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Salzburg: «Don Giovanni»-Aufführung stößt in Salzburg auf geteiltes Echo +++ Bayreuth: Buhs für Katharina Wagners «Meistersinger» +++ Berlin: young.euro.classic beginnt am 1. August +++ Graz: Musikfestival styriarte zu über 90 Prozent ausgelastet
Salzburg: «Don Giovanni»-Aufführung stößt in Salzburg auf geteiltes Echo
Salzburg (ddp). Die erste Opernpremiere der Salzburger Festspiele 2008, Wolfgang Amadeus Mozarts «Don Giovanni» ist am Sonntagabend beim Premierenpublikum auf ein geteiltes Echo gestoßen. Regisseur Claus Guth und sein Bühnenbildner Christian Schmidt ernteten für ihre radikale Aktualisierung des mehr als 200 Jahre alten Opernstoffs um den triebhaften «Frauenverbraucher» Don Giovanni sowohl begeisterten Beifall als auch wütende Buhrufe.
Einhellig gefeiert wurden die Sängerinnen und Sänger der Neuinszenierung: Christopher Maltman als Don Giovanni, Annette Dasch als Donna Anna, Erwin Schrott als Leporello, Dorothea Röschmann als Donna Elvira, Anatoli Kotscherga als Komtur, Matthew Polenzani als Don Ottavio und Ekaterina Siurina als Zerlina. Die Wiener Philharmoniker und die Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor wurden von Bertrand de Billy geleitet.
Regisseur Claus Guth, der bereits 2006 Mozarts «Le nozze di Figaro» auf die Salzburger Bühne gebracht hatte, verlegte die Handlung des «Don Giovanni» in die Jetztzeit und machte aus dem adeligen Frauenhelden einen von Sex- und Drogensucht getriebenen modernen Menschen, der bei seiner Suche nach dem letzten «Kick» über Leichen geht. Er sehe im Protagonisten der Oper einen Mann, der «begriffen hat, dass das Leben endlich ist», sagte der Regisseur in einem Interview.
Schauplatz des nur in der Nacht spielenden Stückes ist ein dichter Wald. Die versöhnlichen Klänge des Schlusssextetts mit ihrer moralisierenden Botschaft wurden weggelassen. Die Oper endet dramatisch mit der «Höllenfahrt» Don Giovannis.
Fast zeitgleich zur «Don Giovanni»-Neuinszenierung wurde auf dem Salzburger Domplatz erstmals die revidierte Wiederaufnahme des Traditionsschauspiels «Jedermann» von Festspielmitbegründer Hugo von Hofmannsthal gezeigt. Besondere Beachtung fand dabei die deutsche Schauspielerin Sophie von Kessel, die erstmals in leuchtend blauem Kleid in der Rolle der Buhlschaft zu sehen war. Kessel speilt die vierte Geliebte von Langzeit-Jedermann Peter Simonischek, der die Rolle des reichen Mannes, den erst der Tod zum Glauben führt, seit 2002 verkörpert. Regisseur ist der Chef des Münchner Volkstheaters, Christian Stückl.
Die Festspiele dauern bis zum 31. August und spannen einen Bogen von Oper, Theater, Orchester- und Kammerkonzerten bis hin zu Liederabenden, Lesungen und wissenschaftlichen Symposien. Die prominente Liste der teilnehmenden Ensembles und Künstler reicht von den Wiener und Berliner Philharmonikern über Dirigenten wie Daniel Barenboim und Riccardo Muti und Pianisten wie Alfred Brendel und Lang Lang bis zu Sängern wie Thomas Quasthoff und Christine Schäfer. Innerhalb von fünf Wochen bietet das Festival gut 200 Veranstaltungen.
Bayreuth: Buhs für Katharina Wagners «Meistersinger»
Bayreuth (ddp). Auch in diesem Jahr hat Katharina Wagner in Bayreuth heftige Buhrufe einstecken müssen. Am Sonntagabend ging ihre Inszenierung von Richard Wagners «Die Meistersinger von Nürnberg» über die Bayreuther Festspielbühne. Im Gegensatz zum Regieteam, durften die Sänger dafür in orkanartigem Beifall baden. Für Sebastian Weigle, den Dirigenten, gab es freundlichen Applaus und vereinzelte Buhs.
Katharina Wagner interpretiert die «Meistersinger» als einen Diskurs über die Kunst. In ihrer Produktion prallen Tradition und Fortschritt aufeinander. Die Regisseurin blieb in weiten Teilen bei ihrem Konzept vom vergangenen Jahr und kam nur im dritten Aufzug dem Bayreuther Werkstatt-Gedanken nach. Der Auftritt Beckmessers auf der Festwiese erfuhr einige Änderungen. Adam und Eva, die er besingt, steigen nicht mehr aus einer Theaterkiste. Dafür wird Adam auf einem mit Erde bedeckten Seziertisch freigelegt, Eva kommt aus dem Festwiesenpublikum.
In der Rolle des Stolzing präsentierte sich Klaus Florian Vogt in Bestform - er erhielt den meisten Beifall neben dem fabelhaften Michael Volle als Beckmesser. Franz Hawlata sang den Sachs, Michaela Kaune die Eva und Norbert Ernst den David.
Von der Übertragung der «Meistersinger» auf den Festplatz von Bayreuth war im Zuschauerraum so gut wie nichts zu bemerken. Lediglich zwei an den Bühnenseiten montierte Kameras waren zu sehen.
Die erste Live-Übertragung einer Opernaufführung aus dem Festspielhaus ist zu einem großen Publikumserfolg geworden. Rund 15 000 Gäste verfolgten am Sonntag die Wiederaufnahme von Richard Wagners «Meistersinger von Nürnberg» kostenlos unter freiem Himmel auf dem Volksfestplatz in Bayreuth. Dort war ein zehn mal neun Meter großer Bildschirm installiert worden. Die Eingangstore mussten nach Veranstalterangaben zwischenzeitlich geschlossen werden, da der Platz keine zusätzlichen Zuschauer fassen konnte. Mehrere Gastronomiebetriebe der Region sorgten bei strahlendem Sonnenschein und Temperaturen um die 30 Grad Celsius für die Versorgung der Gäste. Neben 2000 fest installierten Sitzplätzen brachten die meisten Besucher eigene Stühle und sonstige Sitzgelegenheiten mit auf den Festplatz.
Die Übertragung ging auf eine Initiative von Wagner-Urenkelin Katharina zurück, die auch die Regie bei dieser Aufführung hatte. Neben dem kostenlosen Open-Air-Auftritt war die Oper auch erstmals live im Internet zu sehen. Wer dafür 49 Euro bezahlt hatte, konnte die Aufführung ebenfalls zeitgleich weltweit am Computer verfolgen.
Berlin: young.euro.classic beginnt am 1. August
Berlin (ots) - Auch 2008 lockt young.euro.classic mit neuen Farben und neuen Gesichtern: Das Orchester Philharmonia Moments Musicaux aus Taipeh eröffnet am 1. August die neunte Ausgabe des Festivals mit insgesamt 15 Konzerten. Bis zum Abschluss am 17. August mit dem Orchestre Français des Jeunes ist unter dem Motto "Weltklang Berlin" eine erfrischendfarbige Abfolge aus nationalen, binationalen und internationalen Orchestern zu erleben. Die namhaftesten Jugendorchester aus vielen Teilen der Welt kommen ins Konzerthaus am Gendarmenmarkt, wo ihnen eine einmalige Plattform für ihr Können und ihre Begeisterung geboten wird. Eine besonders reizvolle musikalische Linie, die vom "Brückenland" Türkei über Aserbaidschan nach Kasachstan und weiter bis nach China weist, folgt der Spur der Seidenstraße. Das intensive Begegnungsprojekt rund um das young.euro.classic Festivalorchester China - Deutschland öffnet sich im zweiten Jahr für neue Töne: mit Kammermusik und "alten" Klängen unter dem Titel "Traditions East-West".
Mehr Infos unter: http://www.young-euro-classic.de
Graz: Musikfestival styriarte zu über 90 Prozent ausgelastet
Das steirische Musikfestival styriarte hat sich auch in diesem Jahr großer Beliebtheit beim Publikum erfreut. Die Auslastung lag laut Intendant Mathis Huber bei "über 90 Prozent", mehr als 30.000 Besucher wurden bei den Konzerten gezählt. Der Höhepunkt war unbestreitbar die Aufführungsserie von Mozarts "Idomeneo", inszeniert und dirigiert von Nikolaus Harnoncourt. Im nächsten Jahr wird Harnoncourt "Porgy and Bess" bringen.
"Es war für uns das reine Glück", bilanzierte Huber heute bei einer Pressekonferenz in Graz. Mit genauen Auslastungszahlen wollte er dennoch nicht aufwarten, mehr als "über 90 Prozent" ließ sich der styriarte-Chef nicht entlocken. Im Vorjahr waren die Produktionen zu 93 Prozent voll, 2006 waren es 86 Prozent gewesen.
Mit 1,3 Millionen Euro hat man heuer auch bei den Einnahmen Geschichte geschrieben. Sogar während des Festivals habe es eine rege Nachfrage nach Karten gegeben, was sonst eher unüblich sei, so Huber.
Quelle: orf.at