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18.6.: theater und literatur aktuell +++ theater und literatur

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Berlin: Mehr als 60 000 Besucher bei Berliner Bücherfest +++ Köln: Heinrich-Böll-Preis 2007 geht an Christoph Ransmayr +++ Oberammergau: Passionsspiele dürfen bei Nacht gespielt werden


Berlin: Mehr als 60 000 Besucher bei Berliner Bücherfest
Berlin (ddp-bln). Mehr als 60 000 Menschen haben nach Angaben des Veranstalters am Wochenende das siebte Berliner Bücherfest auf dem Bebelplatz in Berlin-Mitte besucht. Damit seien die Erwartungen übertroffen worden, sagte Detlef Bluhm vom Veranstalter. Vor allem am Sonntag sei bei sonnigem Wetter der Besucheransturm groß gewesen.
An den beiden Tagen hatten rund 100 Buchhandlungen, Verlage und Bibliotheken mit Autorenlesungen und Signierstunden einen Überblick über das Spektrum ihrer Programme gegeben. Dazu zählten neben Romanen, Erzählungen und Lyrikbänden auch Hörbücher. Insgesamt fanden nach Angaben des Veranstalters 40 Lesungen statt. Der Eintritt zum Bücherfest und in die Lesezelte war frei.
Auch 2008 soll es nach dem Willen der Veranstalter erneut ein Bücherfest auf den Bebelplatz geben.

Köln: Heinrich-Böll-Preis 2007 geht an Christoph Ransmayr
Köln (ddp-nrw). Der mit 20 000 Euro dotierte Heinrich-Böll-Preis der Stadt Köln geht in diesem Jahr an den österreichischen Schriftsteller Christoph Ransmayr. Das teilte die Stadtverwaltung mit. Das Gremium werde mit der Auszeichnung in diesem Jahr einen Autor würdigen, «der 1988 mit dem Roman ´Die letzte Welt´ sowohl in der Kritik als auch beim Publikum einen spektakulären Erfolg» erzielt habe. Die Handlung kreise um das Schicksal des römischen Dichters Ovid.
Weiter heißt es in der Begründung, auch mit seinem jüngsten Buch «Der fliehende Berg» (2006) beweise der 1954 geborene Ransmayr ein in der deutschsprachigen Literatur «unvergleichbares ästhetisches Formbewusstsein, das keiner literarischen Mode zuzuordnen ist und doch eine breite Leserschicht in Bann zieht». Im Zentrum des von Freundschaft, Liebe und Tod handelnden Versepos stünden zwei Brüder, die sich von Irland aus auf die abenteuerliche Reise zu einem unbekannten Berg im Osten Tibets machten.
Die Auszeichnung wird am 7. Dezember im Historischen Rathaus der Stadt Köln verliehen. Die Stadtverwaltung korrigierte damit am Montag Angaben vom Freitag und stellte klar, dass die Preisverleihung nicht wie ursprünglich mitgeteilt am 2. Dezember, sondern am 7. Dezember stattfindet.
Der von der Stadt Köln gestiftete Heinrich-Böll-Preis wird seit 1985 verliehen; anfangs jährlich, später alle zwei Jahre. Die Auszeichnung wird für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der deutschsprachigen Literatur, auch an «unbekannte» Autoren, verliehen. Der Literaturnobelpreisträger Böll (1917-1985) war gebürtiger Kölner.

Oberammergau: Passionsspiele dürfen bei Nacht gespielt werden
Oberammergau (ddp-bay). Regisseur Christian Stückl machte erst einmal drei Kreuze. «Auch eine knappe Mehrheit ist eine Mehrheit, jetzt kann ich wieder ruhig schlafen», sagte er am Sonntagabend sichtlich erlöst. Er bleibt Spielleiter der Oberammergauer Passionsspiele, denn nach offiziellen Angaben stimmten rund 56 Prozent der Dorfbewohner beim Bürgerentscheid dafür, dass Jesus bei den kommenden Aufführungen in der Dunkelheit sterben soll. Stückl hatte gedroht, sein Amt aufzugeben, falls der Tod Christi wie bisher bei Tageslicht inszeniert werden müsste.
«Ich darf und muss jetzt weitermachen», frohlockte der 45-jährige Stückl nach Bekanntgabe des Ergebnisses. Er ist als Spielleiter wieder auferstanden, nachdem er seine Vorbereitungen für das Spektakel im Jahr 2010 zuletzt ruhen gelassen hatte.
Vor etwa einem Jahr hatte der gebürtige Oberammergauer und Intendant des Münchner Volkstheaters den Gemeinderat überzeugt, das biblische Spiel in der Nacht enden zu lassen. Mit dem Einsatz von Scheinwerfern könne das Leiden und Sterben des Heilands wesentlich spannender gestaltet werden, argumentierte Stückl. Vor wenigen Wochen aber durchkreuzten Widerständler aus dem Dorf seine Pläne: Souvenirladenbesitzer, Hoteliers und Gastwirte befürchteten millionenschwere Umsatzverluste, falls die Zuschauer erst so spät ihre Quartiere beziehen.
Stückl («I häng´ zu 100 Prozent an dem Passionsspiel») entfachte in der Folge einen theatralischen Wahlkampf, der sich offenbar ausgezahlt hat. Er organisierte Bürgerversammlungen und wetterte gegen die Nachtspielgegner, denen er Profitgier vorwarf, während es ihm selbst nur um die Qualität des Spiels gegangen sei. Geschickt hatte Stückl den Bürgerentscheid auch zur Vertrauensfrage erklärt.
Der Wortführer seiner Widersacher, Florian Streibl, Politikersohn und Gemeinderat der Gruppierung «Für unser Dorf«, empfand Stückls Rücktrittsdrohung als »gewisse Nötigung«. Dass der Passions-Revoluzzer den Traditionalisten unlautere Motive unterstellt habe, sei »diffamierend« gewesen, schimpfte Streibl.
Allerdings befindet sich Stückl nach eigener Darstellung mit Streibl und seinen Anhängern »schon seit 20 Jahren im Krieg«. Bereits vor den Aufführungen in den Jahren 1990 und 2000 hätten sie den Aufstand geprobt und seien zum Beispiel gegen sein Bühnenbild vorgegangen. Stückl flehte seine Gegner am Sonntag an, die Fehde um das Nachtspiel bei den kommenden Kommunalwahlen nicht zu wiederholen. Aber: »Der Kampf gehört in Oberammergau offenbar dazu", sagte er.
Bürgermeister Rolf Zigon (CSU) sagte, der Rücktritt Stückls wäre eine Katastrophe für die Gemeinde gewesen. Die Frage, wann Jesus sterben soll, hat die Oberammergauer tief bewegt: 65 Prozent der rund 4000 Stimmberechtigten beteiligten sich nach Zigons Angaben an der Wahl. Es war bereits der sechste Bürgerentscheid in Oberammergau, fünf betrafen die Passionsspiele.
Das 5000-Einwohner-Dorf, das bei den rund 100 Aufführungen im Passionsspieljahr zum Großteil selbst auf der Bühne mitspielt, ist seit jeher in zwei Lager gespalten: in die Bewahrer und Reformer des religiösen Stücks, das auf einem Pestgelübte des Jahres 1633 beruht. Nach der obligatorischen Posse wird auch jetzt zur Premiere wieder Burgfrieden herrschen - die Besucher aus aller Welt sollen ja nicht verschreckt werden.