Am 7. und 8. November findet die Berliner „Klangwerkstatt - Festval für Neue Musik“ zum zwanzigsten Mal statt und ist somit das älteste durchgängig existierende Festival für Neue Musik in Berlin und sogar eines der ältesten in Europa. Aus diesem besonderen Anlass wird es Experimente mit der Form und natürlich einen Rückblick geben.
Durch das Programm am Samstag wird der Schlagzeuger Matthias Engler immer wieder kurze Solokonzerte geben. Nach dem gleichen girlandenhaften Prinzip ist am Sonntag die Geigerin Susanne Zapf zwischen den Konzerten zu hören. Beide verlängern, unterbrechen und bereichern das Gesamtprogramm durch ihre Solo-Kurzkonzerte mit Stücken von Alvin, Ernst Albrecht Stiebler, John Cage, Cathy van Eyck, Stefan Streich und Walter Zimmermann.
Es ist gelungen, alle bisherigen Leiter der Klangwerkstatt seit der Gründung für kurze Auftritte zu gewinnen. Jeder von Ihnen erzählt eine Geschichte, die ihm in Erinnerung geblieben ist und wählt ein Auftragswerk der Klangwerkstatt aus den vergangenen Jahren aus, das mit seiner Geschichte in Verbindung steht.
Die Solokonzerte, die Anekdoten und auch einzelne Programm-punkte innerhalb der Konzertprogramme sind Unterbrechungen, die im Gesamtablauf sowohl kommentierende, als auch ergänzende Funktion haben. Die Reihung fester Konzertblöcke wird durch Unterbrechungen und sanfte Übergänge in Frage gestellt.
Geschichte der Klangwerkstatt
Das Festival wurde 1989 von Peter Ablinger und Freunden unter dem Namen „Klangwerkstatt-Neue Musik in Kreuzberg“ gegründet. Ausgerichtet von der Musikschule Kreuzberg verstand sie sich zunächst als Plattform für die Aktivitäten der Musikschule im Bereich der Neuen Musik. Die zunehmende Zahl der an der Schule unterrichtenden spezialisierten Interpreten und Komponisten präsentierten eigene Werke und mit Schülergruppen erarbeitete Kompositionen.
Im Laufe der Jahre entstand durch die regelmäßige Zusammenarbeit mit vielen Berliner Komponisten, Ensembles und Institutionen ein Festival, das sich besonders um die Vermittlung Neuer Musik im Jugendbereich bemüht.
So hat die Klangwerkstatt in den letzten zwanzig Jahren einige Wandlungen erlebt. Die künstlerisch Verantwortlichen haben genauso gewechselt, wie die beteiligten Musiker und Ensembles.
Es gibt aber auch Konstanten über diese lange Zeit, wie die hohe Qualität der Kompositionen und ihre Realisation, die Konzentration auf Berliner Künstler und die ungezwungene Atmosphäre. Auch die beiden Schwerpunkte sind geblieben, die zur Klangwerkstatt gehören: nur aktuelle Kompositionen, möglichst viele Uraufführungen und die Förderung von jungen und „Neuberliner“ Künstlern.
Die Klangwerkstatt wird 20. Leider musste das Festival ausgerechnet in diesem Jubiläumsjahr extreme finanzielle Einschnitte der öffentlichen Förderungen hinnehmen. Um so erfreulicher ist es, dass es trotzdem gelungen ist, das Festival in fast unverminderter inhaltlicher und formaler Größe u.a. mit 14 Uraufführungen zu planen. Weit über 50 direkt beteiligte Musiker in fünf professionellen und ebenso vielen Jugendensembles, sowie zahlreiche Komponisten und die Organisatoren haben dieses Jubiläumsprogramm mit ihrem Idealismus und ihrem Engagement möglich gemacht.
Nachdem in den vergangenen Jahren ein Teil des Festivals im “Studio 1“ des Künstlerhauses Bethanien stattgefunden hatte, wird in diesem Jahr die gesamte „Klangwerkstatt“ dort ausgerichtet werden.
Programm der Klangwerkstatt 2009
Das Festival wird eröffnet am Sonnabend den 7.11. um 16.00 Uhr mit dem gemeinsamen Konzert der beiden Jugendensembles der Musikschule Kreuzberg „multiphon“ und „Progress“ unter der Leitung von Sylvia Hinz. Zu hören sein werden hier musikalisch-performative Werke von Alcides Lanza und Joke Kegel, sowie Uraufführungswerke von Matthias Kaul, David Lesser und Antonis Anissegos. Im Anschluss an dieses Konzert spielt das Ensemble „Teenmusik“ unter der Leitung von Helmut Zapf.
Der Abend beginnt an diesem Tag um 19.00 Uhr mit zwei Werken von Martin Grütter und Sarah Nemtsov für Sopran, Ensemble und Elektronik, die durch ihre epische Anlage eine hybride Stellung zwischen konzertantem Lied und musiktheatraler Inszenierung einnehmen.
Um 20.30 Uhr wird das renommierte Berliner“ensemble mosaik“u.a. mit zwei Uraufführungen zu erleben sein. Zum einen werden sie ein neues Werk von Wolfgang Heiniger für Instrumente und sieben selbstspielende Trommeln realisieren. Zum anderen „Fremdarbeit“ von Johannes Keidler, das in seiner innersten Struktur mit der Globalisierung in all seiner Fragwürdigkeit ernst macht, in dem es sich die Arbeit eines chinesischen Auftragskomponisten für Gebrauchsmusik und eines indischen Computerprogrammierers zunutze macht und sich selbst plagiiert.
Der zweite Festivaltag am Sonntag den 8.11. beginnt um 16.00 Uhr mit der Uraufführung einer neuen Arbeit von Juliane Klein. Die musiktheatererfahrene Komponistin wird im Vorfeld ein raumbezogenes Stück für 12 Akkordeonschüler unter der Leitung von Nancy Laufer entwickeln.
Um 17.00 Uhr empfängt die Klangwerkstatt erstmals das Jugendorchester der Musikschule Marzahn unter der Leitung von Jobst Liebrecht als Gast. Neben Werken von Francesco Filidei und Bernd Redmann soll vor dem Haus die „Symphonie 3.0.“ für 6 Autohupen von Moritz Eggert aufgeführt werden. Höhepunkt dieses Konzerts ist mit Sicherheit die Realisation einer orchestralen Version des Minimalklassikers „In C“ von Terry Riley.
Im Anschluss daran spielt das „Ensemble XelmYa“ Uraufführungen von Werken für Blockflöte, Violine und Violoncello von Makiko Nishikaze, Armando Torres und Jieun Jun. Weitere Stücke für diese seltene und spannende Besetzung von Violeta Dinescu und Miguel Farias Vasquez komplettieren das Programm.
Um 19.00 Uhr gibt es die Uraufführung eines Trios von Helmut Oehring, interpretiert von Susanne Stock (Akkordeon), Daniel Göritz (E-Gitarre) und Matthias Bauer (Kontrabass). Im Anschluss sind die Musiker zusammen mit dem finnischen Akkordeonisten Timo Kinnunen in amüsanten Improvisationen über ein bulgarisches Volkslied, über Tango und über Musik von Purcell zu erleben.
Den Abschluss des Festivals bildet ein Konzert des Ensembles „Junge Musik“ unter der Leitung von Helmut Zapf. Im Mittelpunkt stehen hier die Uraufführungen von Ensemblestücken von Michael Hirsch, Matthias Bauer und Lefteris Veniadis, sowie die Berliner Erstaufführung eines Werkes von Peter Köszeghy.