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Schleichwerbung und Product Placement im Fernsehen

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Die Fernsehzuschauer sehen derzeit ihre Lieblingssendungen mit ganz anderen Augen. Nach den öffentlich gewordenen Fällen von verbotener Schleichwerbung stellen sich viele Menschen bei eingeblendeten Markenprodukten die Frage, ob für deren Platzierung im Programm Geld geflossen ist.

Berlin (ddp). Dennoch liege die Zukunft der Werbung in Film und Fernsehen im Product Placement, meint der Gründer der Fachagentur für Product Placement «Arrangement Group GmbH», Manfred Auer, der unter anderem auch an der Bayerischen Akademie für Werbung und Marketing in München lehrt.

Auer sagt, der klassische Werbespot gerate aufgrund technischer Neuerungen zunehmend in Bedrängnis. Neue digitale Aufnahmegeräte oder das Internet ermöglichten das Anschauen von Sendungen ohne störende Werbeblöcke. Er prognostiziert zudem eine weitere Verfeinerung des Product Placement, mit dem seinen Angaben zufolge jährlich in Deutschland rund 25 Millionen Euro Umsatz erzielt werden. Während heutige Schleichwerbung schnell erkannt werde, seien beim so genannten «Programming» nur noch Insider in der Lage, die Werbung als solche zu enttarnen. Als Beispiel nannte er eine Sendung, in der beispielsweise durch häufiges Einblenden eines Schlosses und einer Badelandschaft für ein bestimmtes Urlaubsgebiet geworben wird.

Medienrechtler reagieren mit Verständnis auf die neuen Zwänge des Werbemarktes. Für den Direktor des Hans-Bredow-Instituts für Medienforschung an der Universität Hamburg, Wolfgang Schulz, sind daher Sonderformen kommerzieller Kommunikation denkbar, etwa Kennzeichnungen als Unternehmens-TV. Dabei müsse aber sichergestellt sein, dass die Zuschauer genau wüssten, was sie erwartet. Für absolut unverzichtbar hält Schulz die strikte Trennung von Programm und Werbung. Er warnt vor deren eventueller Aufhebung in der novellierten EU-Fernsehrichtlinie. Anderenfalls könne das Zuschauervertrauen in die Unabhängigkeit des Journalismus in Gefahr geraten.

Offiziell wollen die Fernsehsender in Zeiten von Werbeskandalen jedoch nicht viel von verstärktem Product Placement wissen. Diese Entwicklung werde sich vor allem bei der privaten Konkurrenz abspielen, sagt ZDF-Sprecher Alexander Stock. In der Vergangenheit sei im Bereich der Schleichwerbung zwar auch beim ZDF «einiges in der Grauzone passiert». Für die Zukunft schließe er solche Fälle aber aus. Zudem finanziere sich das ZDF nur zu sieben Prozent aus den Einnahmen von Werbung und Sponsoring. Die Privaten, bei denen der Anteil 80 bis 90 Prozent betrage, stünden da unter einem viel größeren Druck.

ProSiebenSat.1 will hingegen weiterhin auf die klassische Werbung setzen. Die Werbeblöcke blieben auch künftig die Hauptstraße zum Verbraucher, sagt Andreas Kühner, Sprecher der Vermarktungsgesellschaft SevenOne Media. Weit über 90 Prozent aller Werbeumsätze des Konzerns würden in diesem Segment erzielt. Daneben werde aber auch verstärkt auf alternative Konzepte gesetzt, wie Titel-Patronage («Lego-Show») oder Onlinewerbung.

Während sowohl Stock als auch Kühner an der Verwendung umsonst bereitgestellter Markenartikel nichts Verwerfliches entdecken können, sieht der Direktor des Instituts für Rundfunkrecht an der Universität Leipzig, Christoph Degenhart, die Sache ein wenig anders. Product Placement und Schleichwerbung seien ein und dasselbe, betont der Jurist. Solange die Produkte kostenlos bereitgestellt würden, gehe das noch an, doch bewegten sich die Transaktionen auch dann schon in einer rechtlichen Grauzone. Sobald aber Gegenleistungen erbracht und vor allem die Produkte ausführlicher als eigentlich notwendig gezeigt und dramaturgisch gerechtfertigt angepriesen würden, sei die Illegalität erreicht.

Ein Verbot für die Verwendung von Markenprodukten im Fernsehen hält Degenhart für nicht denkbar. Er fordert statt dessen eine verbesserte Aufsicht der öffentlich-rechtlichen Sender. Im Gegensatz zu den Privaten würden ARD und ZDF nicht von externen, sondern internen Gremien überwacht. Und diese seien anscheinend überfordert oder nicht kritisch genug.

Nina Jerzy