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Mit viel Vorschusslorbeeren und hohen Erwartungen bedacht, hat vor zwei Wochen die "beratende Kommission" zur Rückgabe von NS-Raubkunst ihre Arbeit aufgenommen. Ihre Mitglieder sollen in strittigen Fällen entscheiden, was mit von Nazis geraubten Kunstwerken geschehen soll, deren ehemalige Besitzer oder Erben die Stücke bis heute nicht zurückerhalten haben. Doch ob die Kommissionsarbeit Erfolg haben wird, ist fraglich.
Das Problem sei, dass es nur wenige Experten gebe, die den oft verschlungenen Wegen und Besitzverhältnissen von Kunstwerken mit lückenhafter Herkunft nachgingen. Somit gebe es für die Kommission kaum Fälle zu entscheiden, erklärt Haug, die an der Hamburger Kunsthalle die Provenienzforschung betreibt - als eine von bundesweit nur fünf hauptamtlichen Kräften.
Angehörige und Nachfahren der Enteigneten oder Beraubten wüssten häufig nicht, dass ihre Vorfahren überhaupt ein solches Kunstwerk besessen hätten. Wenn sie es wüssten, seien die notwendigen Nachforschungen und Recherchen häufig so teuer, dass sie sich dies nicht leisten könnten.
Cornelia Levi von der Jewish Claims Conference in Frankfurt hofft deshalb auf die Einsicht der Museumsbetreiber. Für die Familien hätten die Werke oft einen hohen ideellen Wert - vor allem, wenn sie infolge der Vernichtung und Verfolgung keine sonstigen Erinnerungsstücke mehr an ihre Vorfahren oder Verwandten hätten
In Deutschland aber haben die rund 5800 Museen die Zahl ihrer hauptamtlichen Provenienzforscher aus Geldmangel sogar noch verkleinern müssen. Die vor eineinhalb Jahren noch sechs Stellen seien inzwischen auf vier in Hamburg, Berlin, Dresden und Frankfurt/Main zusammengeschmolzen, erklärt Haug. Außerdem hat die Oberfinanzdirektion Berlin seit einigen Jahren eine Stelle für die Erforschung des Kulturguts im Bundesvermögen.
Allein in der Hamburger Kunsthalle gibt es nach Haugs Angaben rund 700 Gemälde mit lückenhafter Herkunft, die als Beutekunst in Betracht kommen. Erst 200 davon seien teilweise erforscht. In anderen Museen sei die Situation noch schlechter.
Haug befürchtet deshalb, dass die neue Kommission nicht viel bewirken kann. Sie verweist auf Großbritannien: Dort gebe es schon seit langem eine entsprechende Kommission. Bisher sei aber erst ein einziger Fall entschieden.