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Public Viewing in Bayreuth

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Der Berliner Video- und Filmproduzent Michael Dillmann bringt die «Meistersinger» auf die Leinwand. Ein Interview:

Bayreuth (ddp-bay). Zum ersten Mal in der Geschichte der Bayreuther Festspiele wird in diesem Jahr eine Vorstellung live aus dem Festspielhaus nach draußen übertragen. Tausende von Besuchern können am Sonntag (27. Juli) Katharina Wagners Inszenierung der «Meistersinger» auf dem Festplatz am anderen Ende der Stadt verfolgen. ddp-Korrespondentin Christa Sigg sprach mit dem Berliner Video- und Filmproduzenten Michael Dillmann (47), der dafür sorgt, dass die Produktion optisch gut ankommt.


ddp: Herr Dillmann, der Aufwand für die Übertragung einer einzigen Oper ist wahrscheinlich immens.

Michael Dillmann: Das ist noch gelinde ausgedrückt. Aber man bekommt natürlich sehr viel Oper, die «Meistersinger» dauern fast fünf Stunden. Wir haben einen Übertragungswagen und acht ferngesteuerte Kameras. Die dazugehörigen Kameraleute sind außerhalb des Zuschauerraums im Festspielhaus stationiert.

ddp: Vor Ort geht das vermutlich nicht.

Dillmann: Nein, in Bayreuth kann man keine «bemannten» Kameras installieren, da das Haus schon lange ausverkauft ist. Jemand, der jahrelang auf seine Karte gewartet hat, möchte keine Kamera vor der Nase haben.

ddp: Durch die Übertragung wird also kein Festspielbesucher gestört?

Dillmann: Die Produktion muss möglichst unsichtbar realisiert werden. Lediglich oberhalb des Orchestergrabens befinden sich links und rechts auf Augenhöhe der Sänger zwei sichtbare Kameras.

ddp: Wie kann man ein Bühnengeschehen adäquat auf eine Leinwand übertragen, gibt es eine besondere Bildregie?

Dillmann: Der Mensch hat naturgemäß nur einen Blickwinkel. Wir haben ein paar Möglichkeiten mehr. Draußen im Ü-Wagen verfolgt der Bildregisseur auf seinen Monitoren sämtliche aktuellen Kamerabilder. Er entscheidet, auf welche Kamera die Bildmischerin neben ihm umschaltet. Parallel dazu werden die anderen Kameras auf das nächste interessante Bild dirigiert - und an der richtigen Stelle zugeschaltet.

ddp: Sprechen Sie Ihre Regie mit Katharina Wagner ab?

Dillmann: Sie lässt uns weitgehend freie Hand. Natürlich haben wir Grundlegendes besprochen. Alles im Detail durchzugehen, wäre nicht zu leisten. Denn wenn wir wie bei der Generalprobe im Ü-Wagen sitzen, muss sich Katharina Wagner um das Geschehen auf der Bühne kümmern.

ddp: Mikroports sind wahrscheinlich tabu?

Dillmann: Durchaus nicht. Aber in diesem Fall haben wir darauf verzichtet. Man müsste das frühzeitig in die Kostüme oder Maske integrieren. Der Sachs reißt sich zum Beispiel an einer Stelle das Hemd vom Leib, da würde man natürlich irgendwelche Kabel sehen.

ddp: Die Mikrofone sind dann also im Bühnenraum angebracht?

Dillmann: Jede Menge sogar. Die hat der Bayerische Rundfunk für die traditionellen Radioübertragungen installiert. Wir bekommen vom BR das Tonsignal und verifizieren es fürs Public Viewing. Für das Radio versucht man, den Bühnengesamteindruck einzufangen und wiederzugeben. Wenn Sie beim Fernsehen einen Sänger groß im Bild haben, dann möchten Sie ihn natürlich auch «groß» hören. Das setzen wir um. Und auf dem Festplatz wird dann akustisch eine Raumsituation simuliert.

ddp: Sie sind auch für die DVD-Produktion zuständig.

Dillmann: Richtig. Für diese Produktion hatten wir allerdings bei der Hauptprobe drei mobile Kameras auf der Bühne. Sie waren auch ganz nah an den Sängern dran. Diese Bilder sind allerdings weder beim Public Viewing noch beim Livescreaning zu sehen, sie werden erst für die DVD und fürs TV-Programm verwendet.

ddp: Da gibt es dann Details, die man auch auf den teuren Plätzen nicht sehen kann?

Dillmann: Noch nicht mal in Reihe eins. Man kann diese Inszenierung aus völlig neuen Blickwinkeln sehen.
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