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25.11.: wettbewerbe und preise aktuell +++ wettbewerbe und preise

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Christina Weiss überreicht Fried-Preis an Oskar Pastior +++ 16-jährige gewann Thibaud-Violinwettbewerb +++ Ben Witter Preis für Wladimir Kaminer +++ Anna Seghers-Preis 2002 verliehen


Christina Weiss überreicht Fried-Preis an Oskar Pastior
orf - Der 75-jährige rumänisch-deutsche Lyriker Oskar Pastior wurde Sonntag Mittag im project space der Kunsthalle Wien mit dem Erich Fried Preis 2002 geehrt. Die Laudatio hielt die alleinige Jurorin des Preises, Christina Weiss, seit wenigen Wochen deutsche Staatsministerin für Kultur und Medien. Österreichs Kunststaatssekretär Franz Morak (V) überreichte die seit 1990 vergebene Auszeichnung, Pastior bedankte sich mit einer Lesung.
Der erste Fried Preis-Träger und aktuelle Träger des Österreichischen Staatspreises für Europäische Literatur, Christoph Hein, rundete mit einem "Erich Fried gibt eine Wahlempfehlung" betitelten zweiteiligen Vortrag den Festakt ab.
Christina Weiss begann ihre Würdigung mit einem kleinen Verweis auf den Wahlsonntag und versicherte Staatssekretär Morak, sie würde ihm die Daumen drücken.
"Oskar Pastior bewegt sich an der Norm entlang gegen die Norm", meinte Weiss und verwies auf die Form, die für Pastior Inspiration bedeute und den Herstellungsprozess erst ermögliche. Anagramme und Palindrome, Sonette und Vokalisen verwende er nie als Selbstzweck, sondern immer für kritische Betrachtungen: "Seine Sprachkritik ist Existenzkritik ist Selbstzweifel." Und: "Für Oskar Pastior steht nichts wirklich fest, am wenigsten die Form selbst."
Er pflege "durchaus erotische Beziehungen zum Wort, zum Text", sei dabei aber strikt monogam, er bewege sich gerne "in den Tropen", jedoch nicht in den klimatischen, sondern in den sprachlichen, "im Dunstkreis undurchsichtiger Metaphern." Es sei offensichtlich, dass für Pastior gelte: "Ich bin, was ich schreibe." "Der Leser verliert immer wieder den Sinnboden unter seinen Verstandesfüßen. Aber Pastiors Texte lassen dem abstürzenden Leser sogleich wieder Flügel wachsen."
Staatssekretär Franz Morak verwies darauf, dass nach wie vor "ein Interesse, besser: ein Bedürfnis nach Lyrik" vorhanden sei, dass "dichterischer Eigensinn und Individualität" gefragt wären. "Oskar Pastiors Werk ist unbrauchbar für Ideologien und Dogmen - mit ihm ist kein Staat zu machen". Oskar Pastior bedankte sich mit einer Lesung für den Preis, "über den ich mich zentripetal gefreut habe."
Der aus in Hermannstadt in Siebenbürgen stammende und seit 1969 in Berlin lebende Dichter Oskar Pastior hat als Sprachklang-Virtuose und Wort-Akrobat einen Kultstatus in der Lyrikszene. Als "lingualer Neutöner" und "Großmeister des Wortgebrauchs" verschaffte dem Lautgedicht eine neue Beliebtheit im deutschen Sprachraum. Bekannt wurde der eigenwillige Autor, der auch als Petrarca-Übersetzer Anerkennung fand, vor allem durch seine vom Dadaismus geprägte experimentelle Lyrik und Prosa, seine "Lautmalereien".
Der von der Republik Österreich gestiftete und mit 14.500 Euro dotierte Erich Fried Preis wird seit 1990 im Gedenken an den Lyriker, Erzähler und Übersetzer Erich Fried (1921-1988) von der Internationalen Erich Fried Gesellschaft für Sprache und Literatur vergeben. Die Wahl des Preisträgers erfolgt durch einen Juror, den ein Kuratorium jedes Jahr neu bestimmt. Bisher erhielten die Auszeichnung unter anderem Christoph Hein, Bodo Hell, Robert Schindel, Paul Nizon, Gert Jonke, Bert Papenfuß, Elfriede Gerstl und, im Vorjahr, Otto A. Böhmer.

16-jährige gewann Thibaud-Violinwettbewerb
orf - Die 16-jährige Japanerin Akiko Yamada hat beim Pariser Long-Thibaud-Violinwettbewerb den mit 30.500 Euro dotierten Grand Prix gewonnen. Der zweite Preis (15.200 Euro) geht an den 21-jährigen Ukrainer Andrej Bielow, den dritten Preis (6.100 Euro) erhielt die Japanerin Kyoko Yonemoto. An dem renommierten Musikerwettbewerb der Fondation Marguerite Long-Jacques Thibaud nahmen insgesamt 136 Violinisten aus 28 Ländern in Europa, Asien und Amerika teil. Der Galaabend der Sieger findet morgen, Montag, im "Theatre du Chatelet" statt.
Im nächsten Jahr feiert der Wettbewerb seinen 60. Jahrestag mit einer Reihe von Konzerten in Paris sowie in Nimes, der Geburtsstadt der Pianistin Marguerite Long, und in Bordeaux, der Geburtsstadt des Violinisten Jacques Thibaud. Den Juryvorsitz führte dieses Jahr der italienische Geiger Salvatore Accardo. Der 1943 gegründete Musikerpreis ist heuer mit insgesamt 64.791 Euro dotiert, während es bei der letzten Ausgabe noch 41.924 Euro gewesen waren.

Ben Witter Preis für Wladimir Kaminer
Hamburg (ddp). Der Ben Witter Preis 2002 geht an den Moskauer Schriftsteller Wladimir Kaminer («Russendisko», «Militärmusik»). Kaminer, der seit 1990 in Berlin lebt, werde «für seinen genauen Blick auf Befindlichkeiten in diesem Lande, auf Deutsches und Allzudeutsches» geehrt, teilte die Wochenzeitung «Die Zeit» am Montag in Hamburg mit. Der Ben Witter Preis ist mit 15.500 Euro dotiert. Die Preisverleihung findet am 29. November in Hamburg statt. Die Laudatio hält der Publizist Willi Winkler.

Anna Seghers-Preis 2002 verliehen
Berlin (ddp-bln). Der Anna Seghers-Preis 2002 ist am Sonntag in Berlin verliehen worden. Die mit 25 000 Euro dotierte Auszeichnung ging zu gleichen Teilen an Rafael Gumucío aus Chile und Lutz Seiler aus dem brandenburgischen Wilhelmshorst. Die Ehrung der Anna-Seghers-Stiftung dient der Förderung deutschsprachiger und lateinamerikanischer Autoren, deren Werk «in der gesellschaftskritischen Nachfolge» von Seghers steht.
Juroren waren in diesem Jahr der Schriftsteller, Film- und Theaterregisseur und Botschafter Chiles in Deutschland, Antonio Skármeta, sowie der Chefredakteur der Zeitschrift «Sinn und Form», Sebastian Kleinschmidt. Skármeta bezeichnete Gumucío in seiner Begründung als einen der «brillantesten jungen Schriftsteller Lateinamerikas». Kleinschmidt betonte, der Lyriker Seiler habe «außergewöhnlichen poetischen Bildsinn und hohe musikalische Sprachkraft» bewiesen.