Auf dem Campinggelände stehen Fantasiefahrzeuge en masse, mit Sternen und Streifen beflaggt. Ein(en) Laster hat jeder Trucker, und sei es der friedliche Suff bis zum Koma. Jenseits der Pommes-, Bier- und „Outfit“-Stände parken funkelnde bunte Trucks, aufgemotzt, furchtbar stinkend und ständig hupend beim Truck-Konvoi durch Nordhausen. Im Verkehrschaos schaut sich das Publikum 129 Trucks und lauter harte, ehrliche Männer an. Während des Festivals will man mit über 400 Trucks einen Weltrekord aufstellen, unterstützt von namhaften Herstellern. Dazu Bungee- (nicht: Banjo-)Jumping, Karussell, Ponyreiten, zwei standesamtliche Trauungen (im Outfit), „westerntypische“ Wiederholung auf der Bühne, Fleischwettessen (2 kg mindestens): nicht erstaunlich, dass die Musik fast eine Nebensache ist. Dabei sind die sechs Cowboys deutscher Nation von „Truck Stop“ mit 27 Jahren die wohl dienstälteste Country-Band der Welt, und die kennt sich aus mit der Ferne von Arizona, den Sorgen des kleinen Mannes und der Freiheit der Autobahn, vom „Maschendrahtzaun“ ganz zu schweigen. Doch seltsam: die Herren haben eine Ironie, als ob sie selbst nicht ganz an den Film glauben, in dem sie spielen. Die Musik jedoch ist eingängig, äußerst routiniert mit Satzgesang und dank wummernder Wechselbässe zuverlässig vorhersehbar. Der große Star freilich ist Tom Astor, ein Mann mit Gitarre, tiefer Stimme wie es sich gehört und Band. Musikalisch siehe oben. Katja Kaye ist Country-Newcomerin des Jahres 1999 und hat ihre Band komplett auf Band dabei. Ramona und Hannes haben nur Bass und Drums vom Band, sie kann prima zappeln, aber nicht singen, doch: „Wir haben so viel von euch bekommen, daher singen wir jetzt ein Lied extra für euch!“ Schnulze ab. Das reißt den schlechten „Bobby McGhee“ auch nicht raus, fällt aber bei den wenigen Zuhörern kaum ins Gewicht. Die Meisten sind nämlich hinten beim „Truck Trial“, wo geländegängige LKWs atemberaubende Steigungen an eigens herbeigebaggerten Hügeln bewältigen und die Zelte vollstinken. Immerhin, der IQ-Durchschnitt wird durch Einheimische spürbar angehoben, welche Cowboys und Trucks bestaunen.
„Gibt es denn echte Cowboys hier?“, ruft es von der Bühne, und der vollbelederte 60-Jährige neben mir mit Patronengurt, Handschellen und Sporen springt auf, reißt seinen Hut in die Höhe und brüllt “Hie-or“, womit er sich als Hüter der sächsischen Prärie outet. Auf dem Campinggelände stehen Fantasiefahrzeuge en masse, mit Sternen und Streifen beflaggt. Ein(en) Laster hat jeder Trucker, und sei es der friedliche Suff bis zum Koma. Jenseits der Pommes-, Bier- und „Outfit“-Stände parken funkelnde bunte Trucks, aufgemotzt, furchtbar stinkend und ständig hupend beim Truck-Konvoi durch Nordhausen. Im Verkehrschaos schaut sich das Publikum 129 Trucks und lauter harte, ehrliche Männer an. Während des Festivals will man mit über 400 Trucks einen Weltrekord aufstellen, unterstützt von namhaften Herstellern. Dazu Bungee- (nicht: Banjo-)Jumping, Karussell, Ponyreiten, zwei standesamtliche Trauungen (im Outfit), „westerntypische“ Wiederholung auf der Bühne, Fleischwettessen (2 kg mindestens): nicht erstaunlich, dass die Musik fast eine Nebensache ist. Dabei sind die sechs Cowboys deutscher Nation von „Truck Stop“ mit 27 Jahren die wohl dienstälteste Country-Band der Welt, und die kennt sich aus mit der Ferne von Arizona, den Sorgen des kleinen Mannes und der Freiheit der Autobahn, vom „Maschendrahtzaun“ ganz zu schweigen. Doch seltsam: die Herren haben eine Ironie, als ob sie selbst nicht ganz an den Film glauben, in dem sie spielen. Die Musik jedoch ist eingängig, äußerst routiniert mit Satzgesang und dank wummernder Wechselbässe zuverlässig vorhersehbar. Der große Star freilich ist Tom Astor, ein Mann mit Gitarre, tiefer Stimme wie es sich gehört und Band. Musikalisch siehe oben. Katja Kaye ist Country-Newcomerin des Jahres 1999 und hat ihre Band komplett auf Band dabei. Ramona und Hannes haben nur Bass und Drums vom Band, sie kann prima zappeln, aber nicht singen, doch: „Wir haben so viel von euch bekommen, daher singen wir jetzt ein Lied extra für euch!“ Schnulze ab. Das reißt den schlechten „Bobby McGhee“ auch nicht raus, fällt aber bei den wenigen Zuhörern kaum ins Gewicht. Die Meisten sind nämlich hinten beim „Truck Trial“, wo geländegängige LKWs atemberaubende Steigungen an eigens herbeigebaggerten Hügeln bewältigen und die Zelte vollstinken. Immerhin, der IQ-Durchschnitt wird durch Einheimische spürbar angehoben, welche Cowboys und Trucks bestaunen.Die Country-Szene verleiht so viele „Awards“, dass fast alle einen bekommen. Das Septett „Silverwood“ mit amerikanischer Sängerin besitzt einen Entertainment-Preis, wohl wegen aggressiver Publikumsanmache, und spielt gradlinigen harten Country-Rock gar mit ein paar Hard-Man-kritischen Zeilen. Das gibt es auch bei „Gudrun Lange & Kactus“ aus dem Erzgebirge, die später einen Schmiss hinlegt und darauf die Zuhörer als „schlechtes Country-Publikum“ abqualifiziert. Dagegen ist das thüringische Quintett „West End“ direkt liebenswürdig („Ich wollt‘ schon immer mit der Harley übern Highway fahr‘n“); doch am vielseitigsten sind die virtuosen Multiinstrumentalisten des Ost-Duos „Fair Play“ mit einem Folk-, Country- und Schlagermix, der auch Politisches bringt („Schwarze Koffer, schwarze Kassen“). Der Weltrekord? 407 Trucks, und ich war dabei!Wo die echten Cowboys sind
Untertitel
Das 5. Truck&Country-Festival Nordhausen 30.6. bis 2.7.
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