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Der einstige Nachteil der Leipziger Buchmesse, eher eine Lese- als eine Geschäftsmesse zu sein, verwandelt sich in diesem Jahr offenbar in einen Vorteil. Während die Fach- und Verkaufsmesse in Frankfurt im vergangenen Herbst wegen der Wirtschaftsflaute Einbußen von rund vier Prozent hinnehmen musste, verweist das Leipziger Kultur-Event mit Hunderten von Lesungen auf einen zweiprozentigen Zuwachs.
Leipzig (ddp). Knapp 2000 Aussteller präsentieren sich ab Donnerstag auf der Neuen Messe. Der Wunsch nach Kultur scheint unabhängig von der Konjunktur zu sein.Insgesamt 750 Autoren werden an den vier Tagen ihre Zelte in Leipzig aufschlagen, und aus der Buch- eine Lese-Messe machen. «Leipzig liest» heißt das mittlerweile zwölf Jahre alte Markenzeichen der Messestadt und lässt Frankfurt etwas neidisch nach Sachsen schauen. «Ich gebe zu, dass wir uns an diesem Konzept schon einiges abgeschaut haben», sagt der Sprecher der Frankfurter Buchmesse, Holger Ehling. Und auch am Main hätten sich Lese-Foren als Publikumsrenner erwiesen.
Der Projektleiter der Leipziger Buchmesse, Oliver Zille, sieht den Erfolg seiner Messe in ihrer Nischenfunktion. «Wir sind eine Messe der kleinen Verlage», sagt er. Und diese müssten immer die Nähe zum Leser suchen, wofür sie in Leipzig beste Bedingungen finden. In Frankfurt würden sie wahrscheinlich in der riesigen Menge untergehen. Bei «Leipzig liest» seien sie so nah wie möglich am Publikum. Um diesen Vorteil weiter auszubauen verspricht Zille, jede mögliche zukünftige Investition der Leipziger Buchmesse in erste Linie in das Lese-Festival zu stecken.
Den Aussteller-Rückgang am Main will Zille nicht zu dramatisch kommentieren. Bei mehr als 6000 Ausstellern müsse Frankfurt auf einem ganz anderen Level versuchen, Steigerungen zu erreichen, sagt er. Zudem seien in den vergangenen Jahren enorme Zuwächse erzielt worden. «Diesen Hype hat Leipzig damals nicht mitgemacht», sagt Zille.
Glaubt man dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels, dann steht die Branche ohnehin vor einer Erholung. Die Tendenz zeige nach oben, sagt die Sprecherin des Vereins, Anja zum Hingst. «Die Stimmung bei den Buchhändlern ist eher positiv.» Dabei profitiere die Branche, das klingt ein wenig zynisch, von den unruhigen und kriegerischen Zeiten. «Irak- und Bush-Bücher führen im Moment die Bestseller-Listen an», sagt zum Hingst.
Dass auch in Zukunft Platz für zwei Buchmessen in Deutschland ist, ist mittlerweile Allgemeinplatz aller Beteiligten. Beide Veranstaltungen hätten ihr eigenes Profil entwickelt, sagt zum Hingst. Und auch in einem weiteren Punkt scheint sich jetzt die geringere Größe der Leipziger Buchmesse auszuzahlen: Es gibt keinen Krach über zu teure Hotelkosten oder Gebühren - wie er derzeit in Frankfurt zu einer Wegzugs-Debatte führt. Eine Zusammenführung beider Messen in diesem Zusammenhang sei hingegen nicht vorstellbar. «Leipzig ist viel zu klein für uns», sagt der Frankfurter Sprecher Ehling.
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