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Kunst als Quelle der Verbundenheit - Feierliche Vergabe des «Nobelpreises» der Künste in Tokio
Berlin/Tokio (ddp). Er hat die Dinge auf den Kopf gestellt und dafür viele Lorbeeren eingeheimst. Am Donnerstag bekommt der deutsche Maler Georg Baselitz für sein Schaffen nun in Tokio den Praemium Imperiale. Die internationale Kulturauszeichnung gilt als «Nobelpreis» der Künste. Baselitz, der in der Kategorie Malerei als «einer der wichtigsten Gegenwartskünstler Deutschlands» geehrt wird, hatte die Auszeichnung nach Bekanntgabe der diesjährigen Preisträger im Juni als den «wichtigsten Preis, den es für einen Künstler gibt», bezeichnet. Die Auszeichnung zeige ihm, dass sein «ernstgemeintes Programm», die Bilder auf den Kopf zu stellen, auch öffentlich ernst genommen werde.Bei der Pressekonferenz zur Preisverleihung sagte Baselitz am Mittwoch in Tokio laut Redetext, der Preis sei für ihn eine «wunderbare Überraschung». In seinem Leben habe er häufig ein Gefühl der Nichtzugehörigkeit gehabt. Er empfinde seinen Weg nicht als einen von A nach B, sondern eher als einen von oben nach unten. Um so mehr sei er glücklich, den Praemium Imperiale für Malerei zu bekommen.
Der Preis wird seit 1989 jährlich von der unter der Schirmherrschaft des japanischen Kaiserhauses stehenden Japan Art Association vergeben. Er geht an Künstler, «deren Werk die Menschheit nachhaltig berührt», und soll ein Beitrag zum Weltfrieden sein. Überreicht wird der Preis in fünf Hauptkategorien, die mit je rund 114 000 Euro dotiert sind. In diesem Jahr übergibt Prinz Hitachi, Bruder des japanischen Kaisers, bei einem feierlichen Festakt die hohe Auszeichnung. Ein Sonderpreis für Nachwuchskünstler war bereits im Juni an das Junge Klangforum Mitte Europa verliehen worden, das junge Musiker aus Deutschland, Polen und Tschechien vereinigt.
Die weiteren Preisträger 2004 sind der US-amerikanische Bildhauer Bruce Nauman (Kategorie Skulptur), der brasilianische Architekt Oscar Niemeyer (Kategorie Architektur), der polnische Komponist Krzysztof Penderecki (Kategorie Musik) und der iranische Regisseur Abbas Kiarostami (Kategorie Theater/Film). Außer dem 96-jährigen Brasilia-Architekten Niemeyer, der die Reise nach Japan aus Altersgründe nicht antreten kann, haben alle Preisträger ihr Kommen zu der Verleihung am Donnerstagabend (Ortszeit) zugesagt.
Penderecki soll bei der Verleihung eine Ansprache im Namen aller Preisträger halten. Laut Redetext mahnt er, im Angesicht des Zerfalls der heutigen Welt - sowohl der materiellen, als auch der geistigen - könne die Kunst die Quelle und das Werkzeug der neuen Verbundenheit sein. Sie könne mit ihrer Reichweite einen «vollen, sprich einen fühlenden, suchenden, denkenden, atmenden und leidenden Menschen umfassen».
Der aus Polen stammende Komponist beklagt zugleich, der moderne Mensch verliere «das Wesentliche, die Bedeutung, die Werte, den Sinn des Lebens» aus seinem Blickfeld. Und er erinnert an die Idee des japanischen Haiku, einem kurzen Sinngedicht. Mit ihrer Kontemplation sei sie «ein Gegenvorschlag zur Verbraucherkultur, zum Überschuss an Information, zur Hektik, zur Habgier und der Aufdringlichkeit der Medien und des Wortes». «Haiku lehrt uns, wie sehr die echte, in der Tradition verwurzelte Kunst gebraucht wird», so Penderecki.
http://www.praemiumimperiale.org