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Musikmesse Popkomm leidet an Besucherschwund +++ Udo Lindenberg: «Im Radio nicht nur US-Charts nachspielen» +++ Auch Beck will mehr deutsche Musik im Radio +++ Kölner Ringfest lockte Millionen an


Musikmesse Popkomm leidet an Besucherschwund
Köln (ddp). Die Musikmesse Popkomm leidet unter der Krise der Branche. Nur rund 14 500 Besucher und damit 14 Prozent weniger als im vergangenen Jahr haben von Donnerstag bis Samstag an der weltgrößten Messe für Popmusik und Entertainment teilgenommen, wie die Veranstalter am Sonntag in Köln mitteilten. Auch die Zahl der Aussteller hatte um fünf Prozent auf 797 abgenommen.
Die Gründe für den Rückgang sehen die Veranstalter in der wirtschaftlich schlechten Verfassung der Musikindustrie. Überwiegend deutsche Unternehmen hatten ihre Mitwirkung abgesagt, sagte die KölnMesse. Mit über 62 Prozent lag der Anteil der ausländischen Aussteller damit höher als je zuvor. Branchenvertreter aus aller Welt hätten die Qualität der Popkomm als Kommunikations- und Businessplattform betont.
Im Rahmen des Popkomm Festivals traten 450 Bands aus 27 Ländern auf. Das Ringfest mit rund zwei Millionen Besuchern bildete den Höhepunkt des Popkomm-Wochenendes.
(Internet: www.popkomm.de)

Udo Lindenberg: «Im Radio nicht nur US-Charts nachspielen»
Hamburg (ddp). Der Rockmusiker Udo Lindenberg sieht Nachholbedarf für deutsche Musiktitel im Radio. Er unterstütze die Anregung von Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin (SPD) nach mehr deutschsprachigen Liedern im Hörfunk, sagte Lindenberg im Interview der Nachrichtenagentur ddp. Eine freiwillige Verpflichtung der Radios diesbezüglich wäre «eine gute Sache». Es gebe «enorm viele gute deutsche Nachwuchskünstler», die keine Chance bekämen, weil viele Radiosender «nur die Charts aus den USA und Großbritannien nachspielen».
«Viele Musikredakteure, die selber lieber mehr deutsche Musik hören wollen, sind da zu Sklaven geworden, weil sie die Top-Forty runterspielen müssen», meinte Lindenberg. Seiner Meinung nach gehört zur Multikulti-Gesellschaft «auch die eigene deutsche Identität». «Die Menschen an den Radios müssen das, was sie hören auch verstehen können», betonte der Rockmusiker. Zwar finde er die Zwangsquoten für einheimische Titel wie es sie in Frankreich und Italien gebe, «schon krass». Aber eine freiwillige Regelung würde vor allem «jungen deutschen Bands, die noch niemand kennt», bessere Chancen eröffnen.
Nida-Rümelin hatte am Freitag auf der Musikmesse Popkomm in Köln eine freiwillige Quote für mehr deutschsprachige Musiktitel im Radio angeregt. Er halte das Programm vieler deutscher Sender für zu einseitig. Die Sender sollten darüber nachdenken, sowohl mehr deutschsprachige Titel als auch andere Musik aus europäischen Ländern zu spielen, betonte der Minister.

Auch Beck will mehr deutsche Musik im Radio
Mainz (ddp-swe). Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) sorgt sich um das deutsche Liedgut. Beck forderte deshalb am Freitag in Mainz, mehr Stücke deutscher Künstler im Radio zu spielen. Dabei gehe es «nicht um Kultur-Chauvinismus», sondern «im Gegenteil, es geht um die Vielfalt des Programmangebots, die mir gefährdet zu sein scheint», sagte Beck, der durch die Fremdsprachen lastigen Musikprogramme nach eigenen Angaben die Karrierechancen deutscher Nachwuchskünstler bedroht sieht.
Die CDU kann die Sorgen des Landesvaters nicht nachvollziehen. Der CDU-Landtagsabgeordnete Gerd Schreiner befürchtete jedenfalls am Freitag in Mainz, die Sonne auf Becks Urlaubsinsel Mallorca habe «ihre Spuren hinterlassen». Anders sei die «wachsweiche Forderung» des Ministerpräsidenten nicht zu erklären. Ohne konstruktive Vorschläge wollten die Christdemokraten aber denn doch nicht ins Wochenende gehen. Beck solle häufiger SWR 4 und RPR 2 einschalten, um die «Sender seiner Generation» zu verfolgen. Der Sozialdemokrat könne sich sicher sein, dass die Sender genau das Programm anböten, dass ihre Hörer auch verfolgen wollten.
Zudem, resümierte Schreiner, gebe es zurzeit dringendere Probleme als die Liedgut-Pflege. «Man kann nur hoffen, der MP hat seinen Sonnenstich bald überstanden», fügte er hinzu.

Kölner Ringfest lockte Millionen an
Köln (ddp). Am Ende ist es tatsächlich das erwartete Festival der Superlative geworden. Mehr als zwei Millionen Besucher kamen am Wochenende in die Kölner Innenstadt, um über 200 Bands umsonst und hautnah zu erleben. Stars wie Paul Carrack, ATC, Bro\'Sis oder «Big Brother»- Veteran Jürgen nutzten die Gelegenheit für das Bad in der Menge. Seit zehn Jahren ist das Ringfest der publikumswirksame Höhepunkt der Musikmesse Popkomm - und hängt auf Gedeih und Verderb mit den Schicksal der Branchenschau zusammen. Über ihre Zukunft wollen die Veranstalter in den nächsten Tagen entscheiden.
400 Kölner Polizisten sorgten vor den zehn Bühnen auf der drei Kilometer langen Festivalmeile für Sicherheit. Angesichts der hochsommerlichen Temperaturen, der Enge und der Fan-Ekstase waren die Sanitäter besonders gefordert. Als besonderer Anziehungspunkt erwies sich eine künstliche Piste mit fünf Tonnen Kunstschnee aus der Skihalle Neuss, auf der Snowboarder ihr Können zeigten.
Fans aus ganz Deutschland lauschten Teeny-Idolen wie Jeanette Biedermann oder den klampfespielenden Abiturientinnen von «Wonderwall». «Das ist ein Traum, ein Traum», jubelte Melissa aus Hannover am Sonntagmittag. Die 14-Jährige war ihren Favoriten von der Boygroup B 3 ganz nah gekommen. Ebenfalls lautstark gefeiert und mit einem wahren Hagel von Kuscheltieren eingedeckt waren die Jungs von «Natural».
Während die weiblichen Ringfestbesucher in Sachen Haarfarbe in diesem Jahr offensiv auf Blond setzten und aus wohl grundsätzlichen Gründen den Nabel belüfteten, verließen sich etliche männliche Ringfestbesucher auf auffallende Kopfmode. Trotz hochsommerlicher Temperaturen wurden mehrere passionierte Strickmützenträger ausgemacht, ein Trend, der von dem neuen deutschen Mädchenschwarm Ben und Latino-Star Enrique Iglesias ausgelöst wurde. «So eine Mütze betont ein hübsches Gesicht», fand jedenfalls Ringfestbesucherin Carla, während ihrem bestrickten Begleiter LeRoy zunehmend die Atemluft knapp wurde.
Die Begeisterung der Anwohner hielt sich angesichts des Gedränges und unüberhörbaren musikalischen Untermalung in Grenzen. «Wir merken sofort am Hauseingang, wenn die nächsten Ringfest-Toiletten zu weit entfernt aufgestellt wurden», meinte ein Frau lakonisch. Die Unmengen von Flyern, zerbrochenen Gläsern und Getränkedosen schienen das geringere Übel zu sein. Prompt bedankten die Veranstalter artig für die Toleranz in zehn Jahren Ringfest.
Dort gedachte man auch an die Opfer der Hochwasserkatastrophe. Regelmäßig wurde in leeren Wassereimern Bargeld von den Besuchern gesammelt. Die Spenden sollen Musik- und Jugendeinrichtungen in dem von den Fluten schwer getroffenen Dresden zugute kommen, teilten die Veranstalter mit.
Trotz des Erfolges des Ringfestes blickten sie am Wochenende besorgt auf die Kölner Messehallen, in denen nach dem Ende der Musikmesse Popkomm das große Aufräumen angefangen hat. Die Auswirkungen einer seit Jahren andauernden Branchenkrise der Musikindustrie hatten der Fachmesse einen Besuchereinbruch von 14 Prozent eingebracht. Bereits im vergangenen Jahr gab es Bestrebungen aus Ausstellerkreisen, die Messe nach Berlin zu verlegen, nicht zuletzt auch aus Kostengründen. Das würde wohl auch das Aus für das Ringfest bedeuten.
Markus Peters
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