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Kulturstaatsministerin Weiss übergibt Kinopreise in Münster +++ Europäischer Dokumentarfilmpreis für «Sein und Haben» +++ Handke-Porträt in Paris uraufgeführt +++ Große Riefenstahl-Ausstellung in Bonn
Kulturstaatsministerin Weiss übergibt Kinopreise in MünsterMünster (ddp-nrw). Kulturstaatsministerin Christina Weiss hat am Mittwochabend in Münster die Arbeit von 130 Filmtheatern mit Geldprämien in Höhe von knapp 1,2 Millionen Euro ausgezeichnet. Nach Angaben des Bundespresseamtes erhielt das Hamburger Filmtheater «Zeise-Kinos» für sein herausragendes Programm den mit 20 000 Euro dotierten Kinoprogrammpreis 2002. Aus Nordrhein-Westfalen wurde unter anderem das «Schoßtheater» in Münster mit 15 000 Euro gewürdigt.
Für die Verbreitung künstlerisch herausragender Filme wurden zudem die Movienet Film GmbH und die Prokino Filmverleih GmbH (beide München) sowie Piffl Medien (Berlin) mit dem diesjährigen Verleiherpreis geehrt. Die damit verbundene Prämie von je 100 000 Euro sollen die Unternehmen für den Verleih deutscher und europäischer Filme nutzen.
Die seit 1979 jährlich vergebenen Preise sollen zur Erhaltung einer kulturell anspruchsvollen Film- und Kinolandschaft in Deutschland beitragen, wie es hieß. Die Ehrung fand zum zweiten Mal am Sitz des letztjährigen Spitzenpreisträgers, dem Filmtheater «Cinema & Kurbelkiste» in Münster, statt. Damit soll nach Angaben der Veranstalter der Bezug der Kinoprogramm- und Verleiherpreise zum Kino noch stärker hervorgehoben werden.
(Internet: www.filmfoerderung-bkm.de)
Europäischer Dokumentarfilmpreis für «Sein und Haben»
Berlin (ddp). Der Europäische Dokumentarfilmpreis - Prix Arte geht in diesem Jahr an den französischen Streifen «Sein und Haben». Der Preis wird am 7. Dezember bei der Gala des 15. Europäischen Filmpreises in Rom übergeben, wie die European Film Academy am Mittwoch in Berlin mitteilte. Regisseur Nicolas Philibert erzählt in seinem Film die Geschichte einer Zwergschule im Herzen der Auvergne, in der Kinder vom Kindergartenalter bis zum Ende der 5. Klasse seit 20 Jahren von nur einem Lehrer unterrichtet werden. Die gemeinsame Auszeichnung des deutsch-französischen Kulturkanals Arte und der Film Academy wird zum 10. Mal verliehen.
Mit mehr als 1,3 Millionen Besuchern allein in Frankreich sei «Sein und Haben» (Deutscher Kinostart: 16. Januar 2003) einer der erfolgreichsten französischen Dokumentarfilme aller Zeiten. In der Begründung der Jury heißt es, Philibert habe es verstanden, «seine Botschaft auf ganz traditionelle Art und mit klassischen filmischen Mitteln zu vermitteln». Der Film handle nicht nur von der Schule, ihrer Entwicklung oder einem verlorenen Paradies, sondern er beschreibe mit viel Geduld das pädagogische Verhältnis zwischen einem Lehrer und seinen Schülern.
Für den Dokumentarfilmpreis waren in diesem Jahr neun Filme nominiert, darunter «Im Toten Winkel - Hitlers Sekretärin» von André Heller und Othmar Schmiderer sowie «Nomaden der Lüfte - Das Geheimnis der Zugvögel» von Jacques Perrin, Jacques Cluzaud und Michel Debats.
Handke-Porträt in Paris uraufgeführt
orf - Peter Handke in Paris, in Griffen-Altenmarkt, Graz und Belgrad. Wichtige Etappen im Leben des österreichischen Schriftstellers, die der Dokumentarfilm "Peter Handke. Der schwermütige Spieler" von Peter Hamm zeigt. Das mehr als einstündige Filmporträt wurde am Dienstagabend im Pariser Goethe Institut uraufgeführt - in Anwesenheit des Filmemachers, der bereits TV- Dokumentationen über Ingeborg Bachmann, Robert Walser und Fernando Pessoa drehte. Auch der Handke-Übersetzer Georges-Arthur Goldschmidt war dabei, nicht jedoch der Schriftsteller selbst. Der ORF2 sendet die 60\'-Fassung dieses Porträts am So 8.12. um 9.50 Uhr.
"Handke hatte überhaupt keine Lust, den Film zu machen. Ebenso wenig wie er Lust hat, sechzig zu werden. Doch der Verlag wollte einen Film zu seinem Geburtstag drehen", erklärte Grimme-Preisträger Hamm nach der Aufführung des Films, in dem Handke im Plauderton über seine Kindheit, sein Verhältnis zur Literatur, den Selbstmord seiner Mutter und sein Engagement für Serbien während der Balkan-Kriege erzählt. Hamm lässt Handke dabei direkt in die Kamera reden.
Bei der Fernsehdokumentation handelt es sich fast um ein Selbstporträt. Nur Filmregisseur Wim Wenders, mit dem Handke unter anderem den Kinofilm "Der Himmel über Berlin" drehte, und Theaterregisseur Claus Peymann kommen im Wesentlichen zu Wort, und erzählen über die Zusammenarbeit und Freundschaft mit Handke. "Wäre es nach Handke gegangen, hätten wir einen reinen Gesprächsfilm gemacht", meinte Hamm.
Wenders lernte Handke kennen, als er eigentlich noch Maler werden wollte. "Wahrscheinlich hat Peter das Bild von mir nur aus Mitleid gekauft. Ich habe es Jahre später in seinem Garten wieder entdeckt. Peters Schreibe hat sich im Laufe der Jahre stark verändert. Anfänglich glich sein Stil dem des Nouveau roman, seine Sprache war formelhaft. Peter hat danach immer mehr angefangen zu erzählen", sagt Wenders über Handke, mit dem er mindestens drei Mal pro Woche in die Pariser Cinemathek ging. Eine Zeit, an die sich auch Handke gerne erinnert. "Wim Wenders war ein verlorener Student, der nicht wusste, was er tun sollte."
Mehr über das Werk als über die Person sagte auch Claus Peymann, der 1999 das stark kritisierte Stück "Die Fahrt im Einbaum oder Das Stück zum Film vom Krieg" am Wiener Burgtheater aufführte, in dem Handke die Nato-Aktionen als Verbrechen verurteilt: "Das Spätwerk Handkes gleicht einem moralisierenden Entwurf, obwohl er das nicht hören mag. Er hat gesellschaftliche Visionen entworfen. Bestimmte Schlüsselerlebnisse drängen ihn in eine bestimmte Position. Ich verstehe ihn. Er sah die Geschwader Hitlers wieder Belgrad bombardieren."
Die Reise mit Handke nach Belgrad und Visegrad gehörten für Hamm zum schwierigen Teil des Films. "Handke verbindet zu Serbien eine besondere Beziehung. Die Kamera störte ihn bei diesem Aufenthalt enorm. Er war noch schwermütiger als sonst", sagte Hamm, der mit Handke befreundet ist. "Dieser Film war für mich gefährlich. Handke wollte nur mit mir das Porträt realisieren, weil er wusste, dass ich ihn schonen würde. Beim Umgang mit Handke war Abstand besonders wichtig. Ich wollte auf keinen Fall unsere Freundschaft gefährden."
Abstand ist das Schlüsselwort des Films. Auch wenn Handke 75 Minuten lang in seinem Haus in Chaville bei Paris und an Orten seines vehementen Engagements in Belgrad und Bosnien über sein Leben und seine Überzeugungen spricht, bleibt der gefeierte als auch umstrittene Autor unnahbar und rätselhaft. So schreibt er, wie er sagt, weil er nichts zu sagen hat, man ihn "mit der deutschen Staatlichkeit jagen kann" und die Leere für ihn sein Leitsatz ist. Handke bewahrt Distanz, vor allem mit den ihm so verhassten Medien. Auch für Hamm war es nicht immer leicht, den introvertierten Handke zum Sprechen zu bringen: "Habe ich ihn Biografisches gefragt, hat er die Antwort verweigert. Habe ich literarisch gefragt, kam Biografisches."
Große Riefenstahl-Ausstellung in Bonn
orf - Das Bonner Haus der Geschichte zeigt ab Mitte Dezember in einer Ausstellung Leben und Werk der umstrittenen deutschen Regisseurin und Fotografin Leni Riefenstahl. Rund 300 Exponate sollen insbesondere das Spannungsfeld zwischen künstlerischer Leistung und politischer Verflechtung mit dem Nationalsozialismus deutlich machen, sagte Projektleiterin Andrea Mork am Mittwoch in Bonn. Auf Seiten der Veranstalter werde das Thema Riefenstahl zwar kontrovers gesehen, aber es habe einen Konsens gegeben, die umfassende Schau mit Leihgaben der widersprüchlichen Künstlerin im Museum für Zeitgeschichte der Bundesrepublik der Öffentlichkeit zu präsentieren.
"Wir zeigen Riefenstahl in ihrem zeitgeschichtlichen Kontext, um zu einer objektiven Einschätzung von Werk und Person zu kommen." Es gehe keinesfalls um eine "Huldigung", machte Mork deutlich. Auch in ihren späteren Rechtfertigungen sei Riefenstahl eine "exemplarische Figur". Es gehe auch um übergeordnete Fragen von Ästhetik und Politik sowie zwischen Kunst und Macht, die über die Person Riefenstahl hinauswiesen.
Im Zentrum der Schau (vom 13. Dezember bis 2. März) soll die Verflochtenheit der Regisseurin mit der nationalsozialistischen Diktatur und die Propagandafunktion ihrer Filme stehen. Ihr Film über die Olympischen Spiele 1936, der Nationale Filmpreis für "Triumph des Willens" und Telegramme an Adolf Hitler lassen Riefenstahls enge Beziehung zur NS-Ideologie deutlich werden.
Riefenstahl, die im August ihren 100. Geburtstag feierte und noch immer aktiv ist, sieht sich selbst als unpolitische und allein künstlerischen Idealen verpflichtete Filmemacherin. Ihre späteren Nuba-Werke aus dem Sudan zählen zu den Klassikern der Fotokunst. In den 1970er Jahren machte sie dann mit Unterwasserfotografie auf sich aufmerksam. In der Bonner Ausstellung wird auch der Einfluss Riefenstahls mit ihrer Stilisierung auf die Ästhetik der heutigen Werbung dokumentiert.