Hauptrubrik
Banner Full-Size

Im September beginnt die Bachler-Ära an der Bayerischen Staatsoper

Publikationsdatum
Body

Viele Gerüchte um Bachler +++ Der künftige Intendant der Bayerischen Staatsoper stellt am Montag den neuen Spielplan vor +++ Oper soll nicht Repräsentation und Unterhaltung, sondern «Auseinandersetzung» sein


München (ddp). Noch ist er gar nicht richtig da. Doch seiner baldigen Amtsübernahme schickt er einen Gruß voraus, den manch wohlbestallter Premierenbesucher als Anschlag auf die Menschenwürde betrachten könnte. Nikolaus Bachler, künftiger Intendant der Bayerischen Staatsoper, hat erst einmal 380 Premierenabonnements gekündigt.

Er wolle ja niemanden vergraulen, sagte Bachler unlängst in einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung, gab aber zu verstehen, dass er den «unglaublichen Drang» zu Opernpremieren in München etwas merkwürdig finde. Eine Premiere sei ohnehin «nicht die beste Vorstellung». Und deswegen wolle er diese Veranstaltungen öffnen, um «Nachrückern» eine Chance zu geben.

Mit diesem unfreundlichen Akt dürfte sich Bachler wohl das erste Mal unbeliebt gemacht haben. Zumindest in den Kreisen derjenigen, die eine Opernaufführung vor allem als kulinarisches Event sehen. Bachler aber lässt keinen Zweifel daran, dass er vor hat, am Nationaltheater vor allem eines zu machen: Theater. Und das sei eben nicht in erster Linie Repräsentation und Unterhaltung, sondern «Auseinandersetzung». Im Übrigen sollten die Menschen «nicht unbedingt das sehen, was sie wollen, sondern was sie sollen».

Das Interregnum an der Spitze der Bayerischen Staatsoper dauert nun schon fast zwei Jahre. Auf Sir Peter Jonas, den allseits beliebten und erfolgreichen Staatsopernintendanten, sollte eigentlich der damalige Chef der Dresdner Semperoper, Christoph Albrecht, folgen. Dessen Berufung im Doppelpack mit Generalmusikdirektor Kent Nagano hatte noch, kurz vor seinem Ausscheiden, der frühere bayerische Kunstminister Hans Zehetmair (CSU) eingefädelt.

Doch der von ihm erkorene Staatsopernintendant in spe galt schon bei seiner Berufung als Fehlbesetzung. Dass das Münchner Haus für den blassen Mann aus Dresden eine Nummer zu groß war, schwante dann auch Zehetmairs Nachfolger Thomas Goppel (CSU). Noch bevor Albrecht sein neues Amt antreten konnte, wurde er mit goldenem Handschlag wieder verabschiedet. Die Wunschbesetzung, der Wiener Burgtheaterdirektor Bachler, war aber vertraglich noch gebunden. Also wurde für die Interimszeit Kent Nagano mit der Leitung des gesamten Hauses beauftragt.

Im September nun soll Bachler endlich auf dem Intendantensessel der Staatsoper, des vielleicht bedeutendsten Opernhauses in Deutschland, Platz nehmen. Am Montag (5. Mai) will er in München erstmals seine Planungen für die neue Saison 2008/2009 vorstellen. Die Spannung vor der Pressekonferenz ist groß, allerlei Gerüchte machen die Runde.

Das brisanteste Gerücht besagt, dass der Theatermann und Ex-Schauspieler Bachler mit dem eher rationalen Generalmusikdirektor Nagano «nicht könne». Und so sei es unwahrscheinlich, dass der US-Maestro seinen zunächst bis 2011 laufenden Vertrag verlängert. «Vollkommener Unsinn», dementiert Bachler. Erstens gebe es noch keinen Anlass, über die Zeit nach 2011 nachzudenken. Und zweitens: «Wir hatten ja noch gar nicht die Chance, gut oder nicht gut miteinander auszukommen.»

Auch über die Schwerpunkte des neuen Spielplans wird eifrig spekuliert. Bachler rückte vor der entscheidenen Pressekonferenz nur heraus, das Programm solle «mediterraner» werden. Werden die Münchner Säulenheiligen Wolfgang Amadeus Mozart, Richard Wagner und Richard Strauss auch ausreichend vertreten sein? «Säulen sind aus Gips und gehören erst einmal eingerissen», meint Bachler. Auch dieser Satz dürfte noch lange nachklingen.

«Nicht zu sehr geliebt werden wollen», das ist das Credo des neuen Staatsopernintendanten. Als Provokateur um jeden Preis will Bachler allerdings auch nicht gelten. Weder kalkulierte Erfolge noch kalkulierte Provokationen hätten Kraft. Was er will: eben echtes Musiktheater. Für sein künftiges Münchner Publikum hält er nach all den wohl kalkulierten Bosheiten auch ein wenig Seelenbalsam bereit. «Sehr wach, offen, liebevoll» seien die Menschen in der bayerischen Metropole und «durchaus neugierig».

Georg Etscheit

Musikgenre