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Die Geraer Kunstsammlung präsentiert derzeit eine Schau-Sammlung "Von Cranach zu Dix - Zwischen Vision und Wirklichkeit".
Gera (ddp-lth). Barockes Rot dominiert das Innere im Nordflügel der Geraer Orangerie, die in eben jener Epoche erbaut wurde. Doch das ist auch das einzig Gemeinsame von Außenhülle und Innenleben des einstigen fürstlichen Gewächshauses, in dem heute die Kunstsammlung Gera ihr Domizil hat. Und sie präsentiert in eben diesem "Roten Salon" seit Sonntag ihre völlig neu konzipierte ständige Ausstellung. Als Geraer Schau-Sammlung "Von Cranach zu Dix - Zwischen Vision und Wirklichkeit" gestattet sie dem Besucher einen ebenso exklusiven wie außergewöhnlichen Blick auf die Glanzlichter ihrer Bestände.Die sind im Vergleich zu anderen Museen relativ jung, wurde die sehr heterogene Sammlung doch erst Anfang des 19. Jahrhunderts von kunstsinnigen und stiftungsfreudigen Bürgern der Stadt begründet. Die Entstehungszeit der Gemälde und Zeichnungen, Grafiken und Plastiken allerdings reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück. So lässt die Exposition teilhaben an vier Jahrhunderten Kunstgeschichte. Doch nicht das macht das Besondere der neuen Dauerschau aus. Vielmehr ist es die ungewöhnliche Art, wie die nach Worten von Kunstsammlungsdirektorin Ulrike Lorenz "delikate Auswahl" der Werke verschiedener Jahrhunderte, Epochen und Stile gezeigt wird.
Dabei machten die Museumsleute aus der Not eine Tugend. Nach der Sanierung und Restaurierung des Nordflügels der Orangerie im vergangenen Jahr verboten es denkmalpflegerische Aspekte, die Kunstwerke weiterhin auch an die Wände zu hängen. So stehen nun die in Rot gehaltenen hohen Stellwände im Raum - unterschiedlich angeordnet, so dass sich der Besucher zwischen ihnen hindurch schlängeln muss. "Wie ein Mäander durch die Jahrhunderte", findet Ulrike Lorenz einen passenden Vergleich.
Der zeitliche Bogen der Exponate spannt sich von der 1516/17 geschaffenen hölzernen Altartafel "Postersteiner Kreuzigung" von Lucas Cranach d.Ä. bis hin zu der erst vor zwei Jahren entstandenen "Grünen Grenze" der Geraerin Künstlerin Barbara Toch. Dazwischen können die Besucher Vertreter der niederländischen Landschaftsmalerei und der Düsseldorfer Malschule, Werke von Otto Dix und Zeitgenossen aus seinem Geraer Umfeld ebenso bewundern wie aktuelle Kunst. Gezeigt wird auch das erst kürzlich erworbene Gemälde "Streitende Hunde" des in Gera gebürtigen, in England lebenden Karl Weschke.
Nicht chronologisch präsentieren sich die Exponate, sondern in spannungsvollem Dialog zu- und gegeneinander. Einen solchen führen beispielsweise das Cranach-Werk, das 1925 entstandene "Stilleben mit Witwenschleier" von Otto Dix und "Die Auferstehung" des 1943 geborenen Horst Sakulowski. Doch nicht nur Gemälde stehen untereinander in Verbindung. Vielmehr stehen sie mit Plastiken, Skulpturen und Multiples im lebendigen Zwiegespräch. Das kann sowohl harmonisch als auch gegensätzlich sein. Lisa Simciks figürliche Plastik "Auferstehung" etwa steht im Kontext zu Erich Drechslers "Viadukt", während sich eine abstrakte Plastik Alfred Priebes dazu eher konträr verhält. Barockes trifft auf Abstraktes, das Gemälde eines an der Klassischen Moderne orientierten Alexander Wolfgangs auf ein den Geist des ausgehenden 20. Jahrhunderts widerspiegelndes Multiple von Joseph Beuys.
Uschi Lenk