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Die Vergabe des Heinrich-Heine-Preises der Stadt Düsseldorf an den österreichischen Schriftsteller Peter Handke wird immer unwahrscheinlicher. Im Düsseldorfer Stadtrat zeichnet sich eine breite Ablehnung gegen die Verleihung der renommierten Auszeichnung an Handke ab, wie die Nachrichtenagentur ddp am Dienstag erfuhr.
SPD, FDP und Grüne wollten die Vergabe des Preises an den 63-Jährigen verhindern, hieß es. Auch in der CDU-Ratsfraktion gibt es nach Angaben von Bürgermeister Dirk Elbers heftigen Widerstand gegen die Verleihung des Heine-Preises an Handke.Der Streit um die Preisverleihung steht nach Angaben eines Sprechers der Stadt Düsseldorf am 22. Juni auf der Tagesordnung des Stadtrates. Sollten die Fraktionen im Stadtrat gegen die Vergabe der Auszeichnung an Handke votieren, werde der Schriftsteller die Ehrung «definitiv nicht erhalten», sagte der Sprecher. Am Mittwoch will sich der Düsseldorfer Landtag im Rahmen einer Fragestunde mit dem Thema Heine-Preis-Verleihung an Handke befassen. Der Österreicher war in die Kritik geraten, weil er mehrmals öffentlich für den serbischen Diktator Slobodan Milosevic Partei ergriffen hatte. Handke selbst bezeichnete in einem Zeitungsinterview die ihm nachgesagte Nähe zu Milosevic als Irrtum. «Ich habe nie eines der Massaker in den Jugoslawienkriegen 1991 bis 1995 geleugnet oder abgeschwächt, verharmlost oder gar gebilligt.» Auch sei bei ihm nirgendwo zu lesen, er habe Milosevic als «ein» oder «das Opfer» bezeichnet, heißt es in einer Stellungnahme des 63-Jährigen.
Der Schriftsteller betonte, er habe sich im Februar 1999 vor der Kamera des Belgrader Fernsehens «verhaspelt», als er auf Französisch gesagt habe, die Serben seien noch größere Opfer als die Juden. Als er das Band abgehört habe, habe er dies schleunigst schriftlich korrigiert, sagte Handke. Dieser Text sei auch von großen Zeitungen und Zeitschriften abgedruckt worden.
Zuletzt hatte Handkes Teilnahme an dem Begräbnis des ehemaligen jugoslawischen Staatschefs Milosevic im März für Kontroversen gesorgt. Er habe bei dem Begräbnis Milosevics, der vor dem Den Haager Kriegsverbrecher-Tribunal angeklagt war, Zeuge sein wollen, sagte Handke damals. Er habe auf den Tod des Ex-Staatschefs «nicht mit Genugtuung reagiert». Er gestand, «so etwas wie Kummer empfunden zu haben».
Derweil denkt der Schriftsteller Günter Kunert darüber nach, seinen Heinrich-Heine-Preis zurückzugeben, sollte der Preis an Handke verliehen werden. Er begreife nicht, wie Menschen nach der deutschen Geschichte mit Handke «den Barden eines Diktators preisen» könnten, sagte Kunert, der den Preis 1985 erhalten hatte. Die Auszeichnung für Handke sei eine Groteske.
Dagegen ist der Vorsitzende des Verbandes Deutscher Schriftsteller, Imre Török, für die Auszeichnung von Handke. Die Empfehlung der Jury, dem Autor den Preis zu verleihen, müsse respektiert werden, sagte Török. «So problematisch diese Entscheidung jetzt vor uns steht, sie ist gefallen, und ich würde sie jetzt nicht mehr rückgängig machen.»
Der Heine-Preis zählt zu den bedeutendsten Literatur- und Persönlichkeitspreisen in Deutschland. Er wird seit 1972 verliehen. In diesem Jahr wurde die Dotierung auf 50 000 Euro erhöht. Handke wurde bekannt mit Werken wie «Die Angst des Tormanns beim Elfmeter», «Ritt über den Bodensee», «Die Unvernünftigen sterben aus» oder «Der kurze Brief zum langen Abschied». (Weitere Quellen: Elbers sowie Sprecher der Stadt Düsseldorf gegenüber ddp, Handke in der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 30.5., Kunert und Török im Deutschlandradio Kultur)