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Gordon Kampe. Foto: Hufner
Gordon Kampe. Foto: Hufner
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Block H

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Cluster 2015/05 - Gordon Kampe
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Meine Lieblingsmomente in Maybrit Illners Talkshow sind jene, in denen öffentlich-rechtlicher Ungehorsam herrscht. Zuweilen übersieht die Regie unflätig reagierendes Publikum, das gähnt, popelt, blödelt oder nicht klatscht, während die Politprofis und Experten ihre Stanzen absödern. Wunderbar! In nächtlich-schlaflosen Internet-Sitzungen achte ich neuerdings mit Begeisterung auf das Publikum in klassischen Konzerten. Mein bevorzugtes Untersuchungsobjekt ist der Block H der Berliner Philharmonie.

Dort, wo das Publikum vis-a-vis mit den Dirigenten ist, spielen sich ebenso wunderbare Szenen ab: Ein junge Dame, die beim Mahler’schen Hammerschlag fast vom Stuhl fällt, ein kurzhosiger Herr, dessen Begeisterung geradezu aus dem Monitor quillt, ein rundlicher Rattle-Fan, der während eines tösenden Finales wild gestikulierend irgendetwas zeigen will. Der Block-H lässt mich mit dabei sein, er ist meine Aura-Prothese. Ob dort Profis sitzen oder Touris, ob Liebhaber, junge oder alte Leute: Ich bin der festen Überzeugung, dass sie sich im Moment des Hammerschlags irrsinnig freuen.

Nun halte man mich ruhig für einen sentimentalen Deppen, aber: da freue ich mit, da geht das Herz mir auf. Folglich ist alles ganz einfach: Wo immer neue Konzerthäuser gebaut werden – Akustik, schön und gut – doch man bedenke den Block H! Ohne Block H wird es womöglich in 20 Jahren schwer mit der Bevölkerung von Philharmonien. Mit einem obligatorischem Block H ist das Überleben gewiss, er sei darob gepriesen!

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