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Unabhängige Musikszene trifft sich in Leipzig +++ Indie-Festival Pop Up sucht Wege aus der Krise +++ 8000 Besucher erwartet
Leipzig (ddp). Nachzügler haben keine Chance mehr. «Wir haben keine Ausstellerplätze mehr frei», sagt Jana Wetzlich in einem Büro im Leipziger Szenestadtteil Connewitz. Sie ist Mitarbeiterin der Popmusik-Messe Pop Up und muss einem kleinen Plattenvertrieb erklären, warum es keinen freien Stand mehr gibt. Die große Halle A im Leipziger Werk II ist seit Monaten ausgebucht. Am Samstag kommt dort die sogenannte Independent-Popszene zum wichtigsten Treffen der unabhängigen Musikszene zusammen.Im siebten Jahr ihres Bestehens könne sich die Pop Up weiter als Nummer zwei nach dem Giganten Popkomm bezeichnen, sagt Pop Up-Sprecher Matthias Puppe. Denn vergleichbar sind die Messen kaum. In Leipzig eint die rund 140 ausstellenden Plattenfirmen, Konzertagenturen, Musikverlage und Fan-Magazine vor allem die Unabhängigkeit von den Musikkonzernen, der Charme des Selbstgemachten und der Wille zu sehr eigenständiger, nicht immer mehrheitsfähiger Musik.
Denn seit Jahren ist die Branche in der Krise. Kostenlose Downloadmöglichkeiten im Internet haben dazu geführt, dass Musiker und Firmen kaum noch Einnahmen mit dem Verkauf von Musik erzielen. Für die traditionellen Diskussionsforen am Rande der Messe haben die Veranstalter folglich das Oberthema «Neue Utopien für meinen Bruder und mich» erwählt. In Anspielung auf einen Song der Band Superpunk wollen Medienleute, Musiker und Labelmacher Wege aus der Krise aufzeigen.
Schon zwei Tage vor der Messe, am Donnerstagabend, startet die Pop Up ihr Festivalprogramm. In 15 Leipziger Clubs sind dann bis Samstag rund 80 Bands und DJs zu hören. Die müssen in den Augen der Plattenfirmen und Messeveranstalter neu und progressiv sein, auf jeden Fall aber auch bezahlbar.
Das Budget der Pop Up ist so klein wie gehabt. Dem veranstaltenden Verein Pop Universell stehen schon seit Jahren nur etwa 20 000 Euro zu Verfügung. Die gesamte Crew arbeitet im Ehrenamt und «mit viel Herzblut», wie die Macher sagen. Die Musikmagazine «Intro» und «De:Bug», ein Radiosender und einige wenige private Sponsoren tragen Festival und Messe mit.
Was hat sich verändert seit der ersten Messe 2002? «Wir sind vielleicht einen Tick professioneller geworden. Und unser Standing ist besser. Wir bekommen mittlerweile auch viele Anfragen aus dem europäischen Ausland», sagt Pop Up-Mitorganisator Roland Keimel. Die Veranstalter hoffen auch dieses Jahr wieder auf 8000 Besucher. «Diese Zahl erreichen wir seit vier Jahren relativ konstant», sagt Festival-Sprecher Puppe. Viel mehr geht nicht: «Clubs und Messe stoßen an die Grenzen ihrer Kapazität.»
Erstmals gibt es in der Halle 5, wo seit Jahren am Pop Up-Samstag der Band-Nachwuchs spielt, eine Sponsorenbühne. Eine ostdeutsche Cola-Marke unterstützt die Messe. Keimel sagt auf die Frage, ob die siebte Pop Up trotzdem unabhängig wie immer sei: «Wenn unabhängig \'mit Liebe und ohne Bezahlung\' heißt, das sind wir es definitiv noch.» Gordon Frey, der als Aussteller seit Jahren bei der Pop Up dabei ist, hat Verständnis dafür: «Die Messe kann das Geld gut gebrauchen.»
Robert Schimke
http://www.leipzig-popup.de
Die Pop Up in sieben Daten
- rund 140 Aussteller aus der unabhängigen Musikszene sind vertreten
- in 15 Clubs spielen drei Tage lang rund 80 Bands
- auf drei Foren soll die Zukunft der Pop-Branche diskutiert werden
- erwartet werden rund 8000 Besucher, davon 2000 auf der Messe
- die Pop Up gilt als zweitgrößte deutsche Musikmesse nach der Popkomm und als wichtigstes Treffen der unabhängigen Musikszene
- Träger ist der Leipziger Verein Pop Universell, die Crew der Pop Up arbeitet ehrenamtlich und ohne öffentliche Förderung
- die Pop Up findet seit 2002 jährlich in Leipzig statt