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Landtag lehnt Musik-Initiative der Staatsregierung ab +++ Geprobter Widerstand - 3sat zeigt «Die Bühnenrepublik: Theater in der DDR» - Rückblick auf 40 Jahre Theatergeschichte Ost
Landtag lehnt Musik-Initiative der Staatsregierung ab
München (ddp-bay). Der Landtag erteilt einer Gesetzesinitiative der CSU-Staatsregierung für mehr heimische Musik im Bayerischen Rundfunk eine Abfuhr. Zwar gebe es ein Anliegen, deutsche und bayerische Musik, im Radio zu spielen, dieses gehöre aber nicht ins Rundfunkgesetz, sagte der CSU-Medienexperte Eugen von Redwitz am Mittwoch im Kulturausschuss des Landtags. Der Ausschuss lehnte einstimmig den Gesetzentwurf der Regierung ab, in dem gefordert wurde, dass «bayerische und neue deutschsprachige Musikproduktion angemessene Berücksichtigung finden».
Abgeordnete von CSU, SPD und Grünen betonten, ein solches Gesetz würde die Kompetenz des Rundfunkrats aushöhlen. Der SPD-Abgeordnete Peter Hufe kritisierte: «Die Staatsregierung ist mit etwas zu großen Hosenträgern an diese Materie herangegangen.» Redwitz verwies auf die Gefahr, dass eine gesetzliche Regelung «Aufhänger» für immer neue Versuche einer Einmischung sein könnte. Außerdem stelle sich die Frage, wie eine mengenmäßige Festlegung kontrolliert werden solle.
Der BR hatte sich bereits im Vorfeld gegen den Vorstoß der Staatsregierung gewehrt und betont, der Sender werde seinem kulturellen Verantwortungsbewusstsein gerecht. Intendant Thomas Gruber warnte, eine gesetzliche Festlegung auf bestimmte Musikstile würde die Programmfreiheit in bedenklicher Weise einschränken.
Die Staatsregierung betonte, mit dem Votum des Kulturausschusses sei das hinter dem Vorstoß stehende Anliegen keineswegs hinfällig geworden. Junge Talente sollten mit deutschsprachiger Musik gerade in den öffentlich-rechtlichen Hörfunksendern faire Chancen bekommen, forderte Staatskanzleichef Erwin Huber (CSU). Gemeinsam mit den jungen Künstlern werde die Regierung das Thema weiterverfolgen.
Geprobter Widerstand - 3sat zeigt «Die Bühnenrepublik: Theater in der DDR» - Rückblick auf 40 Jahre Theatergeschichte Ost
Berlin (ddp). «Das Theater stand im Mittelpunkt der Gesellschaft - anders als im Westen.» Schauspielerin Katharina Thalbach, geboren in Ost-Berlin, mit 22 in den Westen umgesiedelt, zieht Resümee. In der DDR sei der Künstler ernster genommen worden als im Westen. «Das Ost-Theater hat einen anderen Weg aufgezeigt, in einer Gesellschaft zu leben.»
Genannte Wechselwirkung zwischen Theater- und Zeitgeschichte aufzuzeigen, hat sich die zweiteilige 3sat-Dokumentation «Die Bühnenrepublik: Theater in der DDR» zum Ziel gesetzt. Die Filme der Autoren Thomas Irmer und Matthias Schmidt, die 3sat am Pfingstsonntag und -montag ausstrahlt, stellen einen Abriss des Bühnengeschehens in den Zwängen eines diktatorischen Systems dar. Irmer und Schmidt veranschaulichen 40 Jahre DDR-Theatergeschichte in ihren großen Momenten und Widersprüchen. Leitmotiv ist dabei die These von Heiner Müller, dass Kunst letztlich nicht kontrollierbar und deshalb in solchen Strukturen fast automatisch subversiv sein müsse. Paradiesische Zustände für Künstler also - trotz Zensur und Unterdrückung?
Dieses Thema wird mit Theaterkünstlern und Zeitzeugen besprochen, unter anderen mit den Intendanten Frank Castorf und Benno Besson, dem Dramatiker Christoph Hein, den Schauspielern Henry Hübchen, Jutta Wachowiak, Ursula Karusseit und Peter Sodann sowie dem Politiker Gregor Gysi. Zu sehen sind zahlreiche, teilweise noch nie gezeigte Archivausschnitte aus Aufführungen, darunter eine Hamlet-Inszenierung von Heiner Müller und der «Faust» von Christoph Schroth, Szenen von den Städtischen Bühnen Leipzig, dem Staatsschauspiel Dresden, dem Staatstheater Schwerin oder dem Berliner Ensemble.
Die Autoren benutzten «Wochenschau» und DEFA-Bilder, um die Arbeit der staatlich subventionierten Bühnen von Anklam bis Zittau darzustellen. Thematisiert werden aber auch nicht visualisierbare Konflikte wie der Einfluss der Partei in der Beurteilung einer «Faust»-Aufführung. Die Funktionäre monierten beispielsweise, dass das Volk in Auerbachs Keller in der Inszenierung zuviel saufe und im Osterspaziergang ebenfalls nicht adäquat dargestellt worden sei.
Christoph Schroth, seit 1992 Intendant und Schauspieldirektor in Cottbus, verweist aber auch darauf, dass es viele Kämpfe zwischen den DDR-Theaterleuten gegeben hat und seiner Auffassung nach teilweise auch sehr «konservatives und mieses» Theater. Dennoch schließt er sich in seiner Beurteilung über 40 Jahre DDR-Theater Thalbachs Meinung an: «Man hatte das Gefühl, Kunst und Theater sind unheimlich wichtig. Irgendjemand musste doch die Wahrheit sagen - um jeden Preis.» Seine Zukunftsprognose für das gesamtdeutsche Theater ist jedoch eher düster: Egal welche Kraft einmal dahinter gesteckt haben mag - «Theater ist eine vergängliche Angelegenheit».
«Die Bühnenrepublik, Teil 1: Im Rücken die Ruinen (1945-1972)» wird am Pfingstsonntag um 19.15 Uhr ausgestrahlt, die Wiederholung im ZDF-Theaterkanal am 5. Juli.
«Die Bühnenrepublik, Teil 2: Der Morgen findet nicht mehr statt (1972-1989)» wird am Pfingstmontag um 19.15 Uhr ausgestrahlt, die Wiederholung im ZDF-Theaterkanal am 2. August.