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6.9.: theater und literatur aktuell +++ theater und literatur

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Marthaler will in Zürich weiterarbeiten +++ Schauspielhaus Hamburg eröffnet Spielzeit

Marthaler will in Zürich weiterarbeiten
Dortmund/Zürich (ddp). Trotz seines Rauswurfes möchte der entlassene Intendant des Schauspielhauses Zürich, Christoph Marthaler, weiter an seiner alten Wirkungsstätte arbeiten. «Es gibt Bemühungen, dass ich in Zürich bleibe. Wie es weitergeht, kann ich zurzeit aber noch nicht sagen», sagte der 50-Jährige am Donnerstag in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur ddp in Dortmund. Im Ruhrgebiet produziert Marthaler derzeit unter anderem den Schubert-Zyklus «Die schöne Müllerin», der im Rahmen des Kulturfestivals Ruhr-Triennale am Freitag in Dortmund aufgeführt wird.
Die finanziellen Probleme und der Zuschauerrückgang, die der Verwaltungsrat des Zürcher Schauspielhauses als Gründe für die Entlassung angegeben hatte, sind nach Ansicht Marthalers vorgeschoben. Auch wenn es in Zürich ein «Finanzproblem» gegeben habe, so beschleiche ihn doch das Gefühl: «Man hat gestört und ist nicht gewollt», sagte Marthaler. Die Art und Weise, wie er im Nachhinein von seinem Rauswurf erfahren habe, sei «arrogant und höchst empörend» gewesen.
Dennoch sei er «unter bestimmten Umständen» bereit, am Zürcher Schauspielhaus zu bleiben, betonte Marthaler. Nähere Einzelheiten nannte er allerdings nicht. Er stehe zu dem in den vergangenen zwei Jahren unter seiner Leitung gezeigten Programm: «Theater, das nicht stört, ist schrecklich.» Das Publikum brauche oft Zeit, um sich auf ungewöhnliche Aufführungen einzustellen. Kompromisse am Programm lehnte der Schweizer, der als Intendant ursprünglich noch einen Vertrag bis 2005 hatte, ab: «Ich komme nicht für gehobenen Boulevard nach Zürich!»

Schauspielhaus Hamburg eröffnet Spielzeit
Hamburg (ddp). Mit Bühnen- und TV-Stars wie Edgar Selge und Lena Stolze eröffnet das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg seine neue Spielzeit. Zu sehen sind beide am 20. September in dem Klassiker «Der Menschenfeind» von Moliere, in einer Fassung von Botho Strauß. Regie führt der junge Hausregisseur am Deutschen Schauspielhaus, Jan Bosse. «In der Spielzeit 2002/2003 zeigen wir sechs Uraufführungen und drei deutsche Erstaufführungen», sagte Intendant Tom Stromberg am Donnerstag in Hamburg.
Von durchweg jungen Regisseuren werden auch weitere Klassiker wie «Hedda Gabler» und «Gespenster» von Henrik Ibsen, «Die Vaterlosen» von Anton Tschechow, «Dantons Tod» von Georg Büchner und «Der arme Vetter» von Ernst Barlach inszeniert. Sebastian Hartmann, Stefan Pucher, Patrick Schlösser, Sandra Strunz und Jan Bosse gehören zur Riege junger und trotzdem bereits hoch renommierten Schauspielhaus-Regisseure.
Der junge französische Regisseur Laurent Chetouane wird im Oktober die Uraufführung von Elfriede Jelineks «Prinzessinnendramen - Der Tod und das Mädchen I-III» in Szene setzen. «Für diese Dramen gibt es eigentlich keine Geschichte, keinen Plot», sagte Chetouane. Sie sind verbunden durch Verweise auf die Märchen «Schneewittchen» und «Dornröschen», in denen sich Schönheit, Macht und Tod gegenseitig anziehen.
Der erst 25-jährige Regisseur Florian Fiedler wird das Stück «Plastilin» des Russen Wassilij Sigarew auf die Bühne des Schauspielhauses bringen. Das international bereits mit viel Erfolg aufgeführte Stück erzählt die Geschichte vom Erwachsenwerden des Protagonisten Maxim und von den sexuellen Übergriffen durch Frauen, denen er ausgesetzt ist, sagte Fiedler. «Plastilin» hat am 10. Oktober Premiere.
Mit der Auswahl seiner Stücke hat das Schauspielhaus nach Angaben von Chefdramaturg Michael Eberth das Thema «Außenseiter» in den Mittelpunkt der neuen Spielzeit gestellt. «In den Dramen hat das Leiden an einer verstockten Gesellschaft die Titelfiguren zu Außenseitern gemacht», sagte Eberth. Doch ihr Aufbegehren bleibt folgenlos und richtet sich am Ende gegen sie selbst.