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Leicht konsumierbare Kinokost brauchen die Besucher der am Donnerstag eröffneten 48. Internationalen Kurzfilmtage in Oberhausen nicht zu befürchten. Beim größten Kurzfilmfestival der Welt setzen die meisten der rund 410 gezeigten Beiträge auf verrätselte Bilder, multimediale Assoziationen und die Irreführung des Zuschauers.
Oberhausen (ddp). "In diesem Jahr gibt es wenig Filme, die unmittelbar erzählbar sind. Die Werke erfordern vom Zuschauer vor allem Geduld und Aufmerksamkeit", sagte Festivalleiter Lars Henrik Gass vor dem Start des fünftägigen Kinospektakels.Aus über 4800 eingereichten Filmen konnten sich 163 für den Wettbewerb in vier Kategorien qualifizieren. Vor allem die Nachfrage im Internationalen Wettbewerb war in diesem Jahr mit über 3700 eingereichten Arbeiten aus 85 Ländern besonders groß. Bei den Filmen aus nicht EU-Ländern sind dabei vor allem politische Themen zu finden. So zeigt das Festival unter anderem einen russischen Film über den Militäreinsatz in Tschetschenien ("Bitch") oder einen Beitrag über eine Minensucherin in Bosnien ("Survived and Lived through One More Day").
Einziger deutscher Film im internationalen Vergleich ist "11 de septiembre" von Claudia Aravena, die in ihrem Werk den Terroranschlag in New York mit dem Jahrestag des Putsches in Chile verbindet. Vor allem viele kleinere Nationen sind bei dem Festival zu finden. "Die USA und Kanada, die im letzten Jahr noch die meisten Filme im Wettbewerb hatten, sind mit deutlich weniger Beiträgen vertreten", betonte Gass. Insgesamt sieben Welturaufführungen und 22 internationale Premieren sind in Oberhausen in den kommenden Tagen zu sehen.
In einer Sonderschau widmet sich das Kurzfilm-Treffen dem Thema "Katastrophe". Gezeigt werden Beiträge, die in meist ausdrucksstarken Bildern die Ästhetik eines abstürzenden Passagierjets ("Gravity") oder die Flucht von behinderten Personen vor einer Feuerwand ("Exit") darstellen. Eine konkrete Botschaft haben diese Clips meist nicht, der Zuschauer bleibt der Wirkung der Bilder überlassen - und kann sich bei Bedarf ein eigenes Urteil bilden. Sehr ambitioniert ist auch das bereits 1999 auf der Biennale in Venedig gezeigte Werk "Electric Earth" von Doug Aitken. Der Regisseur begleitet darin einen Break-Dancer in Los Angeles, der durch die elektrischen Ströme seiner Umwelt in Schwingungen versetzt wird.
Im Deutschen Wettbewerb sind 35 Filme mit einer Länge von bis zu 21 Minuten zu sehen - etwa die Hälfte stammt von Ausländern, die in Deutschland leben. In Sonderschauen widmen sich die Kurzfilmtage zudem unter anderem ausländischen Regisseuren wie John Smith oder John Maybury. Smith führt vor, was den Kurzfilm für Cineasten so spannend macht: der Überraschungseffekt. In seinem Film "Om" zeigt er die Rasur eines scheinbar kahlköpfigen Buddhistenmönchs, der sich nach Ende der Prozedur als nationalgesinnter Skinhead entpuppt.
(Internet: www.kurzfilmtage.de, www.intro.de)
Michael Bosse
Die Kurzfilmtage Oberhausen in Zahlen
Bis kommenden Dienstag wird Oberhausen wieder zum Mekka des Kurzfilms. Beim diesjährigen Wettbewerb wurde mit 4824 eingereichten Filmen und Videos ein Rekord erreicht. Bei den 48. Internationalen Kurzfilmtagen präsentiert die Festivalleitung dem Publikum in Wettbewerben und Sonderprogrammen insgesamt 410 Filme. 163 Filme wurden zum Wettstreit in vier Kategorien zugelassen.
Besonders groß war die Nachfrage im Internationalen Wettbewerb: Aus über 3700 eingereichten Arbeiten siebten die Organisatoren 79 Beiträge aus 42 Ländern aus. Einziger deutscher Film im internationalen Vergleich ist "11 de septiembre" von Claudia Aravena, die in ihrem Werk den Terroranschlag in New York mit dem Jahrestag des Putsches in Chile verbindet.
Im Deutschen Wettbewerb sind 35 Filme mit einer Länge von bis zu 21 Minuten zu sehen - etwa die Hälfte stammt von Ausländern, die in Deutschland leben und arbeiten. NRW ist mit sechs Filmen vertreten.
In Oberhausen werden zudem Preise für den besten Kinder- und Jugendfilm - 39 sind im Rennen - sowie das beste deutsche Musikvideo (Mu-Vi) vergeben. Über die Hälfte der zwölf Clips sind noch nie im Fernsehen gelaufen.
Das Festival vergibt Preisgelder von insgesamt 37 500 Euro. Stadt, Land und Sponsoren unterstützen es mit rund 1,2 Millionen Euro.