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Nicht nur Unterhaltungsanstalt - Theater Rudolstadt mit höchster Auslastung in Thüringen
Rudolstadt (ddp-lth). Theater hierzulande können nicht genug klagen - über zu wenig Geld ohnehin, nicht selten auch über Besucherschwund. Mehr Geld als jene 6,3 Millionen Euro, die ihm dank der Finanzierungsvereinbarung mit dem Land Thüringen noch bis 2008 jährlich zur Verfügung stehen, würde auch der Intendant des Theaters Rudolstadt, Axel Vornam, nicht zurückweisen. Mit den Besucherzahlen indes zeigt er sich «über die Maßen» zufrieden. Immerhin kann die Bühne auf eine Auslastung von durchschnittlich 86 Prozent verweisen. Das sei Spitze im Thüringer Raum und «der Sockel, auf dem wir gegenwärtig arbeiten», betont Vornam.Nicht selten sind Stücke über Wochen hinweg ausverkauft. Manche Inszenierungen seien so stark nachgefragt, dass «wir gar nicht so viele Vorstellungen ansetzen können», freut sich der Intendant. Dabei setze das aktuell 143 Mitarbeiter starke Ensemble seinem Publikum keineswegs nur leichte Kost vor. Schillers «Jungfrau von Orleans», Brechts «Der gute Mensch von Sezuan», Bebels «Nach dem Regen» und das Jugendstück «Was heißt hier Liebe?» führt er als Beispiele der laufenden Spielzeit ins Feld. Aber natürlich stoßen auch Shakespeares «Maß für Maß», die Sozialkomödie «Ladies Night» und der Schlagerabend «Mütter» auf große Resonanz.
«Theater ist nicht nur eine Unterhaltungsanstalt. Wir haben uns einzumischen und uns zu Wort zu melden», macht der Intendant den Anspruch deutlich. Es komme nur darauf an, wie man die Geschichten erzähle, nämlich so spannend und so aufregend wie möglich. Selbst im Kinder- und Jugendbereich gehe es nicht um heile Welt, sondern darum, die Probleme junger Leute aufzugreifen, Stücke zu spielen, die für sie sofort begreifbar seien. Schließlich mache man Theater für das und mit dem Publikum.
In der laufenden Spielzeit habe sein Theater, das sich auf Schauspiel und Orchester konzentriert und dennoch den Spielplan eines Drei-Sparten-Hauses offeriert, versucht, neue, durchaus kompliziertere thematische und ästhetische Akzente zu setzen. «Wir haben die erfreuliche Erfahrung gemacht, dass dies zu Kontroversen herausfordert, und natürlich gibt es auch bitterböse Reaktionen.» Deshalb auch suchen die Rudolstädter Theaterleute immer wieder das Gespräch mit dem Publikum. Die Rudolstädter Bühne sieht sich als wichtigster kultureller Faktor stark in der Region verankert, und diese Region reicht inzwischen von Kronach und Suhl bis nach Erfurt, Weimar und zum Hermsdorfer Kreuz.
Damit nicht genug, will das kleine Ensemble über die Kooperationen mit dem Theater Nordhausen, der Weimarer und neuerdings auch der Mainzer Musikhochschule seine Gastspieltätigkeit - in dieser Spielzeit macht sie mit etwa 100 knapp ein Fünftel der Vorstellungen aus - forcieren. Arnstadt und Fulda sind fast schon traditionelle Abstecherorte, das Theater und die Alte Oper Erfurt gesellen sich in der kommenden Spielzeit hinzu und ab 2006/07 wollen die Rudolstädter mit ausgewählten Inszenierungen auch das Zeitzer Theater wieder zum Leben erwecken.
Das hat durchaus nicht nur etwas mit der sprichwörtlichen Reisefreudigkeit von Theaterleuten zu tun. «Alle Theater müssen sich jetzt mit einem Konzept positionieren, mit dem sie auch nach 2008 bestehen können», hat der Intendant das Damoklesschwert im Blick, das angesichts der dann auslaufenden Finanzierungsvereinbarung in Gestalt eines neuen Kulturkonzeptes über den Thüringer Bühnen und Orchestern schwebt.
Uschi Lenk
(www.theater-rudolstadt.com)