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Berg (ddp). Zum ersten Mal seit 20 Jahren macht der Internationale PEN-Kongress wieder Station in Deutschland. Nach Hamburg im Jahr 1986 ist vom 20. bis 28. Mai Berlin Treffpunkt von Schriftstellern aus aller Welt. Mit Johano Strasser, dem Präsidenten des PEN-Zentrums Deutschland, sprach ddp-Korrespondentin Angelika Rausch in Berg über das Motto der Tagung, den Schwerpunkt Afrika und die Rolle Berlins.
ddp: Herr Strasser, wie wird sich die deutsche Hauptstadt den internationalen Literaten präsentieren?
Strasser: Wir tagen in der historischen Mitte Berlins, am Gendarmenmarkt. Das ist natürlich hoch attraktiv für die Teilnehmer. Wir sehen das auch an den Anmeldungen: Es gibt einen gewaltigen Zuspruch. Wir werden Spaziergänge durch die Mitte Berlins anbieten und die historischen Zusammenhänge, wie etwa das literarische Berlin, darstellen.
ddp: Das Motto des Kongresses lautet «Literatur in friedloser Welt». Wie kam es zu dieser Thematik?
Strasser: Das Motto hat zu tun mit den Erwartungen, die wir alle mit den Umbrüchen 1989 und dem Ende des Ost-West-Gegensatzes verbunden haben. Die Erwartungen auf eine friedlichere Welt haben sich jedoch nicht erfüllt. Zu unserer Überraschung haben wir festgestellt, dass der Gegensatz zwischen Ost und West nicht nur ein zerstörerischer Antagonismus war, sondern auch eine Art Ordnungsstruktur.
ddp: Wird eine Tagung an so einem geschichtsträchtigen Ort dann eine politischere Veranstaltung werden als sonst üblich?
Strasser: Das PEN hat in den vergangenen Jahren zunehmend auch politisch Stellung bezogen, zum Beispiel zur Einschränkung von Menschenrechten auch in demokratischen Staaten nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA. Daher wird auch dieses ein in Teilen sehr politischer Kongress. Aber daneben kommt es uns natürlich auf die Darstellung der Literatur an.
ddp: Es gibt einen Abend, der sich der afrikanischen Literatur widmet. Warum gerade Afrika?
Strasser: Wenn sich die Europäer nicht um die Afrikaner kümmern, wer soll es dann machen? Wir wollen diese Verantwortung übernehmen. Es gibt dort eine ungeheuer vielseitige und interessante Literatur. Wenn die südafrikanische Autorin Nadine Gordimer ihre Einleitung spricht, wird aber sicher auch eine Rolle spielen, was politisch mit diesem Kontinent passiert und warum er aus dem Blickwinkel des reichen Nordens geraten ist. Für diesen afrikanischen Abend hat sich auch der Bundespräsident angekündigt, der ja eine besondere Affinität zu dem Kontinent hat.
ddp: Ist die fehlende Meinungsfreiheit eigentlich nur ein Problem der Dritten Welt?
Strasser: Angesichts der neuen Bedrohung durch den global operierenden Terrorismus hat es eine Menge an Überreaktionen gegeben. Vor allem in den USA gibt es eine dramatische Einschränkung der Äußerungsfreiheit und der Menschenrechte. Aber auch bei uns ist ja die jetzt aufgedeckte Bespitzelung von Journalisten durch den Bundesnachrichtendienst nur ein kleines Indiz dafür. Auch die westlichen Demokratien sind nicht ein für allemal gegen solche Einbrüche gefeit.
ddp: Welche Rolle spielt eigentlich die Auseinandersetzung der großen Weltreligionen in Ihrem Verband?
Strasser: Das spielt eigentlich unter den Schriftstellern, die im PEN organisiert sind, so gut wie keine Rolle. Es gibt niemanden, der ein militanter Vertreter einer bestimmten religiösen Richtung wäre. Aber ein Thema für die Schriftsteller ist der Konflikt durchaus. Das sieht man zum Beispiel an Salman Rushdie.
ddp: Kann bei Ihnen nur Mitglied werden, wer tatsächlich laut Ihrer Charta für die freie Meinungsäußerung eintritt?
Strasser: Es gibt Ausnahmen - in China beispielsweise. Von dort kommen zwei Delegierte, und diese werden sich unseren Erfahrungen nach im Zweifelsfall bei Abstimmungen immer enthalten. Die können nicht offen ihre Meinung sagen, weil sie wissen, dass sie beobachtet werden. Wir schließen solche Leute nicht aus, weil wir überzeugt sind, dass die Einflussnahme eher von uns zu ihnen geht als umgekehrt.