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Berlin: Peymann bietet Frankfurter Schauspieler «Asyl» in Berlin +++ Berlin: Künstler und Theaterfreunde protestieren gegen Abriss der Kudamm-Bühnen
Berlin: Peymann bietet Frankfurter Schauspieler «Asyl» in Berlin
Berlin (ddp). Das Berliner Ensemble (BE) bietet dem vom Frankfurter Schauspielhaus nach einem Angriff auf einen Kritiker entlassenen Schauspieler Thomas Lawinky «theatralisches Asyl» an. «Im Gegensatz zu Frankfurt sind im Berliner Ensemble die Haupttugenden des Theaters ausdrücklich erwünscht: Fantasie und Improvisation, Frechheit und Toleranz, Selbstironie, Sex, Geschmacklosigkeit, Subversion, Blasphemie und so weiter bis ans Tor der Hölle», sagte der Intendant des BE, Claus Peymann, am Montag in Berlin. Lawinky könne als festes Mitglied ins BE eintreten.
Wenn der «selbstherrliche Theaterverletzer» und «Theaterkaputtschreiber» Gerhard Stadelmaier wegen eines Engagements von Lawinky künftig auf die Besuche im BE verzichten würde, so werde das BE dies verkraften, betonte Peymann. «Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt darin um», fügte er hinzu.
Lawinky hatte den Kritiker der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» während einer Premieren-Vorstellung in der vergangenen Woche attackiert und ihm den Notizblock entrissen. Stadelmaier sagte dazu, er empfinde diesen Vorfall als «Angriff auf die Pressefreiheit». Wenn man ihm einen toten Schwan auf den Schoß knalle und seinen Notizblock entreiße, nehme man ihm nicht nur das Handwerkszeug, sondern man «macht es mir unmöglich, über den Abend zu schreiben», sagte Stadelmeier der «Süddeutschen Zeitung». Es handele sich um eine Ausschaltung von Kritik, denn der Schauspieler habe ihm seine Unbefangenheit genommen.
Der Kritiker betonte, je länger er darüber nachdenke, desto fassungsloser sei er. «Als ich das Theater verließ, rief mir der Schauspieler nach: \'Hau\' ab du Arsch, verpiss dich\'». Er sei beleidigt und in seiner bürgerlichen Ehre gekränkt worden.
Peymanns Pressemitteilung aus dem Berliner Ensemble im Wortlaut:
"Claus Peymann, Intendant des Berliner Ensembles, bietet dem von der Frankfurter Theaterleitung fristlos entlassenen Schauspieler Thomas Lawinky an, als festes Mitglied ins Berliner Ensemble einzutreten. Er gewährt gewissermaßen theatralisches Asyl.
Im Gegensatz zu Frankfurt sind im Berliner Ensemble die Haupttugenden des Theaters ausdrücklich erwünscht: Phantasie und Improvisation, Frechheit und Toleranz, Selbstironie, Sex, Geschmacklosigkeit, Subversion, Unsittlichkeit, Irrsinn und Gelächter, Obszönität, Blasphemie, Ironie, Publikums-, Kritiker- und Selbstbeschimpfung und so weiter und so fort bis ans Tor der Hölle.
So praktiziert von Aristophanes bis Shakespeare, von Goldoni bis Thomas Bernhard, Elfriede Jelinek und Peter Handke.
Deshalb wahrscheinlich in Zukunft auf die Besuche des selbstherrlichen Theaterverletzers (gibt\'s das eigentlich, "geistige Körperverletzung"?!) und Theaterkaputtschreibers Stadelmaier verzichten zu müssen, wird das BE auch noch verkraften können.
Merke Stadelmaier: "Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt darin um".
Schande über die Frankfurter Intendantin Elisabeth Schweeger und ihren willfährigen Kniefall vor der Frau Oberbürgermeister.
Claus Peymann, BE - Theater am Schiffbauerdamm"
[ Mo, den 20.02.2006 ]
Berlin: Künstler und Theaterfreunde protestieren gegen Abriss der Kudamm-Bühnen
Berlin (ddp-bln). Mit einem lilafarbenen Holzsarg haben am Montag nach Polizeiangaben rund 500 Menschen gegen den drohenden Tod der Kudamm-Bühnen protestiert. Mit Sprüchen wie «Theatertod - Kudammtod - Berlintod» und «Keine Tragödie für Komödie!» zogen mehrere hundert Menschen von der Staatsoper am Bebelplatz über den Potsdamer Platz zu den Bühnen am Kurfürstendamm. Pfeifkonzerte erklangen, wenn auf der sechs Kilometer langen Route Filialen der Deutschen Bank passiert wurden.
Unter den Demonstranten waren zahlreiche Prominente wie die Schauspieler Edith Hancke, Hans-Jürgen Schatz, Dirk Bach, Ilja Richter und Wolfgang Völz. Auch der Spitzenkandidat der Berliner CDU, Friedbert Pflüger, marschierte mit, um seine Solidarität mit den Bühnen zu zeigen. Wie viele andere trug er einen weißen Button mit der Aufschrift «Ich bin für Berlin. Rettet die Kudamm-Bühnen.» Wie Parlamentspräsident Walter Momper forderte auch Pflüger erneut, die Bühnen unter Denkmalschutz zu stellen. Er selbst habe kürzlich das Stück «Männerhort» im Theater am Kudamm gesehen und die Begeisterung der Zuschauer erlebt.
Bei der anschließenden Kundgebung vor den beiden Theatern appellierte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) an beide Seiten, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Es müsse ein Kompromiss gefunden werden. Schließlich gehe es um die Kultur in ganz Berlin. Allerdings könne er sich nicht vorstellen, dass an dieser Stelle zwei Theater bestehen bleiben. Dafür wurde das Stadtoberhaupt von den Demonstranten ausgebuht.
Initiator des Protestmarsches ist der Berliner Theaterclub. Auch der Landesverband des Deutschen Bühnenvereins, dem über 20 Berliner Theater angehören, hatte sich dem Aufruf angeschlossen. Ein Tochterunternehmen der Deutschen Bank hatte den Boulevard-Theatern wegen geplanter Umbauten im Kudamm-Karree zum Jahresende gekündigt.
s. auch:
http://www.nmz.de/kiz/modules.php?op=modload&name=News&file=article&sid…