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Tübinger Ausstellung eröffnet intimen Einblick in das Werk Pablo Picassos

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Fast dreißig Jahre nach Picassos Tod wird am 9. Februar die Ausstellung "Picasso: Figur und Porträt, Hauptwerke aus der Sammlung Bernard Picasso" in der Kunsthalle Tübingen eröffnet. Die über 100 Werke stammen aus dem direkten Nachlass des Künstlers.

Tübingen (ddp-bwb). Er war ein "Jahrhundertgenie", "eine Ausnahmefigur", "die Inkarnation des modernen Künstlers". Mit diesen Superlativen lobt der Direktor der Kunsthalle Tübingen, Götz Adriani, den Star seiner aktuellen Ausstellung: Pablo Picasso (1881 - 1973). Dass der aus Spanien stammende Maler, Zeichner, Grafiker und Bildhauer auch ein "leidenschaftlicher Sammler seiner selbst" war, kommt jetzt - fast 30 Jahre nach Picassos Tod - den Besuchern der Kunsthalle zugute.

Dort werden ab Samstag Gemälde und Zeichnungen aus 70 Schaffensjahren Picassos gezeigt. Die über 100 Werke stammen aus dem direkten Nachlass des Künstlers. Sie gehören größtenteils zu einem Fundus, den Picasso in seinen Häusern in Südfrankreich gesammelt hat und zu Lebzeiten nicht aus der Hand gab.

Die Schau ermöglicht damit einen intimen Blick in das Oeuvre des Mannes, der wie kaum ein anderer die Kunst des 20. Jahrhunderts geprägt hat. Sie zeigt das breite thematische und stilistische Spektrum in Picassos malerischem und zeichnerischem Werk und seine enorme Produktivität. Immer wenn Picasso in einer Stilrichtung Meister geworden sei, habe er sich etwas Neuem zugewandt, sagt Adriani. Das gebe es in der Kunstgeschichte kein zweites Mal.

Schwerpunkt der Ausstellung sind Figurendarstellungen und Porträts - Picassos bevorzugte Sujets. Und so führt die vorwiegend chronologisch gehängte Präsentation zu Beginn zu zwei Porträts junger Männer aus dem Jahr 1899 und zu einem symbolistisch beeinflussten Frühwerk von 1901. Es gehört in die blaue Periode und zeigt den toten Casagemas, einen Freund Picassos. Insgesamt sind aus der Frühzeit - der blauen und der rosa Periode - nur wenige Werke vertreten, da der schon zu Lebzeiten höchst erfolgreiche Künstler damals fast alles verkauft hat. Auch aus der kubistischen Phase sind nur wenige Gemälde, dafür zahlreiche unpublizierte Zeichnungen aus den Jahren 1910 bis 1916 in Tübingen zu sehen.

In den 20er Jahren orientierte sich Picasso rückwärts und näherte sich dem klassischen Ideal. Die Ausstellung zeigt aus dieser klassizistischen Phase Darstellungen von Picassos erster Frau Olga Khokhlova und Picassos Sohn Paulo. Picasso hatte Olga 1918 geheiratet , 1921 wurde Paulo geboren, in Picassos Werk spielten nun Themen wie "Mutterschaft" (1923) oder "Mutter mit Kind" (1921) eine Rolle.

Mitte der 20er Jahre löste Picasso sich wieder von den strengen Vorgaben des klassischen Ideals. Die Hinwendung zu einem eher surrealistisch geprägten Stil veranschaulicht in Tübingen etwa das Bild "Mann in einem Lehnstuhl sitzend", das eine aus farbigen Flächen komponierte Figur mit einem doppelten Gesicht zeigt. Aus der Zeit nach 1930 stellt die Ausstellung Porträts von Picassos Lebensgefährtinnen vor. Großformatige Spätwerke der 60er Jahre, die nach Auffassung Adrianis vor allem durch die "Offenheit der Malerei" und die "Sicherheit der Zeichnung" beeindrucken, runden den Bilderreigen ab.

Alle Arbeiten stammen aus der Sammlung Bernard Picassos, einem Enkel des Künstlers. Nach einer ersten Station im Kunstforum Wien ist die Ausstellung nur noch in Tübingen zu sehen. Der Picasso-Enkel hat den Vorschlag für das Thema "Figur und Porträt" gemacht, den Ausstellungshäusern in Wien und Tübingen aber die Auswahl der Werke überlassen.

Bernard Picasso hatte bis zur Wiener Ausstellung - abgesehen von einzelnen Leihgaben - nur den keramischen Bestand seines Erbes gezeigt. Über den Umgang mit der Hinterlassenschaft seines Großvaters schreibt er im Ausstellungskatalog: "Da Besitzen, Kennen und Verstehen sehr unterschiedliche Dinge sind, benötigte ich Jahre, bis ich begann, sein Werk zu verstehen." Die Sammlung sei für ihn "eine Schatzkammer" der Erinnerungen und des Wissen Picassos. Wenn er diese Schatzkammer nun öffnet, will er dem Publikum die Welt eines Mannes nahe bringen, der in den Augen seines Enkels "immer noch auf der ganzen Welt für die Freiheit künstlerischen Schaffens steht".

Die Ausstellung "Picasso: Figur und Porträt, Hauptwerke aus der Sammlung Bernard Picasso" ist bis zum 16. Juni täglich außer montags von 10.00 bis 20.00 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet 8 Euro, ermäßigt 6 und 3 Euro. Es erscheint ein Katalog zum Preis von 25
Euro.

Ulrike Geist
(Internet: http://www.kunsthalle-tuebingen.de )