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Heine digital - Größte Sammlung deutscher Lyrik mit 53 000 Gedichten - Verse am Bildschirm erschließen
Berlin (ddp). Es ist ganz zeitgemäß: Der mit seinem Computer vertraute Literaturfreund setzt sich an den Bildschirm und blättert in Gedichten. 53 000 Verse aus fünf Jahrhunderten «Von Luther bisRilke» hat die «Digitale Bibliothek» auf einer Silberscheibe zusammengestellt und damit die nach Verlagsangaben größte jemals veröffentlichte Lyrikanthologie herausgebracht.
Tatsächlich öffnet sich beim Stöbern in den 115 000 Bildschirmseiten eine Schatzkiste. 207 Dichter sind erfasst, von den ersten neuhochdeutschen Dichtungen und Martin Luther als frühestem Vertreter der Kirchenlieddichtung bis zu Repräsentanten des Symbolismus wie Rilke und von Hofmannsthal. Neben all den großen Namen wie Arndt, Brentano, Chamisso, Fontane, Goethe, Hölderlin, Mörike, Novalis, Schiller und Storm werden auch weniger bekannte Autoren berücksichtigt. So findet sich Heinrich Heine zwischen Karl Henckell (1864-1929), Verfasser vom «Buch des Lebens» und «Buch des Kampfs», und dem Baseler Johann Peter Hebel (1760-1826), der unter anderem «Gelegenheitsgedichte» geschrieben hat.
Heine wird wie alle Autoren mit einer kurzen Biografie eingeführt, dann darf in den Werken geblättert werden. Sein «Buch der Lieder» ist ebenso nachzulesen wie Romanzen, Lieder, Sonette, Zeitgedichte. Mit einzelnen Worten oder ganzen Textzeilen wird auch der weniger kundige Leser schnell fündig: «Ich weiß nicht , was soll es bedeuten» führt sekundenschnell zur «Loreley». Die Suchfunktion verhilft aber auch zu heiteren «Nebenentdeckungen». Denn Heines berühmtestes Gedicht hat mehrere Autorenkollegen zu bissigen Persiflagen herausgefordert. So dichtete Ludwig Eichrodt einst ein «Hungriges Lied», in dem es heißt: «Ich weiß nicht, was soll es bedeuten / dass ich so traurig bin / Ein Beafsteak aus alten Zeiten / Das kommt mir nicht aus dem Sinn...»
Für die Recherche nützlich ist auch eine Werktabelle, die nach Gedichtanfängen, Titeln und Daten sortiert. Das macht die Sammlung trotz ihres enormen Umfangs übersichtlich und leicht handhabbar nicht nur für Studierende und Forscher, sondern auch für den «normalen Leser». Wer dennoch lieber in seinem abgegriffenen Gedichtband blättert, muss wahrscheinlich auf Richtungweisendes verzichten, wie es dazumal Nikolaus Ludwig von Zinzendorf (1700-1760) in seinen «Theutschen Gedichten» Zeitgenossen zum Jahreswechsel mit auf den Weg gab. In seinen «Neu-Jahrs-Gedanken» von 1720 heißt es: «Drum Streiter, Herz auf! Auf! Ohne Verweilen, vollführe den Lauf!»
Cornelia Krüger
(«Deutsche Lyrik von Luther bis Rilke», Band 75 der «Digitalen Bibliothek» 79,90 Euro, ISBN 3-89853-175 9)
(www.digitale-bibliothek.de)