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7.6. theater und literatur aktuell +++ theater und literatur

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Schauspielhaus der Kammerspiele wird in neuer Saison wieder eröffnet +++ Kein Sommertheater 2003 - Kammerspiele planen 15 Neuinszenierungen +++ Jelinek erhält Mülheimer Dramatikerpreis +++ Forsythe verordnet Frankfurter TAT-Theater neuen Kurs


Schauspielhaus der Kammerspiele wird in neuer Saison wieder eröffnet
München (ddp-bay). Nach mehr als dreijährigen Umbauarbeiten eröffnen die Kammerspiele in der neuen Spielzeit wieder ihr Schauspielhaus an der Maximilianstraße. Wie Intendant Frank Baumbauer am Donnerstag in München ankündigte, soll das Haus Ende März mit der Premiere von William Shakespeares Othello eröffnet werden. Luk Perceval wird das Drama in einer Neubearbeitung inszenieren. Insgesamt stehen elf Neuinszenierungen auf dem Spielplan, vier weitere sind in Planung. Bis das Schauspielhaus wieder zur Verfügung steht, finden die Aufführungen weiterhin in der Jutierhalle, im Neuen Haus und anderen provisorischen Spielstätten statt.
Baumbauer sagte, der Schwerpunkt im neuen Programm liege auf politischen Themen und berücksichtige auch die Ereignisse des 11. Septembers. Eröffnet wird die neue Spielzeit im September im Neuen Haus mit einer Uraufführung des Stückes "In den Alpen" der österreichischen Autorin Elfriede Jelinek. Noch im diesem Jahr werden außerdem ein Stück von Heiner Müller ("Verkommenes Ufer Medeamaterial Landschaft mit Argonauten"), die "Orestie" von Aischylos und "Sallinger" von Bernard-Marie Koltès auf die Bühne gebracht.
Zu den weiteren Premieren gehören Lessings "Miss Sara Sampson" und "Phaidras Liebe" von der erfolgreichen britischen Jungdramatikerin Sarah Kane. Zudem stehen zahlreiche "Extras" wie ein "Wochenende der Jungen Dramatiker" im Januar oder ein Poetry Slam Festival im Februar auf dem Programm. Nach Angaben von Baumbauer liegt die Auslastung der Spielstätten insgesamt bei rund 90 Prozent. Die Zahl der Abonnenten habe sich durch den Intendantenwechsel nicht verringert. Die Kosten für den Umbau der Spielstätten belaufen sich den Angaben zufolge auf insgesamt knapp 110 Millionen Euro.

Kein Sommertheater 2003 - Kammerspiele planen 15 Neuinszenierungen
Magdeburg (ddp-lsa). Die Magdeburger Freien Kammerspiele planen in der kommenden Spielzeit 15 Neuinszenierungen. Darunter seien zwei Uraufführungen und vier Erstaufführungen, sagte Intendant Tobias Wellemeyer am Donnerstag in Magdeburg. Das Sommertheater werde im nächsten Jahr dem Umzug der Bühne zum Opfer fallen. Die Kammerspiele werden saniert. In einer Ersatzspielstätte am Jerichower Platz gibt es Kinder- und Jugendtheater. Außerdem werden die Kammerspiele im früheren Gebäude der Landeszentralbank Theater spielen.
Bereits die letzten beiden Premieren der Spielzeit 2002/2003 werden im Bankgebäude aufgeführt: Franz Grillparzers "Die Jüdin von Toledo" und das Mythos "Elektra". Wellemeyer schätze ein, dass im vergangenen Jahr ein breiteres Publikum erreicht worden sei. "Wir wollen ein Theater für alle Generationen sein", fügte er hinzu. In der neuen Spielzeit werde es wieder eine starke Orientierung auf zeitgenössische Stücke geben. Auftakt ist am 27. September ein Theaterfest. Dann werden Naomi Wallace "Birdy" und Anthony Neilsons "Das Jahr der Familie" erstmals in deutscher Sprache aufgeführt. "U.S.Amok" von Mark Becker hat Premiere und "Das Sofa" von Simone Borowiak erlebt seine Uraufführung. Als Weihnachtsstück wurde "Pinoccio" nach Motiven von Carlo Collodi ausgewählt. Im Klassik-Angebot sind "Clavigo" von Johann Wolfgang von Goethe und "Kabale und Liebe" von Friedrich Schiller.
Das Theater hat in der zu Ende gehenden Spielzeit einen Besucherzuwachs verzeichnet. Bis jetzt kamen 36 200 Zuschauer. In der kompletten vorangegangenen Spielzeit waren es 34 000 Besucher. Besonders erfolgreich sei die Reihe "Nachtcafe" gelaufen, sagte Wellemeyer, der die erste Spielzeit Intendant in Magdeburg ist. Die Reihe habe sich vom Geheimtipp zur festen Adresse des Magdeburger Nachtlebens etabliert. In der vergangenen Spielzeit gab es 50 Nachtcafes.

Jelinek erhält Mülheimer Dramatikerpreis
Mülheim/Ruhr (ddp-nrw). Der angesehene Mülheimer Dramatikerpreis geht in diesem Jahr an die österreichische Schriftstellerin Elfriede Jelinek für das Stück "Macht nichts" in der Inszenierung des Schauspielhauses Zürich. Jelinek setzte sich damit gegen sechs weitere Autoren durch, deren Stücke seit dem 18. Mai im Rahmen der 27. Mülheimer Theatertage "Stücke 2002" präsentiert wurden, wie in der Nacht zum Donnerstag eine Festivalsprecherin auf ddp-Anfrage sagte. Eine Jury aus Theaterschaffenden und Kritikern vergab - zusammen mit dem Publikum der Theatertage - den mit 10 000 Euro dotierten Dramatikerpreis.
In diesem Jahr präsentierte sie mit "Macht nichts" eine "Kleine Trilogie des Todes": Drei unablässig vor sich hinredende Wiedergänger und den Tod hat die Literatin versammelt. Die zwischen Recht und Unrecht ewig kreiselnden, ausweglosen Sprachstrudel werden in drei Bühnenfiguren gesperrt. Jelinek nahm bereits zum achten Mal den den Mülheimer Theatertagen teil.
Jelinek zählt zu den unbequemsten deutschsprachigen Schriftstellerinnen und Theaterautorinnen. Provokation und Widerstand prägen ihr Leben und Werk - so etwa ihr Engagement gegen die Mitte-Rechts-Koalition in Österreich. Die Arbeit der 55-Jährigen ("Die Klavierspielerin") umfasst Lyrik, Prosa, Theaterstücke, Hörspiele und Drehbücher. Jelinek erhielt bereits zahlreiche Preise, darunter 1998 die höchste deutsche Literaturauszeichnung, den Georg-Büchner-Preis.
Die Theatertage verstehen sich als Forum deutschsprachiger Gegenwartsdramatik. Seit 1976 finden die "Stücke" jeweils im Mai statt. Das Dramatiker-Festival ist in seiner Konzeption nach wie vor einzigartig. Bewertet werden neue Stücke - nicht die Inszenierungen. Erstmals soll das Gewinner-Stück und sein Autor Ende August bei den Salzburger Festspielen präsentiert werden.
(Internet: www.stuecke.de)

Forsythe verordnet Frankfurter TAT-Theater neuen Kurs
Frankfurt/Main (ddp-swe). Der Frankfurter Intendant William Forsythe verpasst dem experimentellen Sprechtheater TAT einen neuen Kurs. Die beiden Jungregisseure Tom Kühnel und Robert Schuster verlieren ab 2003 ihre Posten als künstlerische Leiter. "Das Konzept war gut, aber ich bin der Meinung, es sollte erweitert werden, basta", sagte Forsythe am Donnerstag in Frankfurt am Main. Nach einer Übergangszeit zu Beginn der neuen Spielzeit im Herbst werde der Spielplan aus einer Kombination von kuratierten Neuproduktionen, Koproduktionen, Gastspielen, Künstlerprojekten und Auftritten des Balletts Frankfurt bestehen, sagte Forsythe und kündigte zugleich ein neues Raumkonzept für die TAT-Spielstätte Bockenheimer Depot an.
Kühnel und Schuster, de facto seit gut drei Jahren mehr oder weniger allein verantwortlich fürs TAT-Programm "werden dann nicht mehr das gesamte Programm bestimmen, sie können aber mitmachen, wenn sie das wollen", sagte Forsythe. "Sie werden nicht abgeschoben, das Programm wird erweitert", unterstrich der Intendant.
"Wir fühlen uns schon abgesägt", sagte Schuster. Der Machtkampf sei jetzt allerdings "abgeschlossen". Ob die beiden 2003 noch am TAT inszenierten, hänge von Forsythes Plänen ab, die allerdings noch sehr vage seien. "Wir kennen nur Bleistiftskizzen der neuen Raumkonzeption", sagte Kühnel. Es hänge jetzt von "vielem ab", ob ihre in Vorbereitung befindlichen Projekte im TAT noch realisierbar seien. Im Zentrum müsse allerdings die Rettung des von der Schließung bedrohten Theaters stehen. "Darum muss es jetzt gehen, nicht um Namen und Positionen", sagte Schuster.