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Am Freitag (20.1.06) werden Aufnahmen von zehn Mozart-Klaviersonaten mit dem Pianisten Friedrich Gulda erstmals als «The Gulda Mozart Tapes» veröffentlicht.
Düsseldorf (ddp). Der österreichische Meisterpianist Friedrich Gulda (1930-2000) war ein begnadeter Mozart-Interpret. Er hatte nur einen Wunsch: Wenn er einmal tot sei, so erträumte es sich Gulda, wolle er auf einer Wolke mit Wolfgang Amadeus Mozart vierhändig Klavier spielen. Vor genau sechs Jahren ist Gulda vielleicht zum ersten Mal in den Genuss dieses Vergnügens gekommen - nach seinem Tod am 27. Januar 2000 und damit genau an dem Tag, an dem Mozart vor 244 Jahren geboren wurde. Aber was Gulda eben im Diesseits für eine innige Beziehung zu seinem «Herrn Mozart» hatte, dokumentieren nun seine Aufnahmen von zehn Klaviersonaten, die am Freitag erstmals als «The Gulda Mozart Tapes» veröffentlicht werden.
Entdeckt hat sie sein Sohn Rico Gulda. «Ich wusste aus Erzählungen meines Vaters, dass er im Winter 1980/81 Mozart-Sonaten in Österreich aufgenommen hatte», sagt Gulda im ddp-Gespräch. «Es war in einem Hinterzimmer im Hotel Post am Attersee und an einem Bösendorfer Imperial-Flügel, dem mein Vater den Spitznamen \'Der Löwe\' gab.» Warum Friedrich Gulda jedoch das wertvolle Aufnahmepaket sogleich dem Tonmeister Hans Klement schenkte, bleibt für Rico Gulda ein Rätsel.
Die auf acht Musikkassetten festgehaltenen Mitschnitte fand Klements Witwe jedenfalls im Achiv ihres Mannes wieder. Und Rico Gulda war mächtig aufgeregt, als er die Kopien einlegte: «Das Mozart-Spiel meines Vaters ist rhythmisch präsent und in den Phrasierungen deutlich, zugleich aber immer zärtlich und fantasievoll.»
Dass Friedrich Gulda sich aber bis auf einige Klavierkonzerte und eine einzige Klaviersonaten-Aufnahme erst mit 50 Jahren umfassend mit dem Solo-Werk Mozarts beschäftigte, hatte verschiedene Gründe. Bis 1980 waren die Sonaten für ihn nicht mehr als Einspiel- und Zugabestücke. Außerdem hatte sich Gulda bis dahin aus dem klassischen Konzertbetrieb zurückgezogen, um sich mit Jazz, österreichischem Liedgut und Improvisationen zu beschäftigen.
Von diesem musikalischen Vagabundenleben nahm Gulda dann aber plötzlich eine Erholungspause und ging 1980 in einer umgebauten Scheune im oberösterreichischen Weißenbach am Attersee in Klausur. Und fortan spielte er auf einem Bösendorfer von morgens bis abends nur noch Mozart - während sein Sohn Rico in der Ecke saß, Karl-May-Bücher verschlang und nebenbei «meinen Vater überhaupt zum ersten Mal als klassischen Pianisten hörte».
Rico Gulda hat mittlerweile selber Karriere als Pianist gemacht. Außerdem kümmert er sich in Zusammenarbeit mit Friedrich Guldas Lebensgefährtin Ursula Anders um den Nachlass seines Vaters.
Den gesamten Mozart-Zyklus mit den insgesamt 18 Sonaten kann Rico Gulda jedoch nicht veröffentlichen, reicht doch der Bogen der Aufnahmen von den Salzburger Sonaten aus den Jahren 1774/75 über die «Pariser» Werke bis zur späten «Sonate facile». «Da die Kassetten-Aufnahmen damals mit Auto-Reverse gemacht wurden, fehlen bei einer Sonate zehn Sekunden Spielzeit», so Gulda. «Und gegenüber den Sonaten KV 309 und KV 533 hatte mein Vater gewisse Vorbehalte, war für ihn die eine zu \'unmozartisch\' und die andere zu konstruiert.»
Wer nun aber hört, mit welch strammen Zugriff, entwaffnender Spontaneität und bewundernswerter Ausdruckstiefe Gulda die zehn Sonaten angeht, für den steht eines fest: das Mozart-Jahr 2006 hat seinen Höhepunkt schon jetzt erreicht.