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An manchen Musiktheatern des Landes brodelt es hinter den Kulissen mitunter mehr als auf der Bühne. Jedenfalls brisanter. Nun hat dieses Spielverhalten – nach, nur so als Beispiel, der Oper Leipzig – auch die Sächsische Staatsoper Dresden erreicht.
Da wehte eben noch das Echo einer rundum erfolgreichen „Rigoletto“-Neuproduktion durch die Gazetten, zu Recht freuten sich etwa Regisseur Nikolaus Lehnhoff, Musikchef Fabio Luisi und ein international hervorragend besetztes Solistenensemble um Diana Damrau (Gilda), Juan Diego Flórez (Herzog) sowie Zeljko Lucic (Rigoletto) über den verdienten Erfolg – doch wenige Tage später klingen die Schlagzeilen reichlich verflucht nach Maledizione, dem ursprünglichen Titelvorschlag dieser Verdi-Oper.Am letzten Sonntag im Juni hat der Generalmusikdirektor des Hauses, Staatskapell-Chefdirigent Fabio Luisi, überraschend die Leitung einer „Meistersinger“-Aufführung abgegeben. „Probentechnische Probleme“ sollten als Begründung hinreichen. Auf gut deutsch kann das nichts anderes als Fehldispositionen im künstlerischen Betrieb meinen. Hatte Luisi eben noch in der Lokalpresse ein überaus positives Resümee seiner ersten Saison in Dresden gezogen (die mit der durchaus umstrittenen Premiere eben dieser „Meistersinger“ begann) und insbesondere sein Mitspracherecht für die Nachfolge von Intendant Gerd Uecker in die Waagschale geworfen, so wurde er kurz darauf mit einer Satzungsänderung konsterniert. Ein offenbar klammheimlich mit dem Staatsministerium ausgehandeltes Papier soll künftig die Gleichstellung von Intendant und Verwaltungsdirektor beinhalten, eine klare Zurücksetzung des GMD.
Vorerst bleibt zu munkeln, ob diese offensichtliche Brüskierung oder in der Tat „nur“ eine mangelhafte Probenplanung für Luisis Achtungszeichen gesorgt hat, das höchst wirksam ausgerechnet zum Auftakt der diesjährigen Opern-Festspiele (zu Spielzeitschluss werden in Dresden stets die Neuproduktionen der Saison nochmal gebündelt präsentiert) erfolgte. Insbesondere das Bühnenbild zu Claus Guths Inszenierung der „Meistersinger von Nürnberg“ birgt akustische Herausforderungen, die gründliche Orchesterproben mit Chor und Solisten dringend erforderlich machen. Soviel Handwerk und Sachverstand auch weit hinter den Kulissen müsste an einem Haus vorausgesetzt werden können, wenn es nicht nur um touristische Auslastung, sondern auch um künstlerische Qualität gehen soll.
Michael Ernst