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Dresden: Staatsschauspiel sagt für Dienstag geplante Aufführung ab +++ Potsdam: «Die Satanischen Verse» von Salman Rushdie werden am Hans Otto Theater uraufgeführt +++
Dresden: Staatsschauspiel sagt für Dienstag geplante Aufführung ab
Dresden (ddp-lsc). Das Staatsschauspiel Dresden hat die für Dienstag (25. März) angekündigte Aufführung des Theaterstückes «Die Ermittlung» von Peter Weiss im Residenzschloss kurzfristig abgesagt. Der Sprecher des Staatsschauspiels sprach am Donnerstag in Dresden von besetzungstechnischen Gründen. Die Aufführung von Gesängen des Oratoriums sollte anlässlich der aktuellen Ausstellung «Lichtflecke - Frau sein im Holocaust» vorgetragen werden. Sie solle zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Einen konkreten Termin konnte der Sprecher noch nicht nennen.
«Lichtflecke - Frau sein im Holocaust» ist eine Multimedia-Ausstellung, die sich dem Verhalten von jüdischen Frauen im Holocaust widmet. Sie ist seit 10. März im Residenzschloss zu sehen. Die Schau ist eine der umfangreichsten Wanderausstellungen der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und ist noch bis 4. Mai in Dresden zu sehen.
Potsdam: «Die Satanischen Verse» von Salman Rushdie werden am Hans Otto Theater uraufgeführt
Potsdam (ddp). In der öffentlichen Diskussion um die «Satanischen Verse» des indisch-britischen Schriftstellers Salman Rushdie stört den Theaterregisseur Uwe Eric Laufenberg eines: «Das Buch wird verflucht, verteufelt und verurteilt, ohne dass man es genau kennt», sagt Laufenberg im Interview mit der Nachrichtenagentur ddp.
Tatsächlich ist das Werk vor allem wegen der Morddrohungen radikaler Islamisten gegen Rushdie berühmt, der deswegen jahrelang untertauchen musste. Um den Inhalt des Romans in den Vordergrund zu rücken, bringt Intendant Laufenberg «Die Satanischen Verse» erstmals im Theater auf die Bühne. Das Stück feiert am 30. März seine Uraufführung im Hans Otto Theater Potsdam.
In «Die Satanischen Verse» fallen zwei Inder, der Schauspieler Gibril und der Stimmenimitator Saladin, nach der Explosion eines Flugzeuges über London vom Himmel. Gibril wandelt sich nach dem Absturz zum Engel, Saladin zum Satan. Am Beispiel von Gibril und Saladin philosophiert Rushdie über Religion und Mystik, die westliche Welt und den Islam, Glaube und Zweifel, Macht und Geld, Realismus und Utopie, Liebe und Tod. Er begleitet seine Protagonisten durch die moderne sowie durch die archaische Welt. In die Erzählung über Gibril und Saladin eingebettet ist die Geschichte des islamischen Propheten Mohammed, der im Roman Mahound heißt.
Mit seiner Darstellung des Mohammed handelte sich Rushdie den Zorn der Muslime ein. 1989 belegte ihn der iranische Staatschef und Religionsgelehrte Ayatollah Khomeini mit einer Fatwa. Damit wurden Muslime auf aller Welt zur Tötung des Schriftstellers aufgefordert. Auch Verlage wurden bedroht und Übersetzer ermordet. Der heute 60-Jährige, der zur Symbolfigur des «Kampfes der Kulturen» wurde, lebte mehrere Jahre unter Polizeischutz und an ständig wechselnden Wohnorten. In Indien und islamischen Ländern wurden «Die Satanischen Verse» verboten. In Deutschland wurde die Übersetzung von einem eigens gegründeten Kollektivverlag herausgegeben.
Die Leitung des Hans Otto Theaters und die Potsdamer Polizei haben über mögliche
Gefährdungen miteinander gesprochen. Laufenberg betont jedoch, Sicherheitsbedenken hätten weder er noch sein Schauspielteam. «Ich denke, dass wir uns in einer freien Gesellschaft bewegen, die uns notfalls schützen würde», sagt er. Und falls ihm Kritiker vorwerfen, er provoziere Gewalt und habe sich doch auch ein anderes Stück aussuchen können, hat er schon eine Antwort aus den «Satanischen Versen» selbst parat: «Die Aufgabe des Künstlers ist, dass Unnennbare zu benennen, Betrug aufzudecken, Stellung zu beziehen, Auseinandersetzungen in Gang zu bringen, die Welt zu gestalten und sie am Einschlafen zu hindern.»
Die 720 Seiten dicken «Satanischen Verse» sind übrigens keine leichte literarische Kost und es darf als Kunststück gelten, den Roman beim ersten Lesen vollends zu verstehen. Laufenberg, der sich ziemlich genau an die Romanvorlage hält, ist jedoch überzeugt, seinem Publikum nicht zu viel zuzumuten. «Das Buch wird gerade in der Anschauung, wenn es von Schauspielern in konkreten Situationen gespielt wird, sehr viel deutlicher als beim Lesen», sagt er. «Man kann also mit weniger Anstrengung im Theater ein Buch kennenlernen, das weltberühmt ist und das nur wenige kennen.»
Nach der Premiere am 30. März werden «Die Satanischen Verse» noch an folgenden Tagen gezeigt: 2. April, 8. April, 12. April, 23. April, 8. Mai, 15. Mai und 23. Mai.
Nadine Emmerich