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Verena Wiedemann bezieht ab Montag als erste Generalsekretärin in der Geschichte der ARD in Berlin ihr neues Büro. Die zuvor für das ARD-Verbindungsbüro in Brüssel verantwortliche 48-Jährige soll die Interessen des Senders nach außen vertreten und als zentrale Ansprechpartnerin für den Senderverbund fungieren.
Über ihre neuen Aufgaben und die anstehenden medienpolitischen Fragen sprach ddp-Korrespondentin Christina Denz mit Wiedemann.ddp: Frau Wiedemann, wie wird ihr Job als erste ARD-Generalsekretärin am Montag beginnen?
Wiedemann: Zuerst werde ich mein Büro fertig einrichten und im Laufe des Sommers mein Team zusammenstellen. Das weitere Vorgehen werde ich mit dem ARD-Vorsitzenden Thomas Gruber und anderen Verantwortlichen beraten. Und dann werde ich mich auch in meiner neuen Position ARD-intern vorstellen und anschließend mit der Medienpolitik ins Gespräch kommen.
ddp: Welche inhaltlichen Themen kündigen sich für Sie bereits an?
Wiedemann: Ein großes Thema ist die Teilhabe der ARD an neuen Plattformen wie Internet-TV. Wir verhandeln derzeit mit Netzbetreibern über die unverschlüsselte Weiterleitung unserer digitalen Programme. Die Zuschauer dürfen nicht noch einmal durch eine Art Basis-Pay-TV-Verschlüsselung zur Kasse gebeten werden, um uns zu empfangen.
ddp: Die Vereinigung der Rundfunkgebührenzahler (VGRZ) legte gegen die geplante Gebühr auf Computer ab Januar 2007 Verfassungsbeschwerde ein. Welche Position vertritt die ARD dabei?
Wiedemann: Die ARD braucht eine klare Linie, die vermittelbar ist - und zwar vor Jahresende, damit sich die Nutzer darauf einstellen können. Am 1. Januar 2007 werden grundsätzlich neuartige Empfangsgeräte gebührenpflichtig. Für mehr als 99 Prozent der Zuschauer ändert sich dadurch nichts, denn die Computer in einem Haushalt werden nicht anders behandelt als herkömmliche Zweitgeräte für den Rundfunkempfang, das heißt, für sie fallen keine weiteren Gebühren an. Wie die gesetzliche Regelung ab 2007 im Detail umgesetzt wird, steht derzeit noch nicht fest. Dazu werden die Beteiligten in den nächsten Wochen noch Gespräche führen. Ziel aller ist ein faires und gerechtes Verfahren.
ddp: Der Zuschauerverband zielt mit seiner Verfassungsbeschwerde auch darauf, die Geräteabgabe überprüfen zu lassen, um eine Haushaltsabgabe zu erreichen. Ist das für die ARD vorstellbar?
Wiedemann: Die Geräteabgabe ist ein etabliertes System, um Gebührengerechtigkeit zu erreichen. Könnte ein Systemwechsel diese Gerechtigkeit noch abbilden? Könnten die bestehenden Befreiungstatbestände erhalten werden? Zunächst sollten wir die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht abwarten - auch jene auf die ARD-Beschwerde zur Gebührenfestsetzung, die wir im Oktober 2005 eingereicht hatten.
ddp: Rundfunk ist Ländersache. Mit welchen Anliegen treten Sie an die Bundesregierung heran?
Wiedemann: Es gibt einige medienpolitische Schnittstellen zwischen Bund und Ländern. Eine ist die Telekommunikationsregulierung. Die Infrastruktur der Netze ist für den Rundfunk von enormer Bedeutung. Nur im Zusammenwirken von Bund und Ländern kann verhindert werden, dass die Rundfunkpolitik dabei nicht auf der Strecke bleibt. Hier müssen wir das Verständnis des Bundes für die Belange der Sender wecken. Bei internationalen Fragen, etwa der anstehenden letzten WTO-Runde zur Liberalisierung im Dienstleistungsbereich, ist der Bund federführend, und die Interessen des Rundfunks sind unmittelbar berührt. Dazu ist ein intensiver Austausch mit den zuständigen Bundesministerien nötig.
ddp: Sie werden künftig auch mehr mit dem Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) zu tun haben.
Wiedemann: Es gibt genügend Pragmatiker auf beiden Seiten, die sehen, dass wir in manchen Punkten zusammenarbeiten müssen, etwa bei der Frage des Erhalts der dualen Rundfunkordnung. Denn sollte im Zuge der Telekommunikationsregulierung die Zukunft dieser Ordnung auf dem Spiel stehen, greift das den gesamten Sektor an - nicht nur die Öffentlich-Rechtlichen. Wenn ein Kabelnetzbetreiber statt eines deutschen Kindersenders einen Disney-Kanal in sein Angebot nimmt, wäre das auch für die Privaten Konkurrenz. Es zeichnet sich ab, dass wir diese Anliegen gemeinsam erfolgreich vertreten können.