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Berlin: Löffler kritisiert Buchpreis-Jury als nicht "funktionstüchtig» +++ Frankfurt: Buchmesse legt Schwerpunkt auf politische Themen +++ Lübeck: Umgebautes Günter Grass-Haus eröffnet
Berlin: Löffler kritisiert Buchpreis-Jury als nicht "funktionstüchtig»
Berlin (ddp). Die Literaturkritikerin Sigrid Löffler hat Zweifel an der Objektivität der Jury des Deutschen Buchpreises. «Autoren sind geradezu klassisch befangen und sollten überhaupt nicht als Juroren über die Werke von Kollegen, also Konkurrenten, befinden», sagte die 65-Jährige der Zeitschrift «Vanity Fair». «Man sollte das Jurieren den Literaturkritikern überlassen.» Die Jury des Deutschen Buchpreises, der am 8. Oktober verliehen wird, setzt sich aus zwei Schriftstellern, einem Buchhändler und vier Kritikern zusammen.
Löffler kritisierte auch, dass der Büchner-Preisträger Martin Mosebach auf der Liste der Kandidaten für den Deutschen Buchpreis stehe. «In meiner Sicht schließen sich Büchner-Preis und Buchpreis gleichzeitig aus. Ein weiterer Beleg für eine weder funktionstüchtige noch urteilssichere Jury.»
Frankfurt: Buchmesse legt Schwerpunkt auf politische Themen
Berlin (ddp). Die Frankfurter Buchmesse will in diesem Jahr noch stärker Plattform für politische Diskussionen sein. Nachdem die Messe einige Jahre lang eher als eine «Eventmesse» wahrgenommen worden sei, stünden nun außergewöhnlich viele Veranstaltungen zu politischen und kulturpolitischen Themen auf dem Programm, sagte der Direktor der Frankfurter Buchmesse, Juergen Boos, am Mittwoch in Berlin.
Bücher seien nicht nur eine Wirtschaftsware, sondern auch ein kulturelles und politisches Gut. Die Buchmesse könne insofern «etwas bewegen», auch wenn es nur «Mosaiksteine» seien. So könnten Bücher zumindest Diskussionen anregen.
Politische Themen der diesjährigen Buchmesse sind zum Beispiel Bildung und Alphabetisierung, Zensur und Meinungsfreiheit und der Dialog der Kulturen statt Ausgrenzung.
So gibt es bereits am 6. und 7. Oktober das internationale Symposium «Für ein offenes Europa». Aus Anlass des ersten Jahrestages der Ermordung der russischen Journalistin Anna Politkowskaja wird dabei auch diskutiert, inwieweit Autoren politische Verantwortung tragen.
Boos sagte weiter, wegen der hohen Analphabetenrate in vielen Ländern sei auch Bildung ein wichtiges gesellschaftspolitisches Thema. Auf der Buchmesse gibt es dazu am 9. Oktober den internationalen Alphabetisierungskongress der Frankfurt Book Fair Literacy Campaign (LitCam), bei dem sich Alphabetisierungsprojekte aus Uganda, Ägypten, Frankreich und Spanien vorstellen.
Im Internationalen Zentrum, einem Gemeinschaftsprojekt der Frankfurter Buchmesse und des Auswärtigen Amts, stehen Begegnungen mit verfolgten Autoren auf dem Programm. Am letzen Messetag am 14. Oktober geht es bei der Veranstaltung «Gott ist mit den Kreativen" um junge Muslime und die Künste in Deutschland. Das Forum Dialog widmet sich unter anderem der Literatur und dem Verlagswesen in der Türkei, China, Kuba und dem Iran, wo die Zensur ein Problem darstellt. Die Frankfurter Buchmesse findet vom 10. bis 14. Oktober statt.
Lübeck: Umgebautes Günter Grass-Haus eröffnet
Lübeck (ddp). Zu seinem 80. Geburtstag bekommt der Schriftsteller und Literaturnobelpreisträger Günter Grass ein besonderes Geschenk: Am Donnerstag wird in Lübeck der architektonisch umgestaltete und erweiterte Bau des Günter Grass-Hauses eröffnet. Am Abend findet dazu eine Feier im Beisein des Autos und Künstlers in der Katharinenkirche statt. Begleitet wird die Eröffnung durch eine Lesung aus Grass-Werken der 50er Jahre.
Am Mittwoch präsentierten Vertreter der Kulturstiftung Hansestadt Lübeck und der Lübecker Museen das neu gestaltete Grass-Haus den Medien. Mit einer Sonderausstellung über den «frühen Grass» und einer neuen Dauerausstellung über das Lebenswerk des Schriftstellers und bildenden Künstlers Grass wird damit zugleich die Reihe der Veranstaltungen zum 80. Geburtstags des prominenten Einwohners der Stadt am 16. Oktober eröffnet.
Ein «Blick in die 50er Jahre», in die Zeit der «Gruppe 47», der auch Heinrich Böll als zweiter deutscher Literaturnobelpreisträger angehörte, soll die Besucher der Sonderausstellung noch einmal in die deutsche Nachkriegsära führen. Damals begannen Schriftsteller von Rang und Namen damit, die NS-Zeit literarisch und mit politischem Engagement aufzuarbeiten. Den Besuchern wird sich in dieser Sonderausstellung ein in Teilen unbekannter Günter Grass erschließen, der seine Aufarbeitung der Diktaturjahre vor allem mithilfe der Lyrik bewältigte, bevor er zum Romancier wurde.
Die neue Dauerausstellung gibt erstmals einen umfassenden Einblick in das Gesamtwerk auch des Künstlers Günter Grass. Schon sehr früh hatte er damit begonnen, mit eigenwilligen Illustrationen dem geschriebenen Wort bildkünstlerische Komponenten hinzuzufügen. Motive wie Fische, Schnecken, Köche und Nonnen nehmen einen breiten Raum seines malerischen und bildnerischen Schaffens ein. Ebenfalls erstmals zu sehen sein werden Manuskripte, Aquarelle und Radierungen zu seinen Hauptwerken wie der «Blechtrommel». Einmalig ist in der neuen Ausstellung auch die Reihe der Selbstporträts von Grass.
Der erweiterte Garten des Grass-Hauses soll künftig mehr Raum für Skulpturen bedeutender und junger Künstler bieten. Aber auch Grass\' «Butt» hat dort seinen Platz gefunden. Die Bildhauerei hatte schließlich am Anfang seines beruflichen Lebens gestanden: Nachdem der 1927 in Danzig geborene junge Grass zunächst eine Ausbildung als Steinmetz absolviert hatte, begann er Bildhauerei und Grafik zu studieren.
Das Grass-Haus ist montags bis sonntags von 10.00 bis 17.00 Uhr geöffnet.
Elke Kratzsch