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Gunzenhausers Wunsch erfüllt - In Chemnitz eröffnet ein Museum für eine der größten Privatsammlungen von Kunst des 20. Jahrhunderts
Chemnitz (ddp). Gerade sind die Kunstsammlungen Chemnitz mit den Bildern des Musikers Bob Dylan in der Kunstwelt in aller Munde, da wartet die sächsische Stadt mit dem nächsten kulturellen Ereignis auf. In einem Monat, am 1. Dezember, soll Bundespräsident Horst Köhler das Museum Gunzenhauser eröffnen. Es beherbergt eine der größten deutschen Privatsammlungen von Kunst des 20. Jahrhunderts, die der Münchner Sammler und Galerist Alfred Gunzenhauser der Stadt Chemnitz als Stiftung übereignet hat.
Ein wesentlicher Grund für diese Entscheidung im Jahre 2003 war die Zusage, dass seine Sammlung ein eigenes Gebäude erhalten werde. Das konnten damals weder Dresden und Leipzig noch München oder Murnau garantieren, die alle um die gewaltige Zahl von fast 2300 Bildern mit einem geschätzten Wert von rund 200 Millionen Euro geworben hatten. Doch Chemnitz hatte die umtriebige Kunstsammlungschefin Ingrid Mössinger, die den über 70-jährigen Münchner mit einer weltweit beachteten Picasso-Ausstellung auf ihr Haus aufmerksam gemacht hatte, und die Stadt hatte ein leeres Sparkassengebäude von 1930.
In diesem von Stadtbaurat Fred Otto im Stil der Neuen Sachlichkeit erbauten Haus sind nun die letzten Arbeiten vor der Eröffnung im Gange. Der junge Kunsthistoriker Thomas Friedrich, der bereits während der Picasso-Schau freiberuflich für die Kunstsammlungen Chemnitz tätig war, hat mittlerweile einen festen Job als Kurator bekommen. Er muss noch über Kabel und Werkzeugkisten steigen, um an seinen Arbeitsplatz im zweiten Stock zu gelangen.
In den Ausstellungsetagen sind die Bauarbeiten beendet. Die Umgestaltung erfolgte durch den in Museumsbauten erfahrenen Berliner Architekten Volker Staab, der einen 2004 ausgeschrieben Wettbewerb gewonnen hatte. Während die denkmalgeschützte Gebäudegestalt nahezu unverändert bleibt, wurden die einstigen Sparkassenräume herausgerissen. Die mit Tages-Oberlicht versehene Schalterhalle dient künftig Sonderausstellungen. Wie ein «rotes Band» zieht sich eine neu eingebaute rote Treppe vom Foyer bis ins dritte Obergeschoss.
In den drei Museumsetagen wurden typische Umgänge um einen Innenhof konzipiert. Das durch eine Vielzahl von Fenstern eindringende Tageslicht bleibt mittels Leichtbau-Vorsätzen, die als Ausstellungswände dienen, weitgehend draußen. «Staab hat eine ideale Lösung gefunden», sagt Friedrich. Somit könnten auch Papierarbeiten, die vier Fünftel des Bestandes ausmachten, problemlos gezeigt werden.
«Herr Gunzenhauser war häufig hier, um den Gang der Dinge zu begutachten. Doch er hat uns sehr freie Hand bei der Gestaltung gelassen», erzählt Friedrich bei einem Schnelldurchgang. Noch ist die Betrachtung der Bilder für Fremde tabu. Doch Friedrich berichtet, dass er «überwältigt und beeindruckt» war, als er die Bilder 2004 das erste Mal gesehen hatte. «So viele hochrangige Werke auf einmal – das war wie ein Geschenk für mich», sagt der 31-Jährige.
Insgesamt haben 2459 Stücke der Gunzenhauser-Sammlung in Chemnitz eine neue Heimat gefunden. Davon werden etwa 350 zu sehen sein. «Allein von Otto Dix haben wir 290 Arbeiten. Damit haben wir Stuttgart den ersten Rang einer öffentlichen Sammlung in Deutschland abgelaufen», berichtet der Kurator stolz. Besonders die vielen frühen Werke aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg seien kaum bekannt.
Der mittlerweile 81-jährige Stifter hatte sich zwischenzeitlich öfter ungeduldig gegeben, denn er wollte die anfänglich für 2005 geplante Eröffnung seines Museums auch noch erleben. Doch die Stadt ließ sich Zeit, weil es besonders gut werden sollte. Und es wird deutlich teurer als geplant. War man 2003 von 5,7 Millionen Euro ausgegangen, wurde später mit 8 Millionen geplant und nun wird mit bis zu 9,5 Millionen Euro Baukosten gerechnet. Davon entfallen 2,9 Millionen Euro auf die Kommune, der übrige Teil auf Fördermittel und die Stiftung, heißt es aus dem Rathaus.
Carola Benz
http://www.chemnitz.de/kunstsammlungen