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9.7.: theater und literatur aktuell +++ theater und literatur

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Eli Wiesel schmeißt Walser-Vorwort aus Neuauflage heraus +++ Neustrelitzer bringen Falladas "Trinker" in den Knast +++ Krimi-Preis «Marlowe» für Autor Robert Lynn +++ Tanzverbot für berühmtesten iranischen Tänzer +++ Pina Bausch erreicht 99 Prozent Auslastung


Eli Wiesel schmeißt Walser-Vorwort aus Neuauflage heraus
Elie Wiesel verzichtet in der neuesten Auflage seines Buches "Die Nacht. Erinnerungen und Zeugnisse" auf ein Vorwort des Schriftstellers Martin Walser. Das teilte der Herder Verlag mit. Das Buch des jüdischen Friedensnobelpreisträgers und früheren Buchenwald-Häftlings erscheint in diesen Tagen in der fünften Auflage und gilt als eindrucksvolles Zeugnis der Holocaust-Literatur. Seit den 60er Jahren hatte die deutsche Auflage ein Vorwort von Walser eingeleitet. Walser galt spätestens seit seiner Dankesrede bei der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels als umstritten, als er von der Moralkeule Auschwitz sprach und einen Schlussstrich unter die deutsche Schulddebatte forderte. Noch stärker geriet er mit seinem neuesten Roman in die Kritik. Ihm wird vorgeworfen, er spiele in "Tod eines Kritikers" mit antisemitischen Klischees. Auf Wunsch Wiesels erscheint die neue Auflage nun mit einer Vorrede des französischen Literatur-Nobelpreisträgers Francois Mauriac (1885-1970).

Neustrelitzer bringen "Trinker" in den Knast
Das Neustrelitzer Theater will Hans Falladas Roman "Der Trinker" am Ort seiner Entstehung aufführen. Fallada (1893 ? 1947) hatte den autobiographisch gefärbten Roman 1944 im örtlichen Gefängnis geschrieben. Der Schriftsteller, der mit bürgerlichem Namen Rudolf Ditzen hieß, war nach einem Mordversuch an seiner Frau für ein gerichtsmedizinisches Gutachten in die damalige Landesanstalt Strelitz eingewiesen worden. Während der vierteljährigen Haft hatte der nervenkranke Autor eine Schreibgenehmigung für einen Roman über den Untergang eines jüdischen Bankhauses erhalten. Heimlich brachte er jedoch innerhalb von nur 16 Tagen den "Trinker" zu Papier. Das Gefängnis diente noch bis zum vorigen Jahr als Justizvollzugsanstalt, inzwischen sucht das Land Mecklenburg-Vorpommern einen Käufer für den maroden, aber teilweise unter Denkmalschutz stehenden Komplex. An der für Mai 2003 vorgesehenen Theateraufführung arbeitet derzeit der Neustrelitzer Dramaturg und Regieassistent Oliver Hohlfeld.

Krimi-Preis «Marlowe» für Autor Robert Lynn
Hamburg (ddp). Robert Lynns «Samurai im Elbberg» erhält den «Marlowe»-Preis für die beste deutschsprachige Krimi-Kurzgeschichte. Die Jury bezeichnete die in der Reihe «Schwarze Hefte» erschienene Erzählung als «exzellenten Beitrag zum Genre», wie das «Hamburger Abendblatt» am Montag in Hamburg mitteilte. Lynn zeichne sich durch einen «meisterhaft temporierten Erzählstil, sprachkräftige Ausgewogenheit und erzählerische Einheit» aus.

Tanzverbot für berühmtesten iranischen Tänzer
Der berühmteste iranische Tänzer, Mohammad Khordadian, ist von einem Gericht in Teheran zu zehn Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt worden. Außerdem darf der Tanzlehrer, der auch die amerikanische Staatsangehörigkeit besitzt, den Iran zehn Jahre lang nicht verlassen. Das teilte die iranische Regierung am Montag mit.
Khordadian wurde vom Gericht unmoralisches Verhalten vorgeworfen. Er habe durch seine in den USA produzierten und über Satellit im Iran zu empfangenden Shows einen schlechten Einfluss auf die Jugend des Landes gehabt.
Jegliche Form von Tanzen, insbesondere mit dem anderen Geschlecht, ist im islamischen Iran verboten.

Pina Bausch erreicht 99 Prozent Auslastung
Davon können viele Theaterintendanten nur träumen: Pina Bausch erreichte mit ihrem Tanztheater in Wuppertal in der jetzt auslaufenden Saison eine Auslastung von 99 Prozent. Wie Matthias Schmiegelt vom Tanztheater Wuppertal am Sonntag berichtete, kamen alleine 24.000 Zuschauer zu den insgesamt 32 Vorstellungen der berühmten Truppe in die beiden Häuser der bergischen Stadt und bescherten die Traumquote.
Bei Gastspielen vor allem im Ausland wurden rund 55 000 Besucher gezählt. Insgesamt gab es 50 Vorstellungen mit sieben verschiedenen Pina Bausch Stücken in Sao Paulo, Berlin, Vilnius, New York, Weimar, London, Antwerpen, Saitama, Tokio, Otsu, Mulhouse und Paris.
Nach der Sommerpause ist Pina Bausch den Angaben zufolge im August und September mit ihrer Truppe zwei Wochen in Istanbul zur Vorbereitung der nächsten Koproduktion mit dem Istanbul Theater Festival. Die ersten Vorstellungen "Café Müller" und "Das Frühlingsopfer" in Wuppertal finden vom 3. bis 6. Oktober statt. dpa ale zl yynwm mh
Erst Ende Mai haben Künstler und Theaterintendanten aus ganz Deutschland, sowie Schauspieler und Bürger aus Wuppertal fast 4.000 Unterschriften gesammelt, um gegen die Pläne protestiert, das Schauspielhaus der Stadt Wuppertal zu schließen. Damit würde auch dem weltbekannten Wuppertaler Tanztheater unter Pina Bausch eine wichtige Spielstätte genommen, stellten die Unterzeichner der Initiative "Schauspielhaus erhalten" fest.