München - Der Kinoregisseur Marcus H. Rosenmüller hat mit «Le Comte Ory» seine erste Oper inszeniert - und ist dafür nach der Premiere am Sonntagabend im Münchner Cuvilliés-Theater gefeiert worden. Gioachino Rossinis Oper, die mit Nachwuchstalenten des Opernstudios der Bayerischen Staatsoper auf die Bühne gebracht wurde, erntete ordentlichen Applaus und Bravo-Rufe, Rosenmüller selbst, der mit einem breiten Grinsen auf die Bühne kam, wurde gleichermaßen bejubelt.
Viele kennen Marcus H. Rosenmüller von der großen Leinwand - mit seinem Kinodebüt «Wer früher stirbt, ist länger tot» eroberte er 2006 die Herzen seiner Zuschauer im Sturm. Seitdem gilt er als Erneuerer des bayerischen Heimatfilms. Nun hat sich der umtriebige Filmemacher (41) mit der komischen Oper «Le Comte Ory» von Gioacchino Rossini (1792-1868) auf neues Terrain gewagt. Die Inszenierung mit Nachwuchstalenten des Opernstudios der Bayerischen Staatsoper feierte am Sonntagabend im Münchner Cuvilliés-Theater Premiere - und bekam ordentlichen Applaus und Bravo-Rufe.
Angst vor der Reaktion des Publikums habe er nicht, hatte Rosenmüller zuvor im dpa-Interview gesagt. Er habe im Geiste Rossinis gearbeitet und sich wirklich etwas einfallen lassen: «Im Zweifel müssten wir dann vielleicht das Publikum austauschen!» Der Austausch war nicht nötig. Den Zuschauern gefiel es, obwohl sie schon die erste Spitze aushalten mussten, bevor sich der Vorhang überhaupt öffnete. Denn der Gouverneur, auf der Suche nach dem flüchtigen Verführer Ory, stellte sich erst einmal als Manager von Orys Band vor: «Die Jüngeren unter Ihnen kennen uns sicherlich - also keiner!»
Das Publikum nahm's mit Humor, ebenso wie die ganze Inszenierung, in der der Spieler Ory die unnahbare Adèle erobern will, die eigentlich von Liebe nichts wissen will. Rosenmüller verlegt die Geschichte in die Kulisse einer mitgenommenen Bowlingbahn und reichert sie mit Slapstick-Einschüben und Popkultur-Zitaten an. So kommt Graf Ory etwas träge im Big-Lebowski-Look samt Bademantel daher. Die in neonfarbene Turnkleidung gewandete Damengesellschaft rund um Gräfin Adèle scheint einem 90er-Jahre-Musikvideo entsprungen zu sein. Die lässige Optik von Bühne und Ensemble verleiht den altbekannten Liebesverwicklungen einen frischen Dreh.
Mitunter geraten die Slapstick-Einlagen ein bisschen albern. Die Ohnmachtsanfälle und Prügeleien häufen sich gerade so nicht zu viel. Und als der betrunkene, als Nonne verkleidete Ory während des Gebets hickst, ist das auch nur beim ersten Mal lustig. Trotzdem sind Rosenmüller viele schöne Einfälle gelungen: Die Illustration einer Räuberpistole durch einen scherenschnittartigen, auf ein Laken projizierten Kurzfilm. Die Schiffsschaukel, in der die Gräfin im Zuge der sich anbahnenden Ménage-à-trois zwischen ihren Verehrern Ory und Isolier hin und her schwingt. Oder die Szene, in der Ory unter der Dusche singt - ein bisschen wie in Woody Allens «To Rome With Love».
Leider bleibt Rosenmüller nicht immer konsequent in seinen Ideen. Von der Bowlingbahn etwa ist im zweiten Akt nicht mehr viel zu sehen, Orys «Manager» wird bereits nach dem Prolog zum Gouverneur. Das Ensemble jedoch kann glänzen: Elsa Benoit (Adèle) und Rachael Wilson (Ragonde) stehlen Ory (Matthew Grills) beinahe die Show, Marzia Marzo als Page Isolier gelingt das tatsächlich. Hervorragender Gesang, Rosenmüllers erfrischende Inszenierung und die Musik des Bayerischen Staatsorchesters unter der Leitung von Oksana Lyniv schaffen so einen amüsanten Opernabend, an dem es ebenso viel zu sehen wie zu hören gibt. Das Publikum dankt für die gute Unterhaltung mit Beifall und Bravo-Rufen - und Rosenmüller kommt mit einem breiten Grinsen auf die Bühne.