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Berlin (ddp). Man kennt ihn als Ziggy Stardust, als Musiker, Schauspieler, Superstar. David Bowie war «Der Mann, der vom Himmel fiel» ebenso wie «The Man who sold the World». Und doch sind das sind nur einige wenige seiner Inkarnationen: David Bowie war auch eine Kreditkarte, ein Internetzugang und ein Aktienpaket. Heute (8.1.07) wird er 60 Jahre alt.
David Bowie ist ein unsteter Gesell. Nach seinem Schulabschluss mit 16 begann er als Saxophonspieler in einigen Mod-Bands. Er begründete 1969 das «Beckenham Arts Lab» - ein loses Künstlerkonglomerat, das sich für Musik, Marionetten und Gedichte gleichermaßen zu begeistern vermochte. Um Geld für das erfolglose «Arts Lab» einzutreiben, unterschrieb David Bowie (bürgerlich: David Robert Heyward-Jones) einen Major-Plattenvertrag. Das daraufhin veröffentlichte Album «Man of Words, Man of Music» brach mit dem Schlagersound des vorangegangenen Debüts «David Bowie» (1967) und bescherte Bowie mit der Single «Space Oddity» den ersten Hit.Mit «The Man who sold the World» (1970) rasch den Hardrock abgehakt, mit «Hunky Dory» (1971) kurz mal die Gefilde der gefälligen Popmusik durchwandert - und schon ward es Zeit für die Fleischwerdung von Ziggy Stardust: Bowie färbte sich die Haare orange, verkündete, bisexuell zu sein, und näherte sich auch in seinem Verhalten an die selbstgeschaffene Figur an: Bowie benahm sich exakt so, wie der fiktive überspannte Rockstar, den er auf «The Rise and Fall of Ziggy Stardust and the Spiders from Mars» (1972) geschildert hatte - Drogenexzesse und öffentlicher Hitlergruß inklusive.
Die 70er Jahre verliefen für Bowie manisch und impulsgesteuert. Er veröffentlichte Platten mitunter im Halbjahrestakt und wechselte seinen Stil so oft wie seine Bühnengarderobe. So verstörte er Kritiker wie Fans mit einer urplötzlichen Passion für Soul («Young Americans», 1975). Er wohnte in Los Angeles, London und Berlin. In der Mauerstadt kurierte er seine Heroinsucht und begann, sich für elektronische Musik zu interessieren: «Low» und «Heroes», beide 1977 erschienen, gelten heute als Meilensteine des umfänglichen Bowie-Werkes.
Seine größten kommerziellen Erfolge feierte Bowie mit «Let´s dance» und «China Girl» (1983), deren Video-Clips ihm Eintritt in die aufstrebende Ära des Musikfernsehens verschafften und ihn als stylishen Popper mit adretter Frisur zeigten. Bowie verwandelte sich in eine Jet-Set-Ikone, unverzichtbar für jede Celebrity-Party. Künstlerisch landete er eine Reihe von Flops, von denen er sich so schnell nicht erholen sollte: Das Album «Tonight» (1984) galt als Selbstplagiat, was für einen Mann mit dem damaligen Beinamen «Rockchamäleon» einem Todesurteil gleichkam. Der Versuch, sich als Krawatte tragender Heavy-Rocker mit «Tin Machine» (1989) neu zu erfinden, scheiterte auf ganzer Linie.
Erstaunlicherweise war es ausgerechnet der Boom der elektronischen Musik, der die etablierte Rockmusiker-Szene ernsthaft erschütterte, Bowie indes ein fulminantes Comeback erlaubte: Auf «Earthlings» verband Bowie 1997 Drum&Bass-Rhythmen mit Gitarrensounds und Popmelodien.
Furore machte David Bowie im Zuge des Dotcom-Hypes als Internet-Apologet und Börsianer: Mit «Bowienet» bot er kostenpflichtige Zugänge zum Internet an, gab zeitweilig über die «BowieBanc» Kreditkarten mit seinem Konterfei aus und brachte sich selbst an die Börse. Mit seinen Bowie-Aktien erlöste er 55 Millionen Dollar, mit denen er die Rechte an seinen Songs von den Plattenfirmen zurückkaufte. Bedingt durch die Krise der Musikindustrie rutschte das Wertpapier zeitweilig unter Ausgabekurs. Doch die Erfolgskurve weist für den Jubilar wieder nach oben: Mit seiner Version des Pink-Floyd-Klassikers «Arnold Layne», ein Gemeinschaftswerk mit David Gilmour, schaffte er es in die britischen Charts. Es ist sein 38. Top-20-Erfolg.