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München (ddp-bay). Die Kunstform der Oper erlebt nach Einschätzun von Peter Ruzicka, dem künstlerischen Leiter der Münchener Biennale für zeitgenössisches Musiktheater, derzeit eine Renaissance. «Als Hans Werner Henze mit der Biennale begann, hatte er noch Mühe, junge Komponisten zu finden, die ausreichend neue Stücke schreiben. Ich habe heute große Probleme, die vielen Angebote, Visionen und Projekte unterzubringen die an mich herangetragen werden«, sagte Ruzicka in einem ddp-Interview zur 10. Biennale, die am Freitag in München beginnt.
Er fügte hinzu: »Man könnte vier Biennalen machen.» Den Grund für die Beliebtheit der Gattung Oper bei zeitgenössischen Komponisten sieht Ruzicka in einem Bewusstseinswandel: «Bei den jungen Künstlern hat sich langsam die Erkenntnis durchgesetzt, dass Musiktheater in seinen besten Momenten eine Imagination erreichen kann, die in Konzerten allein nicht gelingt.» Die Oper könne viele Aspekte musikalischer und szenischer Art zusammenbringen und auch neue Medien einbeziehen. «Das sind Optionen, die eine neue Form von Erfahrung, vielleicht auch von Erkenntnis beinhalten», sagte der 57-Jährige.
Ruzicka sieht bei modernen Opern auch wieder einen höheren Stellenwert für den Ausdruck von Gefühlen. «Die jungen Komponisten haben gemerkt, dass die Oper etwas vermag, was die Einzelkünste nicht können: alle Sinne anzusprechen und dabei Identifikation zu erzeugen». Allerdings gebe es unter den neuen Opern auch experimentelle Werke, die «eine gewisse Vorbereitung des Hörers» voraussetzten. «Aber solche Hörarbeit kann etwas ungemein Produktives darstellen», betonte der Dirigent.
Die Biennale sei keineswegs nur ein Festival für ein kleines Publikum von Spezialisten, sagte Ruzicka. Nur die eine Hälfte habe vor allem ein «professionelles Interesse» an der Biennale als «Markt». «Die andere Hälfte ist ein überwiegend nicht spezialisiertes, aufgeschlossenes Publikum, das es gerade in München reichlich gibt», erläuterte der Musikmanager. Für diese Menschen sei das Festival ein «wichtiger Kontrapunkt zu einer doch alles in allem sehr repräsentativen Kultur».