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Berlin: Gotscheff inszeniert Heiner Müller an der Volksbühne +++ Rudolstadt: Theater mit rund 53 000 Besuchern im Jahr 2004 +++ Rostock: Theatralische Hilfe - Geld für jüdische Bühne +++
Dresden: Schauspiel eröffnet neue Spielstätte mit Uraufführung +++ Wiesbaden: 4. Hörfest würdigt Thomas Mann und Gottfried Benn +++ Altenburg: Probenstart für «Prinzenraub» mit 150 Laiendarstellern
Berlin (ddp). An den 76. Geburtstag des Dramatikers Heiner Müller erinnert die Berliner Volksbühne am Sonntag mit der Premiere seines Stücks «Philoktet». Nach mehr als 20 Jahren wird sich Dimiter Gotscheff erneut mit dem Stück befassen. Schon 1983 hatte er «Philoktet» als Regisseur in der bulgarischen Hauptstadt Sofia auf die Bühne gebracht und damit einen internationalen Erfolg erzielt.
Damals hatte Müller die Aufführung als «grandiose Übersetzung von Text in Theater» gerühmt. Jetzt kehrt Gotscheff zu dem Stück zurück, allerdings als Schauspieler in der Titelpartie. Gemeinsam mit Josef Bierbichler und Samuel Finzi wird er auf der Bühne stehen, einen Regisseur für die Inszenierung gibt es nicht.
«Philoktet» des 1995 verstorbenen Heiner Müller ist eine Parabel über das Gewaltverhältnis von Individuum und Gesellschaft. Frei nach Sophokles kehrt zu dem auf einer einsamen Insel ausgesetzten Philoktet der listige Odysseus zurück, der einst für seine Verbannung gesorgt hatte. Die Griechen brauchen nämlich Hilfe im Kampf gegen Troja. Allerdings trägt Odysseus nicht selbst sein Anliegen vor, sondern er schickt den Sohn des gefallenen Kriegshelden Achill vor. Damit hofft der Listenreiche, dass Philoktet seine persönliche Rache nach zehn Jahren Einzelhaft dem allgemeinen Staatswohl zuliebe vergisst.
Rudolstadt: Theater mit rund 53 000 Besuchern im Jahr 2004
Rudolstadt (ddp-lth). Das Theater Rudolstadt erfreut sich beim Publikum wachsender Beliebtheit. Im vergangenen Jahr wurden erstmals in der Geschichte des Hauses mehr als 50 000 Besucher begrüßt, wie Intendant Axel Vornam am Donnerstag in Rudolstadt sagte. Mit rund 53 000 Zuschauern sei im ersten vollen Geschäftsjahr der wieder eigenständigen Bühne eine Steigerung um 18,6 Prozent gegenüber 2003 erreicht worden. Dies spreche deutlich für das neue Konzept der Bühne, sagte Vornam.
Angesichts der neuerlichen Debatte um die Struktur der Thüringer Theater wertete er die Zahlen als Beweis dafür, dass ein eigenständiges Theater auch in dieser Größenordnung mit einem entsprechenden Konzept erfolgreich arbeiten kann. Das Publikum seines Hauses komme längst nicht mehr nur aus der näheren Umgebung, sondern auch aus dem Raum Suhl, Weimar, Jena, Ilmenau und Erfurt. Besonders in der seit August 2003 neu entwickelten Sparte Kinder- und Jugendtheater mit der neuen Spielstätte «theater tumult» sei eine enorme Nachfrage zu spüren. Dort liege die Auslastung bei 98 Prozent, in den Spielstätten insgesamt bei 86 Prozent.
Theaterbesuche auch in ländlich und kleinstädtisch geprägten Regionen nicht zum Luxus für eine Elite, sondern zu einem Bedürfnis für breite Schichten zu machen, dafür seien die kleineren Häuser sehr wichtig, sagte der Intendant. Sie könnten sehr gezielt auf unterschiedliches Publikum zugehen und eng mit den Zuschauern zusammenarbeiten.
Das Theater Rudolstadt war mit Beginn der Spielzeit 2003/2004 nach mehrjähriger und letztlich geplatzter Zwangsehe mit dem Theater Eisenach wieder als eigenständige Bühne angetreten. Die Kombination der Sparten Schauspiel und Orchester gilt in Deutschland als einzigartig. Um dem Publikum einen vollen Spielplan garantieren zu können, kooperieren die derzeit 143 Rudolstädter Mitarbeiter mit dem Theater Nordhausen und der Weimarer Hochschule für Musik.
Rostock: Theatralische Hilfe - Geld für jüdische Bühne
Rostock (ddp-nrd). Das Rostocker Volkstheater greift der kleinen jüdischen Bühne «Mechaje» unter die Arme. Aus dem Etat der städtischen Bühne sollen in diesem Jahr 20 000 Euro in das Theaterprojekt der Jüdischen Gemeinde fließen, wie eine Sprecherin des Volkstheaters am Donnerstag ankündigte. «Mechaje» steht wegen gekürzter Zuschüsse aus dem Stadthaushalt vor dem Aus.
Der Vorschlag des Kulturausschusses soll den Fraktionen der Bürgerschaft unterbreitet werden. Das Volkstheater selbst leidet ebenfalls unter Finanznot. Deshalb sei ihm die Zustimmung nicht leicht gefallen, sagte Generalintendant Steffen Piontek. Das Theater verbinde aber eine langjährige freundschaftliche Partnerschaft mit der jüdischen Bühne.
Das 1997 in Rostock gegründete Theater «Mechaje» hatte eine Anschubfinanzierung aus Bundeskulturmitteln erhalten, die nun durch städtische und Landesmittel zu ersetzen war. Rostock plant für 2005 aber eine Kürzung der kommunalen Zuschüsse um 30 Prozent für die freie Kunst- und Kulturszene.
Dresden: Schauspiel eröffnet neue Spielstätte mit Uraufführung
Mit einer Uraufführung feiert das Schauspielhaus Dresden die Wiedereröffnung der Spielstätte ?Kleines Haus?. Am 15. Januar wird sich dort der Vorhang für eine Bühnenfassung des Films "Der Mann ohne Vergangenheit" von Aki Kaurismäki heben ("Leningrad Cowboys go Amerika"). Die Bühne wurde 1998 als kleine Spielstätte des Staatsschauspiels Dresden geschlossen und mit einem Aufwand von insgesamt 10,5 Millionen einigermaßen multifunktional Euro saniert. Denn fortan wird das mit einem Orchestergraben versehene Theater auch von der Dresdner Musikhochschule genutzt.
Wiesbaden: 4. Hörfest würdigt Thomas Mann und Gottfried Benn
Wiesbaden (ddp-swe). Zur «Hauptstadt des Hörens» soll die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden Ende Januar für fünf Tage mit dem vierten hr2-Hörfest werden. Vom 26. bis 30. Januar bietet das am Donnerstag vorgestellte Programm Besuchern an teils ungewöhnlichen Orten Hörerlebnisse der besonderen Art. Geplant sind beispielsweise eine Lyrik-Performance an einer Bushaltestelle, Hörspiele in einem Thermalbad oder ein Ohrentheater für Kinder im Staatstheater. Höhepunkt und Abschluss ist wie bei den vorherigen Auflagen des Festes die feierliche Auszeichnung der Hörbücher des Jahres 2004.
Ein Highlight hält das diesjährige Programm für Anhänger von Thomas Mann bereit. Im 50. Todesjahr des Dichters der «Buddenbrooks» kommt das nobelpreisgekrönte Werk als neunstündiges Hörspiel zur Aufführung. In der Villa Clementine, wo einige Szenen einer 1978 ausgestrahlten Verfilmung des Romans entstanden, ist am 28. Januar eine historische Aufnahme aus dem Jahr 1965 unter anderen mit Dieter Borsche, Lil Dagover und Horst Tappert zu erleben.
Erneut auf dem Programm steht eine große Gala am 29. Januar im Programmkino «Caligari» unter anderem mit Musik und Kabarett. Bei der Preisverleihung am 30. Januar werden das Hörwerk des Dichters Gottfried Benn sowie in der Kategorie Kinder und Jugend die Lesung «Desperaux» von Kate DiCamillo als «Hörbücher des Jahres 2004» geehrt.
Altenburg: Probenstart für «Prinzenraub» mit 150 Laiendarstellern
Altenburg (ddp-lth). 150 Altenburger schnuppern seit Mittwoch Bühnenluft. Für die Laiendarsteller im Alter zwischen 9 und 70 Jahren begannen in der Turnhalle einer Regelschule der Skatstadt die Proben zum Spektakel «Der Sächsische Prinzenraub». Das Stück soll im Juli unter freiem Himmel aufgeführt werden.
Unter Leitung von Regisseur Lutz Gotter machten die Laiendarsteller erste Bewegungs- und Sprechübungen. Auf diese Weise wolle das Inszenierungsteam erkunden, wer für welche Rolle geeignet sei, sagte Projektleiterin Susanne Stützner der Nachrichtenagentur ddp.
Anlass der «Prinzenraub-Festspiele», zu denen eine Vielzahl von Veranstaltungen aller Couleur gehört, ist das 550. Jubiläum des Ereignisses. In der Nacht vom 7. zum 8. Juli 1455 hatte Ritter Kunz von Kauffungen aus dem Altenburger Schloss die kurfürstlichen Söhne Ernst und Albrecht geraubt. Er wollte damit seine Ansprüche gegen Kurfürst Friedrich II. von Sachsen durchzusetzen. Die unversehrt an den Hof zurückgekehrten Kinder legten 30 Jahre später in Leipzig die Wurzeln für die heutigen Freistaaten Sachsen und Thüringen, indem sie ihre Besitztümer teilten.
Das Stück, für das Ralf Oehme die Vorlage lieferte, entsteht in enger Zusammenarbeit mit dem Theater Altenburg-Gera. Es soll insgesamt zehn Mal vor der Kulisse des Altenburger Schlosses gezeigt werden. Dazu werden jeweils 1000 Besucher erwartet.