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Der Bundestag dringt auf eine stärkere Förderung des deutschen Films. Ein Marktanteil von knapp 20 Prozent im vergangenen Jahr sei immer noch unbefriedigend, zeigten sich Koalition und Opposition am Freitag im Parlament einig.
Berlin (ddp). Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin (SPD) lehnt eine komplette Umgestaltung der deutschen Filmförderung ab. Ein von der FDP geforderter "Systembruch" würde den Abschied vom deutschen Kinofilm bedeuten, sagte der Staatsminister am Freitag im Bundestag in Berlin. "Die kulturelle Dimension des Kinofilms beschränkt sich nicht auf den Minderheitenfilm." Daher sollte es nicht nur eine gezielte Förderung von Streifen für ein begrenztes Publikum geben.Der Beginn der heutigen Förderstrukturen gehe bis 1962 zurück, sagte Nida-Rümelin. Ursache sei die mangelnde Wahrnehmung des deutschen Films im Ausland gewesen. Mit der einsetzenden Förderung seien auch erste Preise und Anerkennungen gekommen. Daher sollten Subventionen, so sehr sie heute auf den Prüfstand gehörten, nicht mit einem Federstrich weggewischt werden. E gehe darum, die "deutsche Stimme" im internationalen Filmgeschäft zu erhalten.
Von Seiten der Koalition wurde darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung mit der Vorlage eines filmpolitischen Konzeptes im November vergangenen Jahres Weichen gestellt habe. Für die Opposition geht die Vorlage teilweise in die falsche Richtung, da angesichts des Kinosterbens den Filmtheatern keine weiteren Abgaben aufgelegt werden könnten.
Die SPD-Abgeordnete Gisela Schröter, Mitglied des Kunstbeirates des Bundestages, hob den Konsens im Parlament hervor, das gegenwärtige Filmförderungsgesetz grundlegend umzugestalten. Zwar habe es 2001 neun deutsche Filmproduktionen gegeben, die über eine Million Besucher hatten. Doch hätten nur zwei Produktionen, "Der Schuh des Manitu" mit elf Millionen Besuchern sowie die deutsch-französische Koproduktion "Die wunderbare Welt der Amélie" die Quote nach oben getrieben. Daher müssten die Rahmenbedingungen für künstlerische Kreativität verbessert werden.
Für die Grünen sagte die Abgeordnete Antje Vollmer: "Film ist Kunst, aber auch Kommerz." Nicht die im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sicherlich geringere staatliche Zuwendung könne die Stagnation des deutschen Films erklären. Vielmehr müsse das ganze Konzept der Filmentstehung und -förderung überprüft werden. "Ich habe den Eindruck, dass manchmal die Qualität eines Geschäftsführers höher bewertet wird als die Qualität eines Regisseurs." Auch sollte am Anfang ein Nachdenken über die Kreativität der Filmschöpfer stehen.
Ähnlich äußerte sich der FDP-Abgeordnete Hans-Joachim Otto: "Die Rettung des deutschen Films kommt nicht durch noch mehr Filmfördergelder." Immerhin brächten Bund und Länder heute schon 200 Millionen Euro auf, ein noch größerer Förderanteil komme aus europäischen Quellen. Mit dieser "Umverteilungsarie" und dem "süßen Gift der Subventionen" müsse Schluss sein. Viele Filmschaffende seien mittlerweile kreativer in der Organisation von Fördergeldern als bei den eigenen Produktionen. Die PDS verlangte indes mehr Mittel für die Kulturförderung, unter anderem durch höhere Abgaben der TV-Anstalten.
Die unzureichenden öffentlichen Zuwendungen beklagte auch der CDU-Kulturexperte Bernd Neumann. So stelle der Bund nur 15 Millionen Euro als Hilfen zur Verfügung, die Hauptlast würden die Länder tragen. Auch an der Vernachlässigung der Filmförderung liege es, dass der deutsche Marktanteil in den vergangenen Jahren zwischen 10 und 16 Prozent gelegen habe. Denn während der englischsprachige Film mit 50 Millionen Dollar pro Streifen rechnen könne, liege dieses Summe in Deutschland bei 4 Millionen Euro oder umgerechnet 3,45 Millionen Dollar. Es sei sicher richtig, dass die Verantwortung für den Stand des deutschen Films bei der Firmwirtschaft selbst liege. Doch müsse der Film gegenüber Theater und Oper endlich als "gleichrangige Kunstform" angesehen werden.