das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin und der Rundfunkchor Berlin unter Kent Nagano mit Beethovens Neunter in der Kombination mit Werken von Györy Ligeti und Galina Ustwolskaja zu Gast sein. Ein Bus-Shuttle-Verkehr vom Ostbahnhof soll Berlinern die Anreise komfortabel gestalten. Bei den bisherigen 20 Veranstaltungen seit der Wiedereröffnung von Schloss Neuhardenberg nach vierjähriger Bauzeit durch den Deutschen Sparkassen- und Giroverband am 8. Mai waren etwa je zur Hälfte Besucher aus der Region und der Hauptstadt zu verzeichnen.
Vom 1. September bis zum 9. November wird die Ausstellung «Einar Schleef. Deutsche Szenen» zu sehen sein, verbunden mit einer filmischen Hommage von Jürgen Syberberg. Der vor einem Jahr 57-jährig in Berlin gestorbene Schleef wird nicht nur als Theaterregisseur und Autor, sondern auch als Bühnenbildner, Fotograf und Filmemacher vorgestellt. Am 31. August und 7. September lesen Jutta Hoffmann und Jürgen Holtz mit szenischer Andeutung Schleefs «Lange Nacht».
Die Ständige Ausstellung «Schloss Neuhardenberg. Ein Ortstermin» informiert jeweils dienstags bis sonntags von 11.00 bis 19.00 Uhr über die Geschichte des Ortes und des Schlosses über vier Jahrhunderte.

Nibelungenfestspiele: Controller sollen Finanzloch prüfen
Worms (ddp-swe). Bei den Nibelungen-Festspielen in Worms sollen Controller nun die Ursachen für die Finanzierungslücke von 700 000 Euro ermitteln. Der Aufsichtsrat der Festspiele GmbH habe dafür einen Wirtschafts- und einen Technikcontroller eingesetzt, sagte der Kulturdezernent der Stadt Worms, Gunter Heiland, am Mittwoch in einem Interview der Nachrichtenagentur ddp. Die Kosten für die Festspiele waren von 2,4 Millionen Euro auf inzwischen 3,5 Millionen Euro gestiegen. Die Festspiel-Gesellschaft hatte deshalb einen Kredit über 700 000 Euro aufnehmen müssen.
Die Mehrausgaben seien zum Teil aber «mit einer gewissen Zustimmung der Stadt» entstanden, weil die Verbesserung von Licht- und Tonanlage «mit einer gewissen Qualitätssteigerung» einhergehe, sagte Heiland weiter. Der Perfektionismus eines Dieter Wedel «kostet eben auch Geld», fügte er hinzu. Ob es aber darüber hinaus «weitere Lücken» oder «schuldhafte Quellen» gebe, solle nun durch die Controller untersucht werden.
Ob den Festspielen durch die Insolvenz der mit dem Kartenverkauf beauftragten Firma tatsächlich weitere 100 000 Euro fehlen werden, konnte Heiland nicht bestätigen. Das Geld dürfe «eigentlich nicht futsch sein», da der Kartenvertreiber nach den Vorschriften die Einnahmen auf ein Konto legen müsse, zu dem er keinen Zugriff habe, sagte der Dezernent. Wenn das nicht der Fall sei, «muss man ihn anzeigen», sagte Heiland weiter.
Heiland betonte außerdem, die Festspiele würden «sicher» fortgeführt. In welchem Rahmen aber - ob jedes Jahr oder etwa alle 2 Jahre - entscheide der Aufsichtsrat in seiner nächsten Sitzung am 11. September. Dabei werde «man aber genau rechnen müssen, was ist einzusetzen und was sparen wir in Zukunft», mahnte Heiland. Für die Premiere am Samstag sei er aber weiter guter Dinge: «Es wird ein großes Theatererlebnis.»

Rinke freut sich auf die «Entstaubung» der Nibelungen
Worms (ddp-swe). Der Theaterautor Moritz Rinke freut sich auf eine «Entstaubung» des Nibelungenstoffes. Er hoffe, dass die Wormser diese «Entrümpelung» mitmachten, sagte Rinke in einem Interview der Nachrichtenagentur ddp. Rinkes Neubearbeitung des mittelalterlichen Sagenstoffes hat am Samstag in einer Inszenierung des Regisseurs Dieter Wedel bei den Nibelungen-Festspielen in Worms Premiere.
Er sei bemüht gewesen, den Nibelungen «ein neues Gewand» zu geben und die Sage von ihrer «Phrasenhaftigkeit» zu befreien, sagte Rinke weiter. Heraus gekommen sei «ein Panoptikum verschiedener Zeiten», ein Stück mit «hoffentlich heutigen Figuren in modernen Gewändern». Einen Krimi, wie es die Festspiel-Werbung verspricht, sieht Rinke in seinem Stück aber keineswegs: «Es geht eher um eine Vernichtungsmaschinerie, die wir weder in Bosnien noch im Nahen Osten begreifen».
Bei der Befreiung des Sagenstoffes von der Vereinnahmung durch Nationalsozialisten und Wagner habe er «eine Menge Motive» gefunden, aus denen neue Geschichten zwischen den Figuren entstanden seien. Für die Erstarrtheit der Burgunder-Regierung nahm Rinke bewusst Parallelen unserer Zeit als Vorbild: «16 Jahre von einem König regiert zu werden - da liegen dann wahrscheinlich Mehltau und Reformstau über dem Land», sagte Rinke.
Aus der Verbindung zwischen Kriemhild und Giselher wurde bei Rinke eine Geschichte mit einer revolutionären Staatsumwälzung. Für die Entwicklung der Kriemhild von der glühenden Schreiberin zur alles vernichtenden, um sich schlagenden Frau gebe es Beispiele aus der jüngsten Geschichte. «Kriemhild ist nicht Ulrike Meinhof, aber in dieser Figur steckt auch dieses Umschlagen von positiver Energie in ihr Gegenteil», verglich Rinke.
Ob allerdings die Neubelebung des Nibelungen-Stoffes in Worms gelingt, stellt der Autor noch in Frage: Er habe zwar «wunderbare Schauspieler» vorgefunden, sei aber leider auch auf große technische Probleme gestoßen, sagte Rinke: «Gegen eine desolate Infrastruktur können auch die Nibelungen nichts machen.»

Shakespeare in Gebärdensprache - Theateraufführung live übersetzt
Hildesheim (ddp-nrd). Durch Gebärdensprache kommen auch Gehörlose in den Genuss von Shakespeares Theaterstücken und ihrer Poetik. Es sei möglich, kürzere Dialoge exakt wiederzugeben und damit auch Shakespeares Sprache zu vermitteln, sagte der Gebärdendolmetscher Michael Fischer in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur ddp in Hildesheim. Allerdings sei es unvermeidlich, dass längere Passagen erklärt würden. Fischer hatte am Dienstagabend eine Aufführung des Moa-Theaters von Shakespeares «Romeo und Julia» simultan in die Gebärdensprache für Gehörlose übersetzt.
Da auch seine Eltern taub sind, habe er selbst schon sein ganzes Leben mit Gehörlosen verbracht, sagte der studierte Gebärdendolmetscher. Dennoch habe ihm in der Probenphase die Zusammenarbeit mit einem Gehörlosen besonders geholfen. Dieser habe ihn immer wieder darauf hingewiesen, an welchen Stellen eine genaue Übersetzung des Textes oder besondere Erklärungen notwendig seien. Manchmal hätten aber auch die Bilder auf der Bühne gereicht und eine Übersetzung in die Zeichensprache der Gehörlosen war unnötig.
Die Theateraufführung am Dienstagabend sei für ihn eine Premiere gewesen, sagte Fischer. Bisher habe er nur kleinere Veranstaltungen wie Autorenabende oder Lesungen begleitet und übersetzt. Das Moa-Theater ist eine Gruppe von ehrenamtlichen Theatermachern aus Hannover, die sich auf Open-Air-Inszenierungen von Shakespeares Stücken spezialisiert hat.
(Internet: www.moatheater.de)
(Michael Fischer ist freiberuflicher Gebärdendolmetscher und hat die Zeichensprache der Gehörlosen sieben Jahre in Russland und Deutschland studiert. Der Vater von drei Kindern aus Kasachstan lebt und arbeitet seit sechs Jahren in der Bundesrepublik.)